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Vorsicht bei Klimakommunikation Bloß kein Greenwashing

Foto: malp-stock.adobe.com

Wie Unternehmen ihre Aktivitäten beim Klimaschutz richtig kommunizieren – diese Erkenntnisse lieferte der K3-Klimakongress in Zürich.

Gutes tun und darüber reden, heißt es doch so schön. Das gilt auch in puncto Klimaschutz. Entsprechend viel berichten inzwischen auch Transport- und Logistikunternehmen über ihre Aktivitäten mit Blick auf Umwelt und Nachhaltigkeit. Viele sind darüber dankbar. Denn teilen die Vorreiter aus der Branche ihre Erfahrungen, geben sie damit anderen Unternehmen, die noch nicht so weit sind, eine wichtige Orientierung. Trotzdem ist Vorsicht angesagt. Es gilt kritisch zu prüfen, welche Botschaften man in die Welt senden möchte. Denn die Öffentlichkeit schaut zunehmend kritisch hin und hinterfragt die Aussagen der Unternehmen zum Klimaschutz.

Wie Sie Greenwashing vermeiden können

Sind die Dinge, die kommuniziert werden, auch transparent und belegbar? Bleiben Zweifel, könnte alles vielleicht auch nur heiße Luft sein – beziehungsweise ein netter Versuch des Greenwashings. Wer nicht in diese Marketing-Falle tappen möchte, sollte bei der Klimakommunikation einige Regeln beachten. Das war eine der zentralen Botschaften des K3-Kongresses zur Klimakommunikation am Mittwoch in Zürich. Die zum zweiten Mal von fünf Klima-Organisationen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz organisierte Veranstaltung brachte rund 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zusammen, die unterschiedliche Klimabündnisse und Bewegungen (zum Beispiel Fridays for Future), Hochschulen und Unternehmen vertraten.

„Es gibt einen regelrechten Boom an Klimainformation“, sagte Lene Petersen, Senior Manager Climate and Business bei der Umweltorganisation WWF in der Schweiz. „Man muss schon genau prüfen, was hinter den Aussagen steckt und welche Maßnahmen damit verbunden sind.“ Denn viel Information biete auch viel Raum für Desinformation und folglich für Greenwashing – also eine irreführenden Information, die nur darauf ausgerichtet ist, sich ein besseres Umwelt-Image zu geben.

Keine Klimakommunikation mit schwammigen Begriffen

Leere beziehungsweise irreführende Marketing-Phrasen zu erkennen, ist aber kein ganz leichtes Unterfangen. Wo das laut Petersen noch relativ einfach geht: wenn Unternehmen mit nicht beweisbaren Aussagen werben oder mit erfundenen Umwelt-Claims arbeiten, die suggerieren, es handele sich um eine unabhängige Zertifizierung. Weniger leicht zu erkennen ist Greenwashing mithilfe von vagen Aussagen und schwammigen Begriffen – zum Beispiel den Worten „natürlich“ oder „umweltfreundlich“, für die es keine einheitliche Definition gebe.

Was also tun? Der Rat der Umweltexpertin an die Unternehmen: keine kommunikativen Schnellschüsse, sondern nur Dinge kundtun, die Hand und Fuß haben. Die Inhalte der Botschaften müssten überprüfbar sein, und die Emissionsreduzierung müsse im Zentrum der Klimakommunikation stehen –und im Übrigen auch Vorrang vor einer Kommunikation über Kompensationsprojekte haben.

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Sparsam sollten Betriebe, die über ihre Umweltaktivitäten berichten, demnach auch mit besagten Begriffen sein, für die es weder Mindeststandards noch einheitliche Definitionen gibt. Die WWF-Vertreterin stört sich zum Beispiel am Begriff „klimaneutral“. Von der Milch über Fleisch, Telekommunikations-Dienstleistungen bis hin zu fossilen Energieträgern sei in der Werbung bereits alles klimaneutral, gab sie zu bedenken. Und nur selten zielen die Kommunikationsabteilungen in den Unternehmen mit dem Betriff „klimaneutral“ wirklich auf das Klima in seiner Gesamtheit ab. „Meist ist nur das CO2 gemeint.“

Wie sehr sich Öffentlichkeit für Klimaschutz interessiert

Doch interessiert sich die breite Öffentlichkeit überhaupt für den Klimaschutz der Unternehmen? Die Verantwortlichen für Nachhaltigkeit beim Einzelhändler Lidl Schweiz sind davon überzeugt. Doch belegen lässt sich das Interesse nur bedingt. Bei einer Kundenumfrage im Jahr 2020 war von 41 erfragten Themen der Klimaschutz im Betrieb immerhin an neunter Stelle, der Klimaschutz in der Lieferkette aber erst auf dem 24. Platz. Die Nachhaltigkeitsmanagerin des Unternehmens, Julia Baumann, bedauert dies: Denn im Betrieb fallen nur zwei Prozent der CO-Emissionen an, der Löwenanteil entfällt auf die Lieferkette, also auf Lieferanten, Transport und Logistik. Sprich: Der Klimaschutz in der Lieferkette sollte allen eigentlich stärker am Herzen liegen.

Aber kann der Discounter daraus folgern, dass Klimakommunikation überflüssig ist, weil sich die Öffentlichkeit nicht dafür interessiert? Mitnichten. Eine Verpflichtung zur Klimakommunikation ergibt sich allein schon durch die regelmäßigen Nachhaltigkeitsberichte, die die Fortschritte und Maßnahmen im Umwelt- und Ressourcenschutz dokumentieren. Die Leserinnen und Leser dieser Berichte erfahren zum Beispiel, dass Lidl Schweiz am Ziel festhält, bis 2030 nur noch fossilfrei seine Filialen zu beliefern und dass das Unternehmen kein frisches Obst, Gemüse, kein frisches Fleisch oder frischen Fisch verkauft, sofern dahinter ein Transport im Flugzeug steht. Für diese Güter gilt bei dem Schweizer Unternehmen ein Verzicht auf die klimaschädliche Luftfracht und eine Übereinkunft dazu mit dem WWF Schweiz.

Warum Lidl die Klimakommunikation wichtig ist

Ein weiterer Grund, warum das Unternehmen, das zur Schwarz-Gruppe aus Neckarsulm gehört, in Sachen Klimaschutz kommunizieren will: um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und zum Mitmachen zu bewegen. Denn auch wenn das Unternehmen weltweit seine betriebsbedingten, also eigenen, CO2-Emissionen bis 2030 um 80 Prozent reduziere möchte, so hat es auf die der Lieferanten nur bedingt Einfluss – daher ist die Kommunikation auch als Appell an sie gedacht. „Klimakommunikation ist für uns weniger Imagearbeit, sondern auch eine Botschaft an die Lieferanten, mitzumachen und sich selbst Klimaziele zu setzen.“

Und als wäre Klimakommunikation nicht schon schwer genug, erwartet die Unternehmen, die entsprechende Botschaften in die Welt tragen möchten, noch eine weitere Herausforderung: Sie müssen ihre Inhalte auf den Punkt bringen. Lidl-Nachhaltigkeitsmanagerin Baumann spricht vom Goldfisch-Phänomen. Dieser hat die gleiche Aufmerksamkeitsspanne wie ein Mensch im Jahr 2022, der von Reizen überflutet wird. Stolze acht Sekunden sind beide Spezies demnach in der Lage, Dinge aufzunehmen.

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