Lkw mit Batterien und Oberleitungs-Trucks haben die größten Erfolgsaussichten, den Straßengüterverkehr möglichst schnell CO2-frei zu machen. Wasserstoff spielt einer OECD-Studie zufolge lediglich eine Nischenrolle. Die Politik sollte die Technologieneutralität hinterfragen.
Wasserstoff -Brennstoffzellen-Elektro-Lkw sind nur in einer kleinen Anzahl von Grenzfällen wettbewerbsfähig - wenn von sehr niedrigen Wasserstoffkosten und sehr konservativen Berechnungen für batterieelektrische Fahrzeuge ausgegangen wird. Zu diesem Ergebnis kommt die Forschungsabteilung des Weltverkehrsforums (ITF), eine Organisation der OECD.
H2-Tankstellen nicht ausgelastet?
Die Nischenrolle der H2-Lkw lasse Zweifel aufkommen, ob eine groß angelegte Betankungsinfrastruktur ausreichend genutzt werden würde. Die Analyse stellt den Experten zufolge in Frage, „ob die Politik unbedingt technologieneutral bleiben sollte, wenn es um die Einführung von Wasserstoff als Kraftstoff für Lkw auf dem Massenmarkt geht.“ Eine niedrige Energieeffizienz, wie sie beim Wasserstoff gegeben ist, erhöhe zudem die Abhängigkeit der Besitzer von schwankenden Energiekosten.
Technologieneutralität hinterfragen
Insgesamt gesehen könnten emissionsfreie Fahrzeuge zwischen 2030 und 2040 über alle Fahrzeuggrößen hinweg kostenmäßig wettbewerbsfähig mit Diesel-Lkw sein. Die untersuchten Szenarien zeigten aber, dass Wasserstoff-Fahrzeuge schlechter abschnitten als die beiden anderen Null-Emissions-Technologien. Der genaue Zeitpunkt der Wettbewerbsfähigkeit hänge von der Fahrzeuggröße ab.
Batterie und Oberleitung am besten
„Die kleinsten Kategorien könnten bei den Gesamtbetriebskosten (TCO) 2022 das Niveau von Dieselfahrzeugen erreichen“, so die Studie. Größere Straßengüterfahrzeuge seien wahrscheinlich um 2035 wettbewerbsfähig. Die TCO variierten erheblich zwischen den drei untersuchten Antriebstechnologien. Batterieelektrische Fahrzeuge und Oberleitungs-Lkw hätten das Potenzial, „in Europa die wettbewerbsfähigsten Technologien zu sein, da ihre Energieeffizienz und ihre niedrigen Betriebskosten die Anschaffungskosten ausgleichen.“
Infrastruktur staatlich fördern
Wie batteriebetriebene Lkw und Lkw unterm Fahrdraht in Bezug auf die Kosten im Vergleich abschneiden, sei noch nicht klar, da ihre TCO in den meisten Szenarien vergleichbar seien. Batteriefahrzeuge seien wohl in der Anschaffung teurer und größeren Zwängen im Betrieb unterworfen als Fahrzeuge, die ein Oberleitungssystem nutzten. Sie wiederum seien abhängig vom raschen Aufbau der erforderlichen Infrastruktur, die staatlich gefördert werden müsste, so die internationale Forschungseinrichtung.
Ergänzend arbeiten
Eine klarere Vorstellung von den Zeitplänen für die Einführung der erforderlichen Infrastruktur - Ladestationen für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge, Oberleitungen für elektrische Straßensysteme - sei erforderlich. Nur so könnten Industrie und politische Entscheidungsträger Prioritäten setzen und verstehen, wie beide Technologien sich gegenseitig ergänzen könnten.
Empfehlungen der Experten:
- Es muss sichergestellt werden, dass politische Maßnahmen zur Förderung der direkten Elektrifizierung von Lkw technologieneutral bleiben. „Sowohl batterieelektrische Fahrzeuge als auch Oberleitungs-Lkw können ein kosteneffizienter Ersatz für Diesel-Lkw sein.“ Beide Technologien sollten in den politischen Diskussionen über den künftigen Ausbau der Infrastruktur berücksichtigt werden. Zu den kurzfristigen technologieneutralen Maßnahmen gehöre ein besseres Stromnetz entlang der Hauptverkehrsstraßen, damit es Ladestationen für Batteriefahrzeuge sowie Strom für elektrische Straßensysteme geben könne.
- Es sollte Studien und Pilotprojekte zur Bewertung der Vorteile von Oberleitungssystemen für die Dekarbonisierung des Güterverkehrs geben. Derzeit herrsche Ungewissheit im Vergleich zu batteriebetriebenen Lkw. Nur weitere detaillierte Bewertungen könnten klären, welche Technologie finanziell rentabler sei und wie sie sich gegenseitig ergänzen könnten.
- Um die Einführung von emissionsfreien Fahrzeugen zu beschleunigen, ist eine gezielte politische Unterstützung erforderlich. Die zunächst hohen Anschaffungskosten für emissionsfreie Fahrzeuge seien ein Hindernis für die Einführung in großem Maßstab, insbesondere für kleine Transportunternehmen. Differenzierte Kaufsubventionen und zinsgünstige Darlehen würden zusammen mit Straßenbenutzungsgebühren und CO2-Steuer dafür sorgen, dass diese Fahrzeuge vor 2030 wettbewerbsfähig gegenüber Diesel-Lkw seien. Solche Maßnahmen können zeitlich begrenzt und aufkommensneutral gestaltet werden und würden die Unsicherheiten bei der Einführung von emissionsfreien Fahrzeugen verringern.
Das ITF will als neutrale Vermittlungsinstitution nach eigenen Angaben den Dialog zwischen Regierungsvertretern und Interessenvertretern aus Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft fördern. Als Leitwerte werden Transparenz und öffentliche Zugänglichkeit genannt.
Weitere Artikel zur Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs finden sich unter anderem hier, hier und hier .