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Umfrage bei Spediteuren LNG-Lkw nehmen Fahrt auf

Foto: Timo Lutz 6 Bilder

Mautbefreiung und staatliche Subventionen sind dennoch starke Argumente für LNG-Fahrzeuge. trans aktuell befragte 34 Transportunternehmer. In der Bildergalerie sehen Sie die wichtigsten Ergebnisse unserer Umfrage auf einen Blick.

Deutet sich in der Transport- und Logistikbranche ein Paradigmenwechsel bei der Antriebstechnik an? Weg vom Diesel, hin zu alternativen Antrieben wie beispielsweise LNG? trans aktuell hat dazu ein Stimmungsbild der Branche im Rahmen einer Blitzumfrage eingeholt. Es beteiligten sich 34 Transport- und Logistikbetriebe an der Erhebung. Die Fuhrparkgröße über alle teilnehmenden Betriebe, LNG-Fahrzeuge eingerechnet, beträgt demnach 4.199 Fahrzeuge, im Durchschnitt also rund 123 Lkw. Den Teilnehmern hat trans ­aktuell Anonymität zugesichert. Zwei Betriebe, nämlich die Spedition Gebrüder Schröder aus Ebernhahn (Niedersachsen) und die Spedition Rothermel aus Östringen (Baden-Württemberg), haben sich allerdings mit Statements zu Wort gemeldet.

Christian Rothermel, Geschäftsführer Spedition Rothermel Foto: Ralf Lanzinger
„Erst wenn die Infrastruktur steht, ist LNG für uns interessant“ Christian Rothermel, Geschäftsführer der Edgar Rothermel internationale Spedition

Die Umfrage macht deutlich, welche Faktoren die meisten Betriebe vom Kauf eines LNG-Lkw abhalten. Hier fällt vor allem die schlechte Tankinfrastruktur auf, die immerhin 32-mal genannt wurde. So weist die LNG-Tankstellenkarte der Deutschen Energie-Agentur (Dena) momentan bundesweit gerade einmal 26 öffentliche LNG-Tankstellen auf. Weitere 45 sind immerhin geplant. Was einige Unternehmer außerdem vor der Anschaffung ­eines LNG-Lkw zurückschrecken lässt, sind die anfangs höheren Investi­tionen, verbunden mit ungewissen Restwerten. Ein Unternehmer erklärt: „Wir haben die LNG-Flotte jetzt durchschnittlich ein halbes Jahr im Einsatz. Richtig abrechnen können wir die Fahrzeuge erst nach einer Einsatzzeit von fünf bis sechs Jahren.“ Gefragt, warum sich Transportunternehmer für ein LNG-Fahrzeug entscheiden, nennen die meisten die Mautbefreiung. Ein Umfrageteilnehmer schränkt jedoch ein, diese sei für die Zukunft unsicher. Fest steht allerdings: Der Bundestag hat vergangenen Mai entschieden, dass CNG- und LNG-Lkw bis Ende 2023 von der Maut befreit sind. Das heißt, mit Gas angetriebene Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen sind bis zum 31. Dezember 2023 bei der Maut den Elektro-Lkw gleich­gestellt.

Verlagerung von Verkehren auf die Schiene bedroht

Vertreter der Schienenverbände und der Opposition hatten dies scharf kritisiert, weil sie die Verlagerung von Verkehren auf die Schiene bedroht sehen. Der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) hingegen begrüßte das Votum. Der Verband erklärte, die Verkehrspolitiker der Großen Koalition hätten klargestellt, dass Erdgas-Lkw aktuell die einzige ernst zu nehmende Alternative zum Diesel-Lkw seien. Und mit Blick auf den Klimaschutz sei LNG als Übergangslösung und Anreizfaktor für die Logistikbranche sinnvoll.Fördertopf ausgeschöpft Die Grünen wiederum beklagen eine „völlig überdrehte Förderkulisse“. Nach Meinung der Partei leisten Erdgas-Lkw praktisch keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz.

