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Transport-Management-Systeme TMS: Von Melkkühen zu Stars

Lkw und Pkw auf einer Autobahn Foto: Alev Atas/ETM

Lebenszyklus der Transport-Management-Systeme – wer verharrt und wer sich weiterentwickelt, zeigt die Übersicht von trans aktuell.

Die Zahl der – insbesondere für den Landverkehr – relevanten Anbieter von Transport-Management-Systemen (TMS) ist leicht angestiegen. Mittlerweile finden sich 27 Systeme von 25 Anbietern mit ihren Lösungen in der Marktübersicht von trans aktuell. Doch auch bei den bereits bekannten TMS hat sich in der Zwischenzeit einiges getan. Es gibt aber durchaus Unternehmen, die sich auf ihren Lorbeeren ausruhen.

Lebenszyklus TMS-Lösungen 2018 Foto: ETM Verlag
Lebenszyklus der TMS-Lösungen Stand 2018

Doch zunächst zu den Sternstunden. Anaxco und L-Base haben sich zu Stars entwickelt, indem sie ihren Marktanteil ausbauen und ihre Technologie­führerschaft bestätigen konnten. „Aber auch Soloplan mit Carlo konnte seine Position verbessern“, berichtet Rainer Hoppe, Software­berater und Geschäftsführer von Apari Consulting, im Gespräch mit trans aktuell. Das TMS sei kurz davor, in das Segment „Star“ zu wechseln. Auf einem ähnlichen Weg befinden sich zudem Win­sped von LIS sowie Disponent plus von Weber Data. Ansonsten gebe es – bezogen auf den Lebens­zyklus – kaum Bewegung im Feld. Das gilt allerdings lediglich für Verschiebungen in oder zwischen den Quadranten.

Neueinsteiger sorgen für Wirbel

Anders sieht es im Hinblick auf das Anbieterfeld in Deutschland aus. So sind hier mittlerweile die beiden österreichischen Unternehmen Infpro (Translogica) und SIS (Frasped) sowie S. L. S. (SLS Transport) aus Nordrhein-Westfalen hinzugekommen. „Diese noch weniger bekannten Unternehmen können trotz noch geringen Marktanteils mit ihren Lösungen direkt ein Zeichen setzen – und vor allem durch eine moderne Softwarearchitektur und einige interessante Innovationen punkten“, erklärt Hoppe. Alle drei Anbieter seien deshalb auch in dem Quadranten „Fragezeichen“ verortet.

Zwar liegt der Fokus der TMS-Marktübersicht in der trans ­aktuell auf Lösungen für den Landverkehr, einige Anbieter haben ihr System aber verkehrsträger­übergreifend erweitert. Sie sind insbesondere für Speditionen von Interesse, die multimodal unterwegs sind. So bieten Inet, L-­Base und Soloplan mittlerweile Lösun­gen an, die neben dem reinen Landverkehr auch multimodale Prozesse (etwa für Luft- und Seefracht) umfassend abbilden. Bei anderen Anbietern gibt es hierzu zwar auch bereits mehr oder minder starke Ansätze, jedoch noch keine komplette Umsetzung.

Download TMS-Übersicht 2018 von trans aktuell (PDF, 0,17 MByte) Kostenlos

Problemlage Multi­kooperationsfähigkeit

Ein weiteres entscheidendes Auswahlkriterium ist in vielen Fällen die sogenannte Multi­kooperationsfähigkeit, denn mehr und mehr Logistiker sind in verschiedenen Systemkooperationen gleichzeitig tätig. „Für die Unternehmen bedeutet das unter anderem unterschiedliche Clearing-Systematiken, Codelisten oder auch andere Beschaffungsprozesse“, erläutert der Apari-Chef. Das Routen der Sendungen an den richtigen Empfangspartner erfordere dabei viel Funktionalität im TMS, um es den Disponenten möglichst einfach zu machen.

Mittlerweile können bereits 23 von 27 Lösungen eine Multi­kooperationsfähigkeit bei Tarifen, Routing, Produkten sowie weiteren Funktionalitäten anbieten. „Eine erfreuliche Entwicklung, bestanden diese Möglichkeiten in der Vergangenheit doch nur bei wenigen etablierten Anbietern“, sagt Hoppe.

Beim Einordnen der Lösungen in den Lebenszyklus gibt es aber noch einen weiteren wichtigen Baustein. Gemeint ist die Softwarearchitektur, dient sie doch als Fundament für die Zukunft. Wichtige Kriterien bei der Software­architektur sind eine sogenannte 3-Schicht-Architektur (3-Tier), die Web-Fähigkeit der Lösung sowie das Nutzen der Software auf mobilen Endgeräten, etwa per App auf dem Tablet. Für das schnelle und flexible Verknüpfen untereinander, vor allem aber auch bei der Integration mit anderen Systemen ist die Unterstützung von Web-Ser­vices eine wichtige Voraussetzung.

