Gefährliche Motorschäden Vorsicht Brandgefahr!

Jans Blog Brandgefahr Foto: Alex Talash 3 Bilder
Meinung

Meldungen im Internet zeigen, dass in den letzten zwölf Monaten vor allem ältere MAN der TGX-Baureihe während der Fahrt in Brand geraten sind. Eine Spurensuche.

Kurz nach 4 Uhr bemerkte der Lkw-Fahrer ungewöhnliche Geräusche aus dem Motorraum und steuerte seinen Lkw zwischen Gevelsberg und Wuppertal-Nord auf den Parkplatz Bruchmühle. Noch in der Zufahrt zum Parkplatz stand die Zugmaschine in Vollbrand. Der Fahrer konnte sich rechtzeitig aus dem Fahrerhaus retten und versuchte noch, mit einem Feuerlöscher den Brand unter Kontrolle zu bringen, jedoch ohne Erfolg. Beim Eintreffen der Feuerwehr hatten die Flammen bereits auf den Auflieger übergegriffen. Tanklöschfahrzeuge brachten im Pendelverkehr Löschwasser zur Brandbekämpfung auf die Autobahn. Der Lkw hatte Autoteile für die Automobilindustrie geladen.

Diese Meldung der WA über den Brand eines Sattelzuges am 19. Februar 2024 auf der A1 bei Gevelsberg bestätigte auf meine Rückfrage die zuständige Pressestelle der Polizei in Dortmund. Bei der Zugmaschine handelt es sich um einen MAN einer deutschen Spedition mit dem Tag der ersten Zulassung im September 2018. Die Sprecherin bestätigte ebenso, dass in der Tat von einem technischen Defekt auszugehen sei.

Leergutlaster brennt bei Lennestadt

Erst am 15. Februar 2024 hatte die Feuerwehr Lennestadt in einer Pressemeldung über einen brennenden Leergutlaster zwischen Halberbracht und Meggen berichtet. Schon auf der Anfahrt war von weitem Feuerschein zu erkennen. Beim Eintreffen der Feuerwehr brannte das Fahrerhaus bereits in voller Ausdehnung und das Feuer griff auf die Ladefläche des mit Leergut beladen Lkw über. Da die Kunststoffkisten im Inneren und an der Rückwand der Ladefläche brannten, gestalteten sich die ersten Löschmaßnahmen als schwierig, da dieser Bereich schlecht zu erreichen war. Durch den Einsatz der Drehleiter konnte das Feuer dann von oben unter Kontrolle gebracht werden. Im weiteren Verlauf wurden ein Teil der Kisten vom Lkw gezogen, um auch nochmal einen Schaumangriff durchführen zu können. Der Fahrer des Lkw wurde mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Auf meine Nachfrage bestätigte die Pressestelle der zuständigen Polizei in Olpe, dass es dem Fahrer gut gehe, er war unverletzt geblieben und nur vorsorglich behandelt worden. Und sie bestätigte meinen Verdacht: "Es handelte sich um einen Lkw der Marke MAN, Typ TGX, Erstzulassung im Jahr 2019 in Polen. Nach derzeitigem Ermittlungsstand ist von einem technischen Defekt auszugehen."

Auffallend viele Meldungen über brennende MAN

Online-Meldungen aus den lokalen Medien sind keine offizielle Unfallstatistik, aber sie sind ein wertvolles Indiz. Seit ich 2016 als erster Journalist die auffällige Häufung von Vorfällen rund um alkoholisierte Lkw-Fahrer aus Osteuropa aufgegriffen habe, hat sich dieses Problem bis heute weiter verschärft. Auch die zunehmenden Lkw-Unfälle am Stauende habe ich frühzeitig nach mühevoller Recherche über Google einzeln gezählt und im Internet veröffentlicht. Beide Themen sind im kürzlich in Mannheim vorgestellten Buch "40 Tonnen Verantwortung" des langjährigen Leiters der Verkehrspolizeidirektion Mannheim, Dieter Schäfer, aufgegangen. Die Reportage ist ab dem 7. März im Heft 4 des FERNFAHRER zu lesen. So wie ich greift Schäfer mittlerweile immer öfter auf die 2017 von Lkw-Fahrern gegründete Facebookgruppe "Lkw-Unfälle und Kontrollen" zurück. Die Administratoren haben ihre selbstgesetzte Aufgabe, jeden Unfall, der online in den lokalen Medien veröffentlicht wird, aufzulisten, perfektioniert. Wer dort also in der Suchfunktion das Stichwort #Lukbrennt eingibt, trifft buchstäblich auf ein flammendes Inferno.

Keiner brennt so oft wie der MAN

Die Seite bündelt alle Vorfälle, die mit brennenden Lkw zu tun haben, darunter sind als mutmaßliche Gründe in den Meldungen natürlich oft geplatzte Reifen, aber eben auch nicht näher benannte technische Defekte an den Zugmaschinen aufgeführt. Mein als Fotograf geschultes Auge, das sich bislang an identifizierbaren Lackierungen von Lastzügen mit den Namen der Inhaber orientiert hat, war dennoch schnell in der Lage, an der Form des Fahrerhauses und dem kleinen Fenster zwischen Tür und dem geriffelten Blech auf Höhe der oberen Liege die Marke zu identifizieren. Auch Lkw der anderen sechs Hersteller waren bereits von einem Brand betroffen, aber in dieser Auflistung brennt kein Lkw so oft wie der MAN. Etwa 25mal – ohne Gewähr auf Vollständigkeit. Besonders im August und November gab es laut Uwe Pohl, einem der Administratoren, eine Häufung der Meldungen. Einer möglichen Katastrophe entkam am 29. November der Fahrer eines MAN-Tankzuges auf der A 2 bei Vlotho. Auch hier war das Feuer im Motorraum ausgebrochen.

Ein erster Verdacht

In Hintergrundgesprächen mit Fahrern und Unternehmern, die ich bereits seit Wochen führe, hat sich mittlerweile der Verdacht erhärtet, dass gerade der D26 Motor mit 460 PS aus der TGX-Baureihe der Jahre 2017 bis 2019 besonders betroffen ist. Immer wieder fällt dabei das Stichwort "Pleuel". Unter ganz bestimmten Bedingungen kommt es offenbar zu einem plötzlichen Abriss des Ölfilms, die Kurbelwellen- oder Pleuellager setzten sich fest, im schlimmsten Fall bricht die Pleuelstange durch die Motorabdeckung, das auslaufende Öl erhitzt sich. Was den oft zitierten "Knall" erläutern würde.

Und so habe ich schließlich mit Hinweis auf die bekannten Fälle bei der Pressestelle von MAN in München nachgefragt, ob diese Problematik bekannt ist. "MAN Produkte erfüllen höchste Anforderungen an Langlebigkeit und Nutzungssicherheit", heißt es zunächst. "Alle Komponenten unterliegen einer stetigen Produktbeobachtung und Weiterentwicklung, um Performance und Robustheit noch weiter zu optimieren. Für Fahrzeugbrände kann es grundsätzlich eine Vielzahl von Ursachen geben, zum Beispiel überhitzte Reifen oder Bremsen, vernachlässigte Wartung, nachträgliche An- und Einbauten oder auch Defekte an elektrischen und elektronischen Komponenten." Auf die einzelnen Fälle will MAN nicht eingehen. "MAN hat eine Fahrzeugflotte von insgesamt rund 880.000 Fahrzeugen in Europa im Verkehr", heißt es. "Demgegenüber steht eine sehr geringe Anzahl von Schadensfällen."

Liegt es am vernachlässigten Wartungsintervall?

In der Tat ist das Problem in München bekannt. "Motorschäden, die im seltenen Fall auch zu Brandereignissen führen können, schenkt MAN in der Produktbeobachtung hohe Aufmerksamkeit und analysiert im Falle des Falles mit der Expertise von Sachverständigen und in engem Austausch mit den Kunden die Ursachen. Im Rahmen solcher intensiven Untersuchungen hat MAN verschiedene mögliche Einflussfaktoren für Motorschäden identifiziert. Als Haupttreiber dafür stellten sich nicht fristgerecht durchgeführte Wartungsintervalle heraus." Hinzu können laut MAN weitere Nebenfaktoren kommen, wie zum Beispiel Beschädigungen von Komponenten, Verunreinigung der Motoröl-Reinseite, defekte und nicht reparierte Kühlanlagen oder auch Überdrehzahl, die zusätzlich zu einem Schadenseitritt beitragen. Und so mahnt der Hersteller: "Werden alle vorgesehenen Service-Termine eingehalten, sehen wir aber keine auffälligen Häufungen von Motorschäden, sondern eine sehr hohe Robustheit über alle Motorbaureihen mit Laufleistungen von teilweise weit über einer Million Kilometern. Dies zeigt, dass MAN Motoren bei entsprechend eingehaltenen Wartungsvorgaben eine sehr hohe Zuverlässigkeit bieten."