Joachim Altmann, Speditionsleiter der Gebr. Schröder GmbH & Co. KG Full-Service für Transport und Logistik Foto: Gebr. Schröder GmbH & Co. KG
„LNG ist die Übergangs­lösung vom Diesel zum Wasserstoff“ Joachim Altmann, ­Speditionsleiter bei der Spedition ­Gebrüder Schröder

Diese Einschätzung teilt auch ein teilnehmender Spediteur. Die Förderung sei umwelttechnisch nicht zielführend, erklärt er. In der Kostenrechnung wirkt sich die Befreiung von der Straßengebühr allerdings beträchtlich aus. Bei der Laufleistung eines Diesel-Lkw von 150.000 Kilometern beziffern einige Spediteure ihre jährlichen Mautkosten auf rund 20.000 Euro. Auch wenn die Anschaffungskosten eines Diesel-Lkw um rund ein Drittel geringer sind als bei einem vergleichbaren LNG-Lkw, so schmilzt dieser Preisvorteil bereits innerhalb weniger Jahre wegen der Mautbefreiung bei LNG dahin. Weitere staatliche Subventio­nen erwiesen sich im Rahmen der Umfrage ebenfalls als starke Anreize, so zum Beispiel das Förderprogramm „­Energieeffiziente und/oder CO2-arme schwere Nutzfahrzeuge“ (EEN).

Allerdings ist dieser Topf momentan ausgeschöpft. Das Förderprogramm hat ein Volumen von zehn Millionen Euro jährlich und ist bis Ende 2020 befristet. 44 Prozent der Umfrageteilnehmer planen zwar, weitere LNG-Fahrzeuge anzuschaffen. Eine komplette Umstellung des Fuhrparks auf LNG können sich jedoch gerade einmal 15 Prozent der Spediteure vorstellen.

Erdgas für lange und kurze Strecken

Die Transport- und Logistikunternehmer haben gesprochen. Doch mit welchem Blick schauen eigentlich die Hersteller auf ihre LNG-Fahrzeuge?

Iveco zum Beispiel legt die Messlatte hoch: Als echte Alternative dürfe ein Erdgasfahrzeug einem Dieselfahrzeug in Sachen Leistung, Nutzlast und Vielseitigkeit in nichts nachstehen. Darüber hinaus müsse das LNG-Fahrzeug mindestens genauso niedrige ­Gesamtbetriebskosten vorweisen können. Eine genaue Wirtschaftlichkeitsberechnung konnte Iveco bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe zwar nicht vorlegen, doch verweist das Unternehmen auf seine Erdgasfahrzeuge der Serie Natural Power (NP).

So verfügt der Stralis NP über einen 294 kW (460 PS) starken Motor und hat die gleiche Nutzlast wie ein vergleichbares Dieselfahrzeug. Darüber hinaus hat das Fahrzeug den Angaben nach in der LNG-Variante eine Reichweite von bis zu 1.500 Kilometern. Dies entspricht der Strecke von Madrid nach Frankfurt, ohne einen Tankstopp einlegen zu müssen.

Laut Iveco stellt der Stralis NP auf langen Strecken bei einer Fahrleistung von ­beispielsweise 120.000 Kilometern pro Jahr eine profitable Alternative zum Diesel-Lkw dar. Zudem verweist der Hersteller auf die ökologischen Vorteile von Erdgas, dem laut Iveco „umweltfreundlichsten Kraftstoff für Verbrennungsmotoren“. Die Luftqualität verbes­sere sich erheblich durch nahezu null Emissionen. Dies bedeute 70 Prozent weniger Stickoxide, 99 Prozent weniger Rußpartikel und 90 Prozent weniger methan­freie Kohlenwasserstoffe (HC) als von der Euro-6-Norm gefordert. Ebenso haben Erdgasfahrzeuge laut Iveco einen positiven Effekt auf die globale Erwärmung, und zwar durch erhebliche Reduk­tion der CO2-Emissionen. Konkret stoße ein LNG-Fahrzeug etwa 15 Prozent weniger CO2 aus als ein vergleichbares Dieselfahrzeug, bei Biomethanbetrieb sogar bis zu 95 Prozent weniger. Nicht zu vergessen sind auch die Vorteile durch die enorme Geräuschreduzierung für den Lieferbetrieb in Stadtzen­tren – vor allem bei Nacht.