3-Schicht-Architektur ist ein Muss

Eine moderne 3-Schicht-Architektur – unterteilt in Anwendung, Prozessschicht und Datenbank – ist heute bereits bei 19 der Anbieter vorhanden. „Das erleichtert das Umsetzen neuer Anforderungen an die Software beachtlich“, berichtet Hoppe. Bei den „Newcomern“ ist diese Softwarearchitektur bereits selbstverständlich. „Für die erfahrenen Anbieter bedeutet ein Umstellen der Softwarearchitektur hingegen eine große Hürde, die mit viel Zeit und Aufwand verbunden ist“, erläutert der TMS-Experte.

Apps für mobiles Auftragsmanagement, Ablieferscannung, Ortung, Navigation und Fahrerkommunikation sowie für die Umschlagscannung beziehungsweise Portale für Track-and-Trace oder eine Auftragserfassung sind inzwischen kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Im Gegenteil, die Kunden setzen diese Funktionen voraus. Mit ein Grund, warum immer mehr TMS-Anbieter an der kompletten Web-Fähigkeit ihrer Lösung feilen. „Der Pionier in diesem Bereich war L-Base“, sagt Hoppe.

Neben Inet Logistics mit Inet TMS und Datis mit Euromistral kann auch Anaxco seine AX Cargo Suite, die auf Microsoft Dynamics 365 aufbaut, mittlerweile in Gänze webfähig anbieten. Ebenso verhält es sich mit der Lösung CAP Transport aus dem Hause CAP Cargo. „Zur Verknüpfung der Systemmodule untereinander, viel mehr noch zur Verknüpfung von verschiedenen Micro-Services und Systemen werden sogenannte Web-Services immer entscheidender“, erklärt Rainer Hoppe. Daher sei es erfreulich, dass der Einsatz dieser Web-Services bei 21 von 27 TMS-Lösungen bereits zum Tagesgeschäft gehöre.

Unterschiedliche Herangehensweisen an Logistik 4.0

Den besonderen Anforderungen der Digitalisierung, gern auch unter dem Stichwort „­Logistik 4.0“ gefasst, stellen sich die Anbieter jedoch äußerst unterschiedlich. Die Themen Prozess­automatisierung, Transparenz durch Echtzeitinformationen, Unterstützung bei der Erreichung einer besseren Datenqualität, Reduktion der Papierflut durch eine E-Akte und Benutzerfreundlichkeit der Anwendung für Mitarbeiter mit unterschiedlichem Know-how vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sind hier laut Hoppe besonders ins Feld zu führen.

Innovationstreiber TMS-Lösungen 2018 Foto: ETM Verlag
Welcher TMS-Anbieter wie innovativ unterwegs ist.

„Innovationstreiber im TMS-Markt sind zurzeit Iovavum, SAP, Anaxco, Infpro und L-Base“, lautet das Urteil des Softwareberaters. Die genannten Innovations­treiber seien mit ihren durchaus unterschiedlichen Lösungen auch diejenigen Anbieter, die bei den zukunftsträchtigen Technologien wie Machine-Learning (lernendes System) oder der Einsetzbarkeit im Internet of Things (IoT) erste Ideen und Umsetzungen vorweisen könnten.

Ebenfalls innovativ seien auch die TMS-Anbieter CSD, SIS, ­Weber Data, Inet Logistics, Solo­plan, Inconso, Brabender, S. L. S., LIS, CAP Cargo und ­Initions unterwegs. Andere ruhen sich wiederum anscheinend auf dem Erreichten aus. Es bleibt abzuwarten, wie sich das mittel- bis langfristig auf ihre Relevanz am Markt auswirkt.

Die BCG-Matrix

Zum Einordnen greifen die Berater von Apari auf die sogenannte Portfolio-­Analyse der Boston Consulting Group (BCG) zurück. Die verortet einzelne Produkte in den vier Quadranten der BCG-Matrix. Diese betiteln sie als:

  • Question Marks (Fragezeichen) sind die Newcomer unter den Produkten. Sie weisen ein hohes Wachstumspotenzial auf, die Produkte haben jedoch nur einen geringen Marktanteil.
  • Stars haben bereits einen hohen Marktanteil in einem Wachstumsmarkt.
  • Cashcows (Melkkühe) haben einen hohen Marktanteil, aber in einem nur geringfügig wachsenden oder statischen Markt.
  • Poor Dogs (arme Hunde, sprich: Auslaufmodelle) haben ein geringes Marktwachstum, manchmal sogar einen Marktschwund sowie einen geringen Marktanteil.
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