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Führerschein verlängern, kostet Nerven Ärger über extreme Wartezeiten

Foto: Spedition Schürle

Fahrer sind knapp. Doch statt Transportunternehmen zu helfen, macht die Verwaltung ihnen das Leben schwer. Die Erfahrungen von Spediteur Frank Schürle.

Transportunternehmer Frank Schürle aus Neckarsulm sieht sich im Kampf gegen den Fahrermangel durch zu viel Bürokratie gebremst. Zwei Themen müssten Politik und Verwaltung seiner Auffassung nach als erstes angehen: Sie müssten erstens die Behörden personell aufstocken – im Fall von Schürle konkret die Führerscheinstelle im Landratsamt Heilbronn. Zweitens müsse die Einstellung von Fahrern aus Drittländern deutlich erleichtert werden, fordert Unternehmer Schürle. Er setzt rund 65 Fahrer auf etwa 50 Fahrzeugen ein. Sein Aufgabengebiet erstreckt sich auf Nachtsystemverkehre, sowie auf Transporte mit Spezialequipment.

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Was die für sein Unternehmen zuständige Führerscheinstelle in Heilbronn angeht, sagt Frank Schürle: „Die Beantragung ist eine mittlere Katastrophe.“ Bei einer Verlängerung müsse man den Antrag bis zu einem halben Jahr im Voraus stellen. Dies sei ihm vor kurzem sogar schriftlich mitgeteilt worden. Die Konsequenz für das Transportunternehmen Schürle: die Fahrerknappheit verschärft sich weiter. „Ich kann keine Fahrer einstellen, bei denen der Führerschein in zwei oder drei Wochen abläuft.“

Abhilfe wäre laut Schürle einfach: Die Verantwortlichen in der Behörde müssten eine Stelle schaffen, die sich überwiegend um die Führerscheinverlängerung für Berufskraftfahrer kümmert. „Ein Fahrer kann nicht Monate ohne Einkommen zu Hause sitzen, und mitunter verliert der Unternehmer seine Aufträge“, sagt Schürle. Da er sich an das für ihn zuständige Landratsamt wenden müsse, könne er auch auf keine andere Führerscheinstelle zugehen.

Hohe Hürden beim Anwerben von Fahrern

Die Bürokratie schlägt auch beim Anwerben von Fahrern aus Drittländern zu: „Die Hürden sind unglaublich hoch“, sagt Schürle. Mehr als ein Jahr lang habe er sich um die Einstellung eines Fahrers aus Serbien bemüht, damit er eine Arbeitsgenehmigung bekomme. Am Ende lehnten die Behörden sie ab, und Schürles Hoffnung platzte.

Rund 60 Prozent seiner Fahrer kommen aus dem Ausland. Umso weniger kann der Transportunternehmer auch nachvollziehen, warum bei einer Verlängerung eines ADR-Scheins nur auf Deutsch unterrichtet werden darf. „Wir müssen diesen alten Zopf dringend abschneiden, wir sind doch längst ein Vielvölkerstaat geworden“, sagt Schürle und fordert, den Unterricht auch in Griechisch, Rumänisch sowie in weiteren Sprachen anzubieten.

Hierzulande findet der Spediteur nach eigenen Angaben schlichtweg nahezu keine Fahrer mehr. Viele Mitarbeiter kommen aus Rumämien. Sie zu halten, sei aber schwierig, weil sie – sofern ihre Familien in der Heimat leben – auch unter den Kosten einer doppelten Haushaltsführung leiden. „Die Lebenshaltungskosten sind im Großraum Heilbronn sehr hoch, so dass sie dann oft nach wenigen Monaten wieder nach Hause gehen.“

Schürle setzt auf Integration und Zuzug der Familie

Schürles Ansatz daher: Integration und Zuzug der ganzen Familie. Die Firma bringt neue Fahrer zeitlich befristet in einem Apartment unter und hilft ihnen bei der Wohnungssuche. Damit Fahrer kalkulierbare Arbeitszeiten haben und nach Möglichkeit keine Zeit für andere Tätigkeiten aufbringen müssen, bekommen die Fahrer ihre Lkw gereinigt, sie müssen keine Fahrten zur Tankstelle oder Werkstatt in Kauf nehmen, da sich alles am Firmensitz befindet.

„Wir machen Klimmzüge, um Fahrer zu finden und versuchen ihnen möglichst in vielen Bereichen sowie bei der Integration entgegenzukommen und sie dabei zu unterstützen“, berichtet der Unternehmer.

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Und trotzdem: Es reicht nicht. „Wir könnten sofort fünf bis sieben weitere Fahrer einstellen“, sagt Schürle. Weil Fahrer fehlen, sitzen sein Sohn, der Fuhrparkleiter und der Disponent – die allesamt einen Lkw-Führerschein haben – mitunter selbst am Steuer. So wie auch der Chef selbst. Am Tag des Gesprächs mit der Fachzeitschrift trans aktuell stieg er um 3 Uhr morgens in den Lkw. Als die Tour beendet war legte er von 10 bis 16 Uhr eine Schicht im Büro ein – und am nächsten Tag dasselbe.

Der 58-Jährige ist seit 36 Jahren selbständig tätig. Was ihm die Kraft für diesen Knochenjob gibt? „Mein Team“, sagt Schürle. „Wir haben super Leute hier, die mich motivieren und antreiben“, sagt er. Und auch, dass sein Sohn mit im Unternehmen tätig und damit die Nachfolge geregelt sei, erfülle ihn mit Stolz und Freude.

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