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Gebrüder Weiss Senger-Weiss will deutsche Märkte stärken

Gebrüder Weiss, Wolfram Senger-Weiss Foto: Gebrüder Weiss

Gebrüder Weiss hat seinen Standort in Wels erweitert. Vorstand Wolfram Senger-Weiss erklärt, wo die tatsächlichen Wachstumsregionen des österreichischen Logistikers sind.

Mehr als 500 Jahre Firmengeschichte kann das österreichische Unternehmen Gebrüder Weiss (GW) vorweisen. Heute beschäftigt es weltweit mehr als 6.000 Mitarbeiter. Vorstand Wolfram Senger-Weiss erzählt trans aktuell-Redakteurin Ilona Jüngst, wo er weitere Chancen sieht und gegen welche Hemmnisse die Branche in Österreich kämpft.

Herr Senger-Weiss, wie lautet Ihr Umsatzziel für 2014?

Umsatz ist in der Spedition keine besonders wichtige Größe. Wir gehen aber auch 2014 davon aus, dass wir weiter wachsen werden, moderat und in erster Linie organisch. Wir haben also keine Akquisitionen geplant.

Der Landverkehr macht bei GW den größen Anteil aus. Bleibt das auch weiterhin so?

Bei uns ist Logistik immer Teil des jeweiligen Verkehrsbereiches – also auch Teil des Landverkehrs. Gemeinsam reden wir hier von 67 Prozent unseres Umsatzes und damit dem eindeutig größten Teil. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern, auch wenn die Wachstumsraten in Übersee deutlich über denen in Europa liegen.

In Deutschland haben Sie zuletzt die Esslinger Spedition Diehl übernommen. Gibt es weitere Regionen, die Sie beleben wollen?

Wir wollen natürlich in Deutschland weiter wachsen, aber nicht geografisch, sondern in den Märkten, in denen wir tätig sind. Baden-Württemberg ist das Industrie-Herz Deutschlands. Hier sehen wir noch Entwicklungsmöglichkeiten.

Wie sehen Ihre Expansionspläne Richtung Osten aus?

Wir sind in Südosteuropa ­inzwischen sehr gut etabliert und haben nun erste Schritte weiter Richtung Osten, in die Türkei und den Kaukasus getan. So haben wir 2013 in Tiflis, Georgien, in einen Logistik-Terminal investiert  und bieten damit als First Mover eine ideale Distributionsplattform für die Region auch Richtung Zentralasien an. 2014 haben wir eine Niederlassung in Istanbul eröffnet.

Wie verträgt sich diese Expansion mit dem Selbstverständnis eines  Familienunternehmens?

Wir sind als Familie seit etwa 500 Jahren in diesem Geschäftsfeld tätig. Die gewachsene Struktur und breite Wertebasis gibt uns Kraft zur Entwicklung. Wir glauben, dass wir als Familienunternehmen auch in dieser Wachstumsphase die richtige Form haben, und wollen diese auch beibehalten.

GW hat inzwischen weltweit 6.000 Mitarbeiter – wie nimmt man die mit?

Alle Mitarbeiter Teil der GW-Familie werden zu lassen wird natürlich aufgrund der Distanz und der verschiedenen Sprachen immer schwieriger. Durch einheitliche Vorgaben und Standards für operative Abläufe und Prozesse mit entsprechenden Schulungen sind die Rahmen gesetzt, ergänzt durch Kommunikation auch in der jeweiligen Muttersprache etwa über das Intranet. Wichtig sind ebenso die Integration des lokalen Managements und natürlich das Vorleben. Allerdings müssen wir uns bewusst sein, dass neue Standorte eine gewisse lokale Kultur entwickeln werden.

Sie sind Unternehmer und Vorsitzender des österreichischen Zentralverbands Spedi­tion & Logistik. Wie stehen Sie zum Thema Lang-Lkw?

Wir sind von unseren Kunden gefordert, alle Möglichkeiten auszunutzen – und wenn es in Deutschland diese Möglichkeit gibt und sie für unsere Kundenbeziehungen sinnvoll einzusetzen ist, dann unterstütze ich das.

Und in Österreich?

Österreich hat entschieden, diesen Weg nicht zu gehen, was ich sehr schade finde. Der Lang-Lkw hat seine Berechtigung in gewissen, eingeschränkten Bereichen und dort ist er eine ökologischere Transportvariante.

Wie steht Österreich als östlicher Nachbar von Deutschland zum Thema Kabotage?

Ich möchte unterscheiden: Als Spediteur bin ich dem Thema gegenüber neutral eingestellt. Für die österreichischen Transportbetriebe ist es ein sehr kritisches Thema. Aber ich bin nicht ihr Vertreter oder Sprecher und somit möchte ich mich nicht äußern. Prinzipiell bin ich ein großer Freund von Liberalisierung – wie beim Lang-Lkw sollte man sich nicht den Möglichkeiten verschließen, die gegeben sind.

Was sind dann die großen Herausforderungen der österreichischen Branche?

Die größte Herausforderung für den Standort Österreich ist, konkurrenzfähig zu bleiben. Nach dem aktuellen Logistics Performance Index der Weltbank ist unser Land inzwischen von Platz 5 im Jahr 2007 auf Platz 22 abgerutscht, parallel dazu ist Deutschland von Platz vier auf den ersten Rang aufgestiegen.

Was kritisieren Sie?

In Deutschland gibt es den klaren Fokus Logistics made in Germany. Wir sind zwar jetzt auch in Österreich mit dem Güterverkehrsplan daran, mit verschiedenen Interessensgruppen und dem Verkehrsministerium eine Strategie zu erarbeiten. Das Problem ist aber, dass die Interessen unserer Branche im Kompetenzdschungel zwischen Ministerien, den Ländern und Gemeinden auf der Strecke bleiben.

Können Sie Beispiele nennen?

Etwa im Bereich Abgabenrecht für Zollspeditionen. Sowohl für die Spedition als auch den Mitarbeiter, der persönlich für Fehler strafrechtlich haftet, gibt es deutlich schlechtere Rahmenbedingungen als in Deutschland. Es gibt zudem eine ständige Bürokratisierung und Verschärfung von Strafen, etwa im Bereich Gefahrgut, die das Arbeiten erschweren. Dafür ist das Innenministerium zuständig, das naturgemäß wenig Bezug zu unserer Branche hat. Oder das Thema Lkw-Fahrverbote, das in der regionalen Verantwortung der Gemeinden und Länder liegt. Mit dem Ergebnis, dass jeder aus Partikularinteressen Verordnungen erlässt. Langsam scheint aber auch in Österreich das Verständnis zu wachsen, dass Industrie und Handel nicht ohne eine funktionierende Logistik zu halten sind. Allein dafür lohnt es sich, weiter zu kämpfen.

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