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Volker Dührkoop im Porträt Seemännisch verstaut

Volker Dührkoop Havariekommissar Dekra Foto: Ilona Jüngst

Volker Dührkoop ist Mitarbeiter von Dekra Automobil, sein Arbeitsplatz ist der Lübecker Hafen. Kontrollen und Schulungen zu Ladungssicherung und Unfallprävention sind seine Aufgaben.

Ein Händedruck, ein freundliches "Moin, Moin", ein kleiner Schnack: Wer mit Volker Dührkoop im Hafen Lübeck unterwegs ist, bekommt das Gefühl, dass es keinen Mitarbeiter dort gibt, der ihn nicht kennt. Und das ist auch gut so: Der Dekra-Mitarbeiter ist im Auftrag des privaten Hafenbetreibers für die Betriebssicherheit zuständig. "Wenn man eine Kontrollfunktion hat, darf man nicht als Anschwärzer auftreten, sondern muss Teamspieler sein", sagt er.

Neben dem freundlichen Gespräch wandert sein Blick über die für den RoRo-Verkehr genutzten, sogenannten Kassetten –  Plattformen, auf denen etwa Bauteile niedergezurrt sind. Mit der Hand greift er an die Zurrgurte, zieht ordentlich. Macht ein Foto. Das Handy klingelt, Hafenmitarbeiter haben eine Frage zur Sicherung mehrerer Paletten mit Ziegelsteinen, die bald eine Seefahrt nach Finnland antreten werden. Dühr­koop verspricht, gleich in der Umschlaghalle vorbeizukommen.

Zertifizierter Cargo Surveyer

Zertifizierter Cargo ­Surveyor ist die offizielle Bezeichnung für dieses Aufgabengebiet von Dührkoop: Er stellt sicher, dass ausgehende Güter richtig gesichert und verstaut sind. Erst vorher war auf der MS Genca, die am Seelandkai festgemacht hat, und hat die Laschung der  Fahrzeuge auf dem RoRo-Schiff überprüft, das mit 22 Knoten zu den schnellsten im Ostseeraum zählt. Auch die Ladungsbegleitung bei sogenannten Transshipments gehört zu seinem Aufgabengebiet: Bei Ankunft etwa großer Bauteile per Lkw aus Italien stellt er die Stückzahl und eventuelle Beschädigungen fest. Dann überwacht er die Verladung vom Lkw auf die Kassetten und deren seemännische Verstauung  auf dem Schiff.

Seemännisch, weil bei entsprechendem Seegang immense Kräfte auf die Fracht einwirken. "Auf dem Lkw war das vorher vielleicht in Ordnung, aber bei einer permanenten, seitlichen Belastung – etwa 30 Stunden von Travemünde nach ­Helsinki – sieht das im Seeverkehr oft anders aus."

Probleme bei Discounterware

Die meisten Probleme gibt es laut Dührkoop bei Discounterware: "Eingeschweißt, hoch gestapelt – und dann kollabiert die untere Lage." Formstabile Ladeeinheiten sehen anders aus. "Ein ganzer Container mit  Sixpacks voller Bier aus Frankreich: Kaputt war nur eine Flasche, allerdings waren alle Palettenreihen so verschoben, dass der ganze Container neu gepackt werden musste", erzählt er von einem exemplarischen Vorfall.

Zum Schutz vor Schäden schult Dührkoop Mitarbeiter

Damit die Empfänger vor Ort so etwas nicht vorfinden, ist Dührkoop da. Zum Schutz vor Schäden schult er als Experte für Ladungssicherung und Arbeitssicherheit Mitarbeiter der verschiedensten Hafenbetriebe sowie von Transportunternehmen und Logistikdienstleistern, berät Unternehmen zur Unfallvermeidung und arbeitet als Gutachter zu den Themen Ladungssicherung sowie Verpackung. Kommt es zu Schäden bei Havariefällen, übernimmt er als Havariekommissar deren Bewertung.

"Gelöscht wird auch nachts"

"Das ist nicht nur ein Job, das ist auch ein Stück Erfüllung", sagt er über seine Aufgabe. Oft diktiert er seine Berichte abends, weil tagsüber zu wenig Zeit ist. Manchmal wird dann auch die Zeit für die tägliche Laufrunde knapp. "Ich versuche, an sieben Tage die Woche 30 bis 45 Minuten zu laufen – oder wenigstens zweimal in der Woche, dann zwei Stunden." Sein Arbeitstag beginnt meistens mit der Arbeit im Hafen um 6 Uhr, oft genug ist er auch samstags unterwegs, um Trainings und Schulungen zu geben. Selbst in der Nacht muss er raus – "gelöscht wird auch nachts".

Ernst wird es, wenn er nachts zu einem Unfall gerufen wird. Als Havariekommissar für die Region Lübeck kommt Dührkoop meist zwar erst dann an die Unfallstelle, wenn die Rettungskräfte ihre Arbeit vor Ort beendet haben. Den Anblick einer Unfallstelle lässt er aber meist nicht an sich heran – davor schützt ihn auch seine langjährige Erfahrung bei der freiwilligen Feuerwehr, bei der er Zugführer ist. Was es als Havariekommissar neben starken Nerven braucht: "Ein gutes Netzwerk, etwa zu Bergungsunternehmen und Unternehmen mit Fahrzeugen und Hallenflächen, außerdem Organisationstalent", zählt der 56-Jährige auf, "und gute Ladungssicherheit-Kenntnisse, weil es oft genug um die Frage der Haftung geht."

30-jähriges Dienstjubiläum

Dieses Jahr feiert der gelernte Kfz-Mechaniker und Industriemeister sein 30-jähriges Dienstjubiläum bei Dekra. Über die praktische Arbeit und Fortbildungsmaßnahmen hat er sich im Laufe der Jahre sein fundiertes Fachwissen angeeignet – zuerst als Ausbilder für Berufskraftfahrer und Lageristen, dann als Fachkraft für Gefahrgut, als Tanksachverständiger, als Ladungssicherungsgutachter und zuletzt als von der Indus­trie- und Handelskammer (IHK) ausgebildeter und geprüfter Havariekommissar.

"Mich treibt ein Stück weit immer die Neugier an", sagt er. Jeder Tag bringe etwas Neues. Das aktuellste Projekt war etwa ein Gutachten für ein Industrieunternehmen. Dabei ging es um die Beladung von offenen Eisenbahnwaggons mit staubfähigen Schüttgütern, genauer mit Magnesiumkalk. "In Abstimmung mit den Kollegen von Dekra Rail konnte ich über die Messtechnik beweisen, dass die Staubentwicklung selbst bei Rangierstößen durch ein bestimmtes Verfahren innerhalb der Richtlinien bleibt."

So ganz falsch kann die Berufswahl von Dührkoop, der verheiratet ist und zwei  Söhne hat, nicht gewesen sein: Der 19-Jährige, der gerade für ein Jahr in Neuseeland den Duft der weiten Welt schnuppert, will später Nautik studieren, der 16-Jährige hat durchblicken lassen, dass er in der Zukunft gerne im selben Bereich wie der Vater tätig wäre.

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