Wird mittlerweile tatsächlich auf Verschleiß gefahren?

Mein Schwerpunkt als Fachjournalist sind die Arbeitsbedingungen in der Logistik. Zur Aussage von MAN passt natürlich, dass die zahlreichen technischen Lkw-Kontrollen von BALM und Polizei in den letzten Monaten durchaus nahelegen, im Wettbewerbsdruck und nun unter den sich weiter verschärfenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen würde auch in manchen deutschen Transportunternehmen auf Verschleiß gefahren. Und ich kenne die Aussagen von Firmenchefs, die sich immer öfter über die mangelnde Qualität und sogar die Motivation einiger ihrer Fahrer beklagen. Die etwa ohne einen Kommentar den Lkw am Wochenende auf dem Hof abstellen, ohne die Werkstatt zu informieren, dass irgendwo eine Lampe leuchtet, die den nächsten Service anzeigt.

Maßnahmenpaket von MAN in der Umsetzung

Immerhin MAN nimmt das Thema ernst und ist laut Pressestelle bereits in Umsetzung eines Maßnahmenpaketes, um möglichst allen eventuell auftretenden Faktoren entgegenzuwirken. Konkret heißt das: "Für die im Feld befindlichen Fahrzeuge wurden Werkstätten und Kunden hinsichtlich der Relevanz der Ölqualität sensibilisiert, entsprechend instruiert und, wo nötig, entsprechende Maßnahmenpakete angeboten. Sollten vom Kunden Service-Intervalle nicht eingehalten worden sein, bietet MAN auf individuelle Einsatzprofile zugeschnittene Servicepakete, um für jedes Fahrzeug die optimale Wartung sicherzustellen."

Dass der Ölwechsel allein dafür verantwortlich sein soll, wenn das über Jahre beliebte deutsche Flottenfahrzeug in zum Glück seltenen Fällen zum "Toast- und Butter"-Auto wird, mag ich dennoch nicht so recht glauben. Leider wollte mir die Pressestelle der oben genannten Tankspedition aus Münster bislang meine Fragen zur Ursache nicht beantworten. Ich gehe einmal davon aus, dass die Fuhrparkleitung gerade im Gefahrgutbereich jederzeit ein wachsames Auge auf die Wartung hat. Ein mir gut bekannter Transportunternehmer mit einer mittelgroßen MAN-Flotte hat mir auf Nachfrage allerdings ein Foto eines oben beschriebenen Motoschadens eines D26 Motors zukommen lassen. Zum Glück hat er mit MAN einen Wartungsvertrag abgeschlossen, der Motorschäden bis zu 750.000 Kilometern einschließt. "Wir halten in unserer Werkstatt alle Ölwechselintervalle ein", hat er mir im Hintergrund gesagt. "Dennoch hatten wir bereits sieben kapitale Motorschäden. Zum Glück nach 2019 bislang ohne einen weiteren Brand während der Fahrt."

Lesen Sie auch MAN TGX 18.480 TGX-Flaggschiff von MAN Optimiert im Fernverkehr
Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)
Who is Who
Who is Who Nutzfahrzeuge 2019 WHO IS WHO Nutzfahrzeuge

Alle Hersteller, Zulieferer und Dienstleister für Nutzfahrzeugflotten.

Kostenloser Newsletter
eurotransport Newslettertitel Jetzt auswählen und profitieren

Maßgeschneidert: Die neuen Themen-Newsletter für Transportprofis.

Betriebsstoffliste 2023
Mehr als 2.500 Produkteinträge

Immer auf dem neuesten Stand: Die DEKRA Betriebsstoffliste 2023

eurotransport.de Shop
Web Shop Content Teaser Der Shop für die, die es bringen.

Zeitschriften, Bücher, Lkw-Modelle, Merchandising und mehr.