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Speditionen auf der Schiene Bahn fahren, Klima retten

Foto: Hupac

Trotz aller Probleme mit unpünktlichen Zügen: Immer mehr Verlader und Speditionen zieht es auf die Schiene. Welche Erfahrungen Schaeffler Automotive, Sonnentag Transport und Alpensped gesammelt haben und welche weiteren Pläne sie mit Blick auf die Nachhaltigkeit verfolgen.

Klima retten, Emissionen senken – mit einem ganzen Bündel an Maßnahmen kann sich die Transport- und Logistikbranche am Klimaschutz beteiligen. Ein großer Hebel ist die Schiene: 17 Gramm Treibhausgas-Emissionen pro Tonnenkilometer – beim aktuellen Strommix – gegenüber 113 beim Lkw machen einen Unterschied. Daher versuchen Unternehmen verstärkt, die Bahn in ihre Supply Chain zu integrieren. Die verschiedenen Vorträge im Rahmen des trans aktuell-Symposiums zum Landverkehr vorige Woche bei der SVG Süd in Stuttgart zeigten: Es ist ein anspruchsvolles Unterfangen, das angesichts der Verspätungen Geduld und Leidensfähigkeit erfordert. Die CO2-Ersparnis aber bleibt – und wird vom Verlader zunehmend honoriert, wenn nicht sogar eingefordert.

Sonnentag seit mehr als 30 Jahren auf der Schiene

Ein „Überzeugungstäter“ ist Thomas Sonnentag. Der Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition aus Merklingen (Alb-Donau-Kreis) ist seit mehr als 30 Jahren im Kombinierten Verkehr nach Italien tätig – und hat die Entscheidung, 1991 in kranbares Equipment zu investieren und die Hauptläufe konsequent auf die Schiene zu verlagern, nicht bereut.

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„Ich bin stolz darauf, wie viele Tonnen wir mit einem so geringen CO2-Ausstoß auf der Schiene bewegen“, sagte der Unternehmer, dessen Spedition vor allem Stahl auf der Schiene befördert. Der Schweizer Kombi-Operateur Hupac, mit dem Sonnentag zusammenarbeitet, habe sich als innovativer und zuverlässiger Partner erwiesen.

Trotz aller Defizite („Ich könnte ein Buch schreiben über die vielfältigen Gründe der Zugverspätungen oder -ausfälle“) bricht der Spediteur eine Lanze für die Schiene: Das Unternehmen verlädt über das Hupac-Terminal in Singen, und die Züge von und nach Italien haben nach Sonnentags Einschätzung eine Pünktlichkeit von 95 Prozent – im Vergleich zu anderen Relationen und Anbietern aktuell wohl ein Spitzenwert. „Sicher nerven die fehlenden fünf Prozent“, sagte Sonnentag – doch er bezweifelt, dass es auf der Straße besser läuft.

Foto: Thomas Küppers
„Ich bin stolz darauf, wie viele Tonnen wir mit einem so geringen CO2-Ausstoß auf der Schiene bewegen“, sagt Thomas Sonnentag, Geschäftsführer von Sonnentag Transport aus Merklingen.

Was die Schiene angeht, hält Sonnentag aber auch nichts von Schönfärberei. „Die Bahn ist das Hauptproblem beim Kombinierten Verkehr“, erklärte er – „es ist nicht die italienische Bahn, sondern die deutsche.“ Der Unternehmer macht das am Bahnkorridor Rotterdam–Genua fest: Deutschland habe es in bald 30 Jahren nicht geschafft, den Engpass am Rhein zu beseitigen. „Es bleibt die Hoffnung, dass Frankreich auf der elsässischen Seite des Rheins schneller mehr Transportkapazitäten schafft und so Deutschlands Trauerspiel am Rhein links liegengelassen werden kann“, zitierte Sonnentag aus einem Artikel der Neuen Züricher Zeitung. Parallelen sieht er bei den Vorbereitungen auf den Brenner-Basistunnel. „Österreich und Italien bauen schon mächtig und wollen den Tunnel 2028 einweihen, während in Deutschland noch nicht einmal das Planfeststellungsverfahren steht.“

Zulieferer Schaeffler strebt bis 2040 CO2-Neutralität an

Nicht entmutigen lässt sich bei allen Baustellen der Zulieferer Schaeffler. Das Unternehmen aus Herzogenaurach, das in seiner Automotive-Sparte weltweit 29 Läger und Logistikaktivitäten in 53 Werken unterhält, will bis 2040 CO2-neutral arbeiten und hat sich daher einer konsequenten Dekarbonisierung in Transport und Logistik verschrieben. Die Potenziale sind enorm: Schaeffler arbeitet weltweit mit mehr als 3.000 Lieferanten zusammen und bezieht beziehungsweise verarbeitet jährlich 680.000 Tonnen Stahl. Stahl, aber auch andere Rohstoffe und Fertigprodukte bewegt das Unternehmen auf 632 Relationen.

Eine davon ist die vom badischen Bühl ins westungarische Szombathely. Auf dieser Relation betreibt Schaeffler gemeinsam mit Logistik Schmitt und Kombiverkehr seit September einen Regelverkehr im Intermodal-Transport, der noch weiter ausgebaut werden soll. Vorausgegangen war ein im Februar von trans aktuell organisierter Pilottransport. Peter Egner, Leiter des Bereichs Supply Chain Management und Logistik Automotive bei Schaeffler, ist vom Ergebnis überzeugt: Die CO2-Emissionen seien um 53 Prozent gesenkt worden. „Das ist schon einmal eine ordentliche Hausnummer.“

Foto: Thomas Küppers
Peter Egner, Leiter des Bereichs Supply Chain Management und Logistik Automotive bei Schaeffler, ist vom Ergebnis eines Pilottransports im Kombinierten Verkehr überzeugt: Die CO2-Emissionen seien um 53 Prozent gesenkt worden. „Das ist schon einmal eine ordentliche Hausnummer.“ Seit September bewegt sein Unternehmen Waren von Bühl nach Szombathely in Ungarn im Regelverkehr.

Doch es geht noch mehr: Geplant ist der Einsatz einer Elektro-Zugmaschine bei Logistik Schmitt im Vor- beziehungsweise Nachlauf auf deutscher Seite. „Dann kommen wir schon zu einer Einsparung von 70 Prozent.“ Anfangs waren die Kosten für den Intermodalverkehr noch um 30 Prozent höher – was Schaeffler akzeptierte. Inzwischen liegen beide Verkehrsarten – der reinrassige Straßentransport und der Kombinierte Verkehr – bei den Kosten nahezu gleichauf (die Schiene ist nur noch 4,5 Prozent teurer), was auf die sprunghaft gestiegenen Diesel- und Gaspreise zurückzuführen ist.

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Schaeffler-Logistiker Egner hat schon die nächsten Relationen identifiziert, auf denen er die Potenziale der Schiene nutzen möchte – etwa von Hagen nach Szombathely und ins slowakischen Skalica oder im Hinterlandverkehr von Hamburg kommend nach Skalica. Was er aktuell schon umsetzt, sind Containerverkehre von Nürnberg nach Hamburg auf der Schiene. 20 Einheiten pro Woche lässt Schaeffler neuerdings im Vorlauf zum Containerschiff in die USA auf dem Schienenweg statt auf der Straße befördern. Das senkt die Emissionen (um 628,4 Tonnen im Jahr), aber auch die Laufzeit, wie Egner berichtete. Hapag-Lloyd übernehme die komplette Logistik, die Abwicklung aus einer Hand führe perspektivisch zu einer Gesamtlaufzeit von 32 Tagen – eine Verkürzung um mehr als 20 Tage gegenüber März und April dieses Jahres.

Alpensped: Klimaschutz als Unternehmensziel

Transporte auf die Schiene zu verlagern – für das Unternehmen Alpensped aus Mannheim ist auch das einer der wesentlichen Hebel in Richtung Nachhaltigkeit. „Wir haben den Klimaschutz als wesentliches Unternehmensziel verankert“, sagte Geschäftsführer Christian Faggin. Bis 2025 will das Unternehmen mit seinen 36 Mitarbeitern, das auf Verkehre von und nach Süd- und Osteuropa spezialisiert ist, seinen CO2-Abdruck um 50 Prozent reduzieren, bis 2030 peilen die Verantwortlichen dort einen klimaneutralen Betrieb an.

Bereits seit zehn Jahren arbeitet die Verwaltung klimaneutral und produziert ihren eigenen Ökostrom. Faggin gibt sich aber auch keinen Illusionen hin, was die geplante weitere Verlagerung auf die Schiene angeht. „Da müssen wir noch dicke Bretter bohren, weil in Osteuropa die Ressourcen, Trassen und Angebote fehlen.“ Trotzdem lässt er sich nicht vom Weg auf die Schiene abbringen und ist nach eigenen Angaben dabei, mit Kunden ganze Züge zu planen.

Foto: Thomas Küppers
„Wir haben den Klimaschutz als wesentliches Unternehmensziel verankert“, sagt Christian Faggin, Geschäftsführer von Alpensped aus Mannheim.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität akzeptiert Alpensped aktuell auch eine Kompensation. Waren es 2011 noch 405 Tonnen CO2-Äquivalente, die das Unternehmen durch Investitionen in Nachhaltigkeitsprojekte ausglich, lag der Wert 2021 schon bei 1.250 Tonnen. Gemeinsam mit dem Anbieter Myclimate fördert Alpensped die Anschaffung nachhaltiger Öfen in Uganda. Ihren Kunden bietet die Spedition zum Beispiel einen 50/50-Ausgleich an. Übernehmen sie die Kosten für 50-Prozent der Kompensation, bezahlt Alpensped den Rest. Noch wird das Angebot zwar nur zaghaft angenommen, Faggin erkennt jedoch schon ein Umdenken. „Früher war der Einkauf bestrebt, möglichst günstig einzukaufen“, sagt er. „Nun ist mein Eindruck, dass die Kunden bereit sind, für einen klimafreundlichen Transport auch zu bezahlen.“ Die Kompensation sei wichtig – für Geschäftsführer Faggin ist aber auch klar, dass der CO2-Ausgleich nur der Anfang sein kann. „Im Fokus muss immer die Reduktion stehen.“

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