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Flughafen Zürich mit Zeitfenstern Keine Staus mehr an der Rampe

Foto: Ilan Amith-stock.adobe.com

Geliebt und gehasst zugleich – Zeitfenstermanagementsysteme stoßen in der Branche auf ein unterschiedliches Echo. Wie der Flughafen Zürich den anliefernden Unternehmen das Ganze schmackhaft gemacht hat.

In der Transport- und Logistikbranche gibt es viele Vorbehalte gegen Zeitfenstersysteme: Der Verlader optimiert sich zu Lasten der anliefernden Unternehmen, heißt es nicht selten. Die IT-Systeme gelten als starr und unflexibel und ihre Nutzung hat nicht selten ihren Preis. Der Flughafen Zürich zeigt mit dem eingeführten Zeitfenstermanagementsystem Slot aus dem Hause Cargoclix, dass es auch anders geht.

Zur Not geht es auch (noch) ohne Zeitfenster

Zunächst wