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Uwe Brinks von DHL Freight im Interview DHL Freight mit Zahlen wie vor der Krise

Foto: DP DHL

Uwe Brinks, CEO von DHL Freight, über Nachhaltigkeitsziele und Vorteile der myDHLi-Plattform.

trans aktuell: Herr Brinks, was bleibt DHL Freight vom Krisenjahr 2020?

Brinks: Natürlich haben auch wir den ersten Lockdown deutlich gespürt – dabei waren wir die letzten, die in Italien noch Bremsen abgeholt haben, danach haben sowohl der Zulieferer als auch der Hersteller coronabedingt die Produktion unterbrochen. Das schlägt sich natürlich auch im Umsatz nieder. Aber im zweiten Halbjahr waren wir wieder im Plan. Das Geschäft hat sich im vergangenen Jahr auch etwas verlagert, vom Top-Key-Account zum mittleren Kundensegment. Beim Umsatz – so viel kann ich sagen – war DHL Freight etwas hinter dem Plan. Aber der jetzige Jahresverlauf zeigt, dass wir wieder auf Spur sind, mit Zahlen deutlich über 2019.

Wie hat sich der Brexit für DHL Freight ausgewirkt?

Wir haben vorbereitend zahlreiche zusätzliche Zollexperten angestellt, etwa an unseren Standorten Dover und Southampton, aber auch auf dem Festland. Inzwischen hat sich die Lage stabilisiert, aber generell sehen wir einen starken Anstieg im Zollgeschäft, vor allem bei unserem Zolldienstleister Gerlach.

Im Pandemiejahr 2020 hat DHL Freight auch eine weltweite Kundenumfrage durchgeführt. Was haben Sie erfahren?

Dass die Kunden von uns zuallererst erwarten, dass wir unser Kerngeschäft machen – schnell, zuverlässig, pünktlich. Dass sie inzwischen aber auch deutlich mehr Transparenz einfordern und mehr im Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit verlangen, insbesondere umweltfreundlichere Logistiklösungen. Als privater Konsument weiß man ja inzwischen, wie etwa der CO2-Ausstoß des eigenen Autos ausfällt oder wie das eigene Haus gedämmt ist. Dieses sensibilisierte Verhalten zeigt sich nun auch in der Logistik, und zwar erfreulicherweise auch auf Kundenseite. Ich bin der Überzeugung, dass dies eine der wesentlichen Aufgaben der nächsten Jahre sein wird: den CO2-Ausstoß im Verkehrsbereich allgemein und im Besonderen in der Logistik zu senken.

Was plant DHL Freight auch im Hinblick auf die jüngst vom Konzern vorgestellten Klimaziele?

Beim Thema Nachhaltigkeit setzen wir an verschiedenen Punkten an: Im Nahverkehr testen wir aktuell beispielsweise kleinere Fahrzeuge mit Bio-LNG und elektrifizierte 7,5-Tonner. Gerade prüfen wir, ob wir zusammen mit einem Partner auch Fahrzeuge der Größenklasse 18 Tonnen umbauen und elektrifizieren können.

Was ist auf der Langstrecke geplant?

Auch hier führen wir Tests mit Bio-LNG durch, in einer Dreieckskonstellation mit dem Anbieter, den Kunden und DHL. Die Tests finden dabei auf ausgewählten Strecken statt. Und in Schweden arbeiten wir in Kooperation mit Volvo Trucks an einem 60-Tonner mit E-Antrieb, der im Test zwischen zwei Logistikzentren fährt.

Zum Portfolio von DHL Freight gehört auch der Bahnverkehr. Spielt der in der Nachhaltigkeitsstrategie auch eine Rolle?

Natürlich. Unser Mutterkonzern hat schon einen Teil der Hauptläufe im deutschen Paketnetzwerk auf die Schiene verlegt, und hier kommt auch Volumen von DHL Freight dazu. Außerdem haben wir sehr erfolgreiche feste Linienverkehre von Skandinavien bis nach Italien. Zudem planen wir derzeit erste Züge aus dem Baltikum nach Russland. Dort haben wir bereits erste Züge laufen, und für die Gegenrichtung, also nach Westen, gibt es auch Pläne.

Was muss man denn machen, um das System Schiene attraktiver zu machen?

Aus meiner Sicht sind vor allem die Prozesse im Vor- und Nachlauf sehr zeitintensiv, die Cut-off-Zeiten sind nicht praxisgemäß. Bei einem Next-Day-Kundenversprechen kann die Sendung nicht schon um 15 oder 16 Uhr auf dem Zug sein. Es muss also schneller gehen, und das Streckenangebot muss größer werden – etwa auch in West-Ost-Richtung und in Richtung Neue Seidenstraße, die vor allem für Zulieferer interessant ist.

Insgesamt sieht die Nachhaltigkeitsstrategie doch sehr nach Mosaik aus, da erwartet man von einem Konzern etwas anderes.

