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Mehrkosten für Speditionen Luxusgut Adblue

Foto: Matthias Rathmann 5 Bilder

Die Preise für die Harnstofflösung Adblue gehen durch die Decke. Wie Speditionen und Werkverkehre damit umgehen. Ergebnisse einer EXKLUSIV-Umfrage der Fachzeitschrift trans aktuell.

Adblue ist teuer wie nie. Der hohe Preis für die Harnstofflösung bringt Flottenbetreiber landauf, landab in Bedrängnis. Die Preise erklimmen immer neue Höhen, und die Unternehmen – ob Speditionen im Selbsteintritt oder Werkverkehre aus Industrie und Handel – können die Mehrkosten entweder gar nicht oder nur bedingt weiterreichen. Das geht aus einer trans aktuell-Blitzumfrage hervor, an der 46 Flottenbetreiber teilgenommen haben.

Noch kein Lkw blieb auf dem Hof stehen

Die gute Nachricht zuerst: Noch ist Adblue – notwendig zur Abgasnachbehandlung bei modernen Dieselmotoren – in ausreichenden Mengen verfügbar. Noch kein Lkw wurde ausgebremst. Die Versorgung von Wirtschaft und Bevölkerung ist durch die Adblue-Probleme bisher also nicht gefährdet. Bei keinem der befragten Unternehmen mussten Lkw bereits eine Zwangspause einlegen, weil der Zusatzstoff Adblue ausgegangen war.

Was den Unternehmen aber zu schaffen macht, sind die extrem gestiegenen Preise für die Harnstofflösung. Acht von zehn Unternehmen zahlen für Adblue heute mindestens das Doppelte als noch zu Jahresbeginn. Bei jeweils 15 Prozent sind die Preise viermal beziehungsweise fünfmal so hoch. Vier Prozent müssen sechsmal so viel aufbringen, elf Prozent sogar noch mehr.

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Auf den Kosten beziehungsweise einem Teil davon bleiben die Flottenbetreiber meist sitzen. Nur 13 Prozent der Unternehmen konnten die Kosten demnach vollumfänglich weiterreichen. 49 Prozent ist das bedingt gelungen, 38 Prozent überhaupt nicht. Bei allem Verständnis, das Verlader dem Vernehmen nach zurzeit für ihre Dienstleister haben, ist die Bereitschaft, die Mehrkosten für Adblue zu tragen, offenbar also nicht sehr ausgeprägt.

War Adblue anfangs eine eher zu vernachlässigende Größe in der Kalkulation, müssen Speditionen und Werkverkehre diesen Posten inzwischen deutlich im Blick haben. Denn auch der Verbrauch scheint zu steigen. Bei den im ETM Verlag zuletzt getesteten Fernverkehrs-Lkw Mercedes Actros L 1853 Streamspace macht der Adblue-Verbrauch mit 1,38 Litern bereits 4,19 Prozent des Dieselverbrauchs aus, beim Scania 500 S Highline sind es sogar 3,58 Liter und damit 11,7 Prozent des Dieselverbrauchs. Einen Adblue-Verbrauch von mehr als zehn Prozent gegenüber dem Diesel haben laut Umfrage aber zurzeit nur zwei Prozent der Betriebe zu verkraften. Bei der Mehrheit der Unternehmen (54 Prozent) schlägt der Adblue-Verbrauch mit vier bis sechs Prozent des Diesel-Verbrauchs zu Buche.

Adblue in Kalkulation berücksichtigen

Trotz hoher Kosten geht der Trend zum Aufbau von Sicherheitsbeständen. Angesichts der zeitweisen Lieferprobleme decken sich die Unternehmen inzwischen längerfristig mit Adblue ein. 41 Prozent geben an, über Vorräte zu verfügen, die über eine Zeitspanne von mehr als einem Monat reichen. Knapp ein Drittel hat Bestände, die mindestens eine Woche bis einen Monat die Flotte mobil halten. Immerhin jeder fünfte Betrieb betreibt überhaupt keine Vorratshaltung. 47 Prozent der Unternehmen sind wegen des Engpasses beunruhigt (darunter vier Prozent sogar sehr beunruhigt), die knappe Mehrheit mit 53 Prozent dagegen wenig beunruhigt.

Was für eine Entspannung bei Adblue spricht

Ähnlich undeutlich ist das Stimmungsbild beim Blick in die Zukunft. 53 Prozent der Unternehmer glauben an eine Entspannung beim Thema Adblue, 47 Prozent glauben nicht daran. Als Gründe, die für eine Entspannung sprechen, nennen die Betriebe ausreichende beziehungsweise erhöhte Produktionsmengen, ferner bauen sie auf die Effekte der angekündigten Gaspreisbremse. Die Unternehmen berufen sich teilweise auch auf Zusagen ihrer Lieferanten, wonach eine pünktliche und ausreichende Belieferung nicht in Gefahr ist.

Was die Gaspreisbremse angeht, soll diese nach Aussagen von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) spätestens zum 1. März nächsten Jahres greifen. Finanziert werden soll diese mit dem 200-Milliarden-Euro-Paket, dem angekündigten „Doppel-Wumms“ von Kanzler Olaf Scholz (SPD). Gas hat insofern mit der Adblue-Thematik zu tun, als dass zumeist fossiles Methan in der Produktionskette zum Einsatz kommt – konkret für die Wasserstoff-Produktion zum Adblue-Vorprodukt Ammoniak.

Was gegen eine Entspannung bei Adblue spricht

Gegen eine Entspannung spricht nach Einschätzung der befragten Firmenchefs, dass Adblue zwar verfügbar, aber knapp gehalten werde. „Hier wurde der Preis künstlich erhöht“, sagt einer der Unternehmer. Einem anderen sind die getroffenen Maßnahmen zu gering für eine sichere Versorgung. „Man kommt nur schwer an Nachschub, von größeren Mengen ganz zu schweigen“, berichtet ein anderer Spediteur. „Und die Preise sind im letzten halben Jahr explodiert.“

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