Betriebskosten sinken

Auch nach Ansicht von Scania steht der „Gasmotor einem Dieselmotor in nichts nach“. So verweist der Hersteller darauf, dass die Betriebskosten mit Gas-Lkw sinken. Es fallen weniger Treibstoffkosten an, da Erdgas preiswerter als Diesel und der Verbrauch geringer ist. Der Hersteller macht folgende Rechnung auf: Wer im Monat rund 10.000 Kilometer fährt, spart zwischen 500 und 600 Euro an Treibstoffkosten. Als wichtig erachtet Scania auch, dass ein Spediteur bei Erdgas-Lkw keine Fahrverbote in den Innenstädten und Ballungszentren befürchten muss.

Dafür müssen Kunden beim Kauf der Erdgas-Lkw tiefer in die Tasche greifen. Je nach Variante – also CNG oder LNG – sind die Fahrzeuge bei Scania zwischen 20 und 35 Prozent teurer. Jedoch amortisieren sich die Investitionen nach Ansicht von Scania bereits nach 24 bis 42 Monaten. Bei einer jährlichen Fahrleistung von 120.000 Kilometern lassen sich demnach mit Erdgas-Lkw bis zu 22.400 Euro Mautkosten plus 7.200 Euro Spritkosten einsparen.

Volvo Trucks hat seit mehreren Jahren LNG-Lkw im Angebot, und zwar in den Modellreihen Volvo FH und Volvo FM. Der Hersteller erklärt, die LNG-Lkw eigneten sich für den Regional- und den Fernverkehr, denn: „Durch die hohe Energiedichte des verflüssigten Erdgases können auch große Motoren mit der notwendigen Energie auf langen Strecken versorgt werden.“ Für Logistik­unternehmen, die große Lasten über weite Distanzen transpor­tieren müssten, sei mit den LNG-Trucks von Volvo eine echte Alternative zu dieselbetriebenen Nutzfahrzeugen entstanden.

Reichweite bis zu 1.000 Kilometer

Die beiden LNG-Modelle von Volvo Trucks sind wahlweise mit 420 oder 460 PS erhältlich. Sie bieten dieselben Leistungswerte und Fahreigenschaften wie ihr Dieselpendant und erzielen eine Reichweite von bis zu 1.000 Kilometern.

Peter Prijak, Volvo-Trucks-Sales-Director Deutschland, betont: „Unsere Kunden, die bereits LNG-Lkw gekauft haben, sind von der Wirtschaftlichkeit und der Leistung unserer Fahrzeuge überzeugt. Die Technik hat sich im Einsatz bewiesen und ist eine geeignete Möglichkeit auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele.“ Für Rheintal-Transporte-Mitgesellschafter Wolfgang Normann ist „die Mautbefreiung von Erdgas-Lkw bis 2023 das richtige Signal und bietet Unternehmen wie dem unseren die nötige Planungssicherheit, um Klimaschutz mit Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen“. Wenn dazu noch das Tankstellennetz, wie geplant, signifikant ausgebaut werde, sei der Weg frei, „um bereits heute LNG als emissionsarme Alternative zu Diesel auf breiter Front einzusetzen“. Das Transportunternehmen aus Neuwied in Rheinland-Pfalz fährt aktuell 30 LNG-Lkw der Marke Volvo Trucks und plant, seine Fahrzeugflotte bereits bis 2021 vollständig auf LNG-Lkw umzustellen. Auf dem Gelände von Rheintal-Transporte wurde 2019 außerdem eine der ersten LNG-Tankstellen in Deutschland eröffnet, die als Teil der aktuellen LNG-Infrastruktur auch für Drittkunden jederzeit zur Verfügung steht.

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