Lkw-Zusatzbeleuchtung Licht am Ende des Talks

Jan Bergrath Foto: Jan Bergrath
Meinung

Die Luft wird dünner für Fahrer und Halter von individuell gestalteten Lkw mit nicht vorschriftsmäßiger Beleuchtung. Immer mehr Fahrzeuge verlieren die Betriebserlaubnis. „Zusatzbeleuchtung am Lkw – zurück in die Legalität“ heißt eine hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion am 20. Juli ab 16.30 Uhr beim Truck-Grand-Prix am FERNFAHRER-Stand. Dort wollen wir gemeinsam eine Lösung finden.

Die schlechten Nachrichten für die Fans der Showtruck-Szene kommen nach und nach. Langsam – aber unerbittlich. Kürzlich erst der TÜV Rheinland mit seiner eindeutigen Warnung, dass es bei falscher Beleuchtung keine HU-Plakette mehr geben würde. Er listete noch einmal konkret auf, welche zusätzliche Beleuchtung am Lkw nach den geltenden Bestimmungen verboten ist. Damit nähert sich auch die bisherige Duldung der Prüforganisationen in einer allseits bekannten Grauzone ihrem Ende.

Die Prüfer sind nun intern angehalten, nach der Abnahme Fotos der Lkw zu machen, auch um einem eventuellen Strafverfahren wegen Urkundenfälschung für den Fall der nachträglichen Veränderung des Fahrzeugs vorzubeugen.

Eine eigene Szene mit vielen Festivals

Seit Beginn dieses Jahres verfolgt FERNFAHRER in mehreren Reportagen und Blogs diese Entwicklung, die vor allem für die doch zahlreichen Fahrer, die sich bei ihrer Arbeit sehr stark mit einem individualisierten Lkw identifizieren, einen Schlag ins Kontor bedeuten. Sie treffen sich mit Begeisterung auf den großen und kleinen Festivals, zuletzt bei Herpa. Diese Szene ist nun, nüchtern zu Ende gedacht, massiv in Gefahr. „Licht aus, Frust an“ hieß dementsprechend eine erste Auseinandersetzung mit der Problematik, die bei den Lesern für viel Aufsehen gesorgt hat.

Keine Chance bei den Prüfern

Diese Fahrer sind auch dieses Jahr wieder eine wichtige Zielgruppe der FERNFAHRER-Roadshow. Beim „Talk am Truck“ in Geiselwind zeigte sich schnell, dass die Zahl der mittlerweile von der Anweisung aus Baden-Württemberg, die in dem Blog „Ausgeleuchtet“ in voller Länge hinterlegt ist, betroffenen Fahrzeuge kontinuierlich wächst.

Jan Bergrath Foto: Manuell Repp

Mitten in der Festivalsaison, beklagte etwa Manuell Repp aus Fulda, müsse er an seinem blauen Actros die zusätzlichen LED abmontieren – sonst gäbe es keine HU-Plakette mehr. Auch nicht beim Prüfer seines Vertrauens. „Keine Chance“, sagt Manuell. „Das ist nicht nur für mich bitter. Auch für die Hersteller des Zubehörs, die ja davon leben.“

Kreative Vorschläge der Fahrer

Selbst aus den Reihen der Licht-Befürworter kommt mittlerweile Kritik, dass es einige Fahrer und Halter, auch eben auf Grund der beliebten LED-Technik, mit der Zusatzbeleuchtung übertrieben hätten – was die bisherige Duldung abrupt durch die Anweisung aus Baden-Württemberg im Dezember 2018 beendet hat. Der Fokus richtet sich nun umso mehr auf einen technischen Kompromiss, der Kennern dank eines szenebekannten Polizisten auch als „Baumann-Schalter“ bekannt ist. Er verhindert, dass die Zusatzbeleuchtung während der Fahrt eingeschaltet werden kann.

Jan Bergrath Foto: Jan Bergrath

So konnten Hubert Middendorf und sein Chef Dirk Huhndorf der gleichnamigen Spedition bei einem zweiten Termin vor dem Amtsgericht Lünen (siehe auch FERNFAHRER 3/2019) auf Grund eines Dekra-Gutachtens belegen, dass der DAF XF, den ein Dortmunder Polizist in voller Beleuchtung während der Fahrt in der Stadt gesehen haben will, eine Abschaltvorrichtung verbaut hat. Sie ist mit der Feststellbremse gekoppelt. Der Vorwurf „Sie nahmen den Lkw in Betrieb, obwohl die Betriebserlaubnis erloschen war“, der Hubert 270 Euro und einen Punkt gekostet hätte, war damit zunächst vom Tisch.

Beeinträchtigung der Verkehrsteilnehmer

Nicht aber der Punkt der „wesentlich beeinträchtigten Verkehrssicherheit“. In seinem Gutachten machte der Dekra-Experte einen eigenwilligen Versuch. Er positionierte einen Fußgänger vor dem Lkw und leuchte diesen von genau gegenüber, frontal auf das Fahrerhaus gerichtet, mit einem Scheinwerfer an. Bei normalem, also erlaubtem Licht, sei der Fußgänger nun besser zu erkennen gewesen als mit der eingeschalteten Zusatzbeleuchtung. Daher sei, sollte im Stand etwa an einer Ampel diese Beleuchtung doch eingeschaltet werden und ein Fußgänger über einen Zebrastreifen gehen, und just in diesem Moment einer der vielen innerstädtischen Geisterfahrer auf derselben Fahrbahn auf Crashkurs mit dem Lkw unterwegs sein, eine Gefährdung des Fußgängers nicht ausgeschlossen.

Aber die ironische Betrachtung nützt nichts: Aus technischer Sicht ergebe sich, so der Gutachter, nach Paragraf 19 (2) StZVO, daher doch eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern. Dennoch beließ es die fachkundige, im Grunde durchaus verständnisvolle Richterin, am Ende bei einem Bußgeld von 50 Euro.

Video zum Thema
Kampf gegen Beleuchtung: Gefahr für die Festivalkultur
Behörden entziehen Betriebserlaubnis

Virtuelle lichttechnische Einrichtungen

Das grundsätzliche Problem bleibt aber bestehen, so erläutert es der Fachanwalt für Verkehrsrecht, Matthias Pfitzenmaier, nach Durchsicht des Gutachtens: „Hier bezieht sich der Gutachter auf den Erlass aus Baden-Württemberg, wonach die virtuell vorhandenen Lichttechnischen Einrichtungen und die UN-R 48 sich nur auf Neufahrzeuge beziehen würden. Wenn das Schule macht, gelten alle nachträglich eingebauten Zusatzbeleuchtungen als vorhanden. Jedes nachträglich verbaute Zusatzlicht, das über die gesetzlich erlaubte Art und Anzahl von Leuchten hinausgeht, ist damit nicht vorschriftsmäßig, egal ob es einen Baumann-Schalter gibt oder nicht. So entspricht es der StVZO und den geltenden Bußgeldvorschriften.“

Ein weiteres Problem, zu dem baldmöglichst eine Lösung vor allem auf der politischen Ebene gefunden werden sollte, ist die deutliche Ungleichbehandlung zwischen Neufahrzeugen mit Zusatzlicht und Fahrzeugen, die mit nachträglich montierter Zusatzbeleuchtung unterwegs sind. Sie erklärt auch, warum etwa die Lion Pro Edition von MAN an Neufahrzeugen derzeit nicht beanstandet wird.

Reden wir darüber – am Ring

Es ist daher vor allem Roger Schwarz vom BGL zu verdanken, dass er frühzeitig die Anregungen aus dem Blog „Bundestag illegal unterwegs?"aufgegriffen und im Rahmen des Bund-Länder-Ausschusses im Bundesverkehrsministerium einen Workshop mit Prüforganisationen, Kontrollbehörden und Vertretern der „Betroffenen“ organsiert hat. Dieses Gespräch mit ersten guten Ideen findet nun am 20. Juli 2019 ab 16.30 Uhr beim „Talk am Truck“ am FERNFAHRER-Stand seine Fortsetzung.

Aufs Podium geladen sind zunächst der Anwalt Matthias Pfitzenmaier, der Transportunternehmer Mario Bruns von Heide Logistik sowie der Berufskraftfahrer Peter „Pepe“ Pilarczyk, der auch Mitorganisator des Lkw-Korso beim Festival „Wunderland Kalkar on Wheels" ist. Wir laden natürlich alle anderen Fahrer und Halter, also die „Betroffenen“, herzlich ein, sich an der hoffentlich lebhaften Diskussion, zu der auch Vertreter der Licht- und Zubehörhersteller geladen sind, zu beteiligen.

Denn es hat sich in der Tat als Gast Dr. Neofitos Arathymos, seit 1. Juli diesen Jahres Leiter des Referates StV 22, Fahrzeugtechnik (Fahrzeugsicherheit und innovative Technologien) im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, angekündigt, um unter dem Titel „Zusatzbeleuchtung am Lkw – zurück in die Legalität“ gemeinsam mit den Anwesenden eine mögliche Lösung zu erarbeiten. Damit es vielleicht sogar heißt: Es gibt ein Licht am Ende des Talks.

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