Fahrerlöhne im Vergleich Was ist maximal möglich?

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Meinung

Die wirtschaftliche Situation vor allem der kleinen und mittelständischen deutschen Transportunternehmen bleibt angespannt, trotzdem werden bei regional unterschiedlichen Löhnen bundesweit wieder Fahrer gesucht. Unser Thema bei FERNFAHRER LIVE.

Noch weiß Michael Finkbeiner nicht, ob er es am 25. März 2021 schafft, mit dem Lkw zur dritten Demo der Vereinigung BLV-Pro nach Berlin zu fahren. Denn der einst so stolze Inhaber von Kaiko-Transport, der 2010 zusammen mit seinem Bruder Marco den mutigen Schritt in die Selbstständigkeit gewagt hatte, wurde in seinem Jubiläumsjahr voll von der Krise der kleinen- und mittelständischen deutschen Frachtführer getroffen. Schon mehrfach war Finkbeiner zu Gast bei FERNFAHRER LIVE und hat über seinen verzweifelten Versuch gesprochen, seine Firma über Wasser zu halten. Ende Februar musste er schließlich seinen letzten drei Fahrern kündigen.

„Wir hatten uns ausgerechnet, mit zwei Lkw über die Runden zu kommen, und bekamen sogar wieder gute Frachtangebote“, erzählt Finkbeiner. Dann hatte sein Bruder Marco mit dem zweiten Scania im Februar 2021 bei Bad Säckingen einen tragischen Unfall, als ein Pkw-Fahrer unterwegs einen Herzinfarkt erlitt und frontal in den Lkw raste. Totalschaden. Marco erholt sich immer noch – vor allem vom Schock. „Für mich war es schlimm, dass ich meinen wirklich guten und zuverlässigen Fahrern kündigen musste. Zwei von ihnen haben immer noch keine neue Stelle gefunden.“

Schwierige Stellensuche

Martin Gitter, 37, Familienvater und seit zwölf Jahren im Fernverkehr, ist einer der Fahrer, der Kaiko verlassen musste. Er schildert besonders das hervorragende Betriebsklima, den fairen Lohn, die abwechslungsreichen Touren, vor allem im Event-Bereich, der vollkommen zusammengebrochen ist, und das Teamwork. Den Zusammenhalt. „Du bist halt in einem kleinen Unternehmen keine Nummer“, sagt Gitter. Er hat sich seither viele Stellenangebote im Raum Heilbronn angesehen. „Es werden in der Tat Fahrer gesucht, aber zu sehr unterschiedlichen Bedingungen. Im Fernverkehr habe ich Angebote von 2.300 Euro brutto im Monat gehabt, im Nahverkehr mit Kippern bis zu 2.600 Euro brutto.“ Schließlich ist er im Holztransport fündig geworden, für 200 Euro mehr. „Im Nahverkehr wird nach meiner Erfahrung derzeit deutlich besser bezahlt als im reinen Fernverkehr.“

Der unfaire Wettbewerb

In der Tat: Es ist ein offenes Geheimnis, dass durch den hohen Wettbewerbsdruck der Flotten aus Osteuropa, hier insbesondere aus Polen und Litauen, vor allem der rein internationale Komplettladungsverkehr für deutsche Speditionen kaum noch darstellbar ist. Aktuell hat der BGL-Süd in einer Pressemeldung bekannt gegeben, dass die jüngsten Kontrollen des Bundesamtes für Güterverkehr (BAG) immer noch einen hohen Anteil illegaler Kabotagefahrten ausländischer Wettbewerber gerade im Südwesten Deutschlands belegen. Der Verband des Württembergischen Verkehrsgewerbes e. V. warnt: „Damit ist klar belegt, dass es sich bei Kabotageverstößen keineswegs um Einzelfälle handelt! Mit der illegalen Praxis gehen massive Wettbewerbsverzerrungen einher, unter denen Transportunternehmen hierzulande stark leiden. Im harten Preiswettbewerb kommen sie dann häufig nicht zum Zuge.“

Ob es am 25. März in Berlin nun zu einer dritten Demo-Welle kommen wird, bliebt abzuwarten. Es werden aber deutlich weniger Teilnehmer erwartet als im letzten Jahr. EurotransportTV wird diesmal zumindest vor Ort sein. Die Forderungen der Teilnehmer sind dieselben wie beim letzten Mal.

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Die Aufgaben des BAG

Mögen die letzten 15 Schwerpunktkontrollen des BAG zum Thema Kabotage auch noch so erfolgreich gewesen sein, dass sie für die Unternehmen und Verlader teure Betriebskontrollen nach sich ziehen, so unbefriedigend ist dagegen die Umsetzung der neuen Regeln aus dem Mobilitätspaket. Insbesondere beim Thema Kontrolle der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit im Lkw ist sie total verfahren. Das wird sich nach den aktuellen Corona-Beschlüssen auch wieder an Ostern zeigen: Tausende Fahrer aus Osteuropa und den GUS-Staaten werden mitten in der dritten Welle der Pandemie auf Raststätten, in Gewerbegebieten, den Terminals des Kombinierten Verkehrs oder auf so manchen Firmengeländen in und um ihre Fahrzeuge herum ausharren. Das hatte ich bereits vor genau einem Jahr in meinem Blog kritisiert.

Wie entwickeln sich die Fahrerlöhne wirklich?

Doch wie entwickeln sich die Fahrerlöhne bundesweit wirklich? Einen guten Anhaltspunkt gibt dabei die Übersicht von JobMatchMe aus Hamburg. In einer übersichtlichen Grafik hat das junge Team um Mitbegründer Daniel Stancke aus der eigenen Datenbank vergleichbare Löhne zusammengetragen. Sie zeigen die minimalen Löhne, die in manchen Regionen bezahlt werden, aber auch Löhne, die gut qualifizierte Fahrer bei Firmen etwa mit speziellen Fahrzeugen maximal verlangen können. Mittlerweile gibt es auch eine Kooperation von Eurotransport und JobMatchMe.

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Fahrer aus mehreren Regionen Deutschlands zu Gast

In der Vorschau zur 55. Sendung von FERNFAHRER LIVE verrät Stancke natürlich kein Geheimnis, dass die Fahrerlöhne im letzten Jahr bundesweit stagnierten. „Jetzt sieht man allerdings, dass die Löhne in einigen Regionen wieder steigen“, sagt Stancke. Erschreckend ist allerdings, dass mittlerweile über die deutschen Niederlassungen osteuropäischer Flotten in Deutschland Kraftfahrer für knapp 1.800 Euro brutto plus Spesen gesucht werden. Ein Angebot, dass kein deutscher Fahrer wirklich annehmen kann. Und sicher auch nicht dafür gedacht ist.

So haben wir neben Daniel Stancke Fahrer aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands eingeladen, um gemeinsam zu klären, wie sich die Löhne tatsächlich entwickeln. Mit dabei sind die Fahrer Sven Acker, Dirk Baumgart, der sich live von der Demo in Berlin melden wird, Martin Gitter, Lars Kriwitz, Sascha Schulz, Michael Zetzsche sowie, wenn er es schafft, Michael Finkbeiner. Einen Platz in unserer Zoom-Konferenz halten wir auch bis zum Schluss für einen einheimischen Fahrer eines in Deutschland zugelassenen Lkw von Hegelmann Express aus Bruchsal frei - so er sich denn findet. Im Raum Mannheim sollen Fahrer laut JobMatchMe ja zwischen 3.000 und 3.400 Euro verdienen können. Die Einladung liegt Siegfried Hegelmann seit Freitag letzter Woche vor. Wir sind gespannt.

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