Tatsächlich sind es einzelne aufeinander abgestimmte Maßnahmen, die in der Summe und ihrem Mix nachhaltigen Klimaschutz generieren. Zudem hat es in der Fahrzeugindustrie noch nicht den entscheidenden Umbruch hin zu dem einen Antriebskonzept gegeben, etwa zu elektrisch angetriebenen Lkw oder zur Wasserstofftechnologie. Wir sind uns aber bewusst, dass jetzt schon etwas passieren muss. Als Brückentechnologie setzen wir daher auf Biokraftstoffe. Kurzfristig wollen wir beispielsweise rund 100 Schwer-Lkw mit Bio-LNG für den Fernverkehr anschaffen. Der weitere Punkt, den man bei der Reduzierung von Emissionen nicht unterschätzen darf, sind Programme zur Transport- und Routenoptimierung, die wir einsetzen.

Und wenn das alles nicht reicht, dann werden die Emissionen kompensiert?

Es gibt einfach keinen Königsweg, Nachhaltigkeit zu erreichen, sondern es ist vielmehr ein Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Maßnahmen. Wir haben aber einen festen Abbauplan für Emissionen, um unser Nachhaltigkeitsziel zu erreichen. Zu einem kleinen Teil trägt auch das Thema Kompensation von Emissionen dazu bei.

Hilft die Digitalisierung?

Ja, die Digitalisierung schafft eine neue Transparenz und damit Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung für uns und unsere Kunden. Deshalb ist es unser Ziel, unser Transport-Management-System EVO europaweit auszurollen – denn viele der Unternehmen, die wir in der Vergangenheit akquiriert haben, operierten mit unterschiedlichen TMS. Für flächendeckende Transparenz ist jedoch eine einheitliche Datenbasis wichtig. In sieben Ländern ist das System schon aktiv. Ein weiteres Plus ist die Integration von DHL Freight als dritte Säule in unsere Kundenplattform myDHLi, beginnend mit der Türkei. Dort ist EVO bereits aktiv, sodass wir die aus EVO generierten Daten für die Kunden transparent in myDHLi darstellen können. Und auch der Ausbau unserer Frachtplattform Saloodo steht weiter im Vordergrund – die übrigens dadurch, dass sie leere Rückläufe verhindert, ebenfalls zur Nachhaltigkeit beiträgt.

Sie haben eingangs von einem guten Start gesprochen. Wie ist Ihre Einschätzung für das laufende Jahr für DHL Freight?

Ich sehe das Glas mindestens halb voll – die Impfquote verbessert sich zunehmend, wir nehmen eine Wiederbelebung der Wirtschaft wahr und haben auch schon einige interessante Tender am Markt gesehen. In allen relevanten Industrien geht es deutlich nach vorn. Deshalb rechnen wir auch mit Zuwächsen gegenüber dem Jahr 2019 – der Vergleich mit 2020 macht ja wenig Sinn.

Zum Thema Impfen: Bietet das DHL seinen Mitarbeitern an?

Ja, sobald ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht und das Impfen durch Betriebsärzte freigegeben ist, werden wir als Deutsche Post DHL Group unseren Mitarbeitern auf jeden Fall ein Impfangebot machen.

Zur Person

  • Uwe Brinks ist seit Januar 2017 CEO von DHL Freight.

  • Seine Karriere bei der Deutsche Post begann Brinks 1983.

  • Von 2001 bis 2004 hatte er die Leitung der regionalen Geschäftsbereiche Brief zunächst in Hannover und anschließend in Köln inne.

  • 2004 wurde er Mitglied des Bereichsvorstands Post, eCommerce, Parcel und war dort verantwortlich für den Betrieb mit rund 150.000 Mitarbeitern.

  • Von 2007 bis Ende 2008 leitete Brinks zudem auch das gesamte Paketgeschäft des Konzerns.

Die Plattform

  • Die Plattform myDHLi ist jetzt auch für den Kunden aus dem Bereich Straßentransporte bei DHL Freight verfügbar

  • Sie bietet zudem weitere Funktionalitäten, die von Tim Scharwath, CEO Global Forwarding Freight, und Uwe Brinks, CEO DHL Freight, auf dem ersten, digitalen myDHLi vorgestellt wurden

  • Neu ist etwa myDHLiReports, zudem wurde das myDHLiAnalytics-Dashboard um die Themen Laufzeit und Stückkosten ergänzt, neu ist auch „Save and Edit“ -Funktion, mit der Transportangebote gespeichert und später wieder bearbeitet werden können

  • Die Plattform soll sukzessive ausgebaut werden
  • Mehr dazu hier

Aktuell nutzen 3.000 Kunden aus 62 Ländern die Plattform

Foto: DP DHL
Uwe Brinks, CEO DHL Freight (links), und Tim Scharwath, CEO Global Forwarding Freight, auf dem ersten, digitalen myDHLi-Summit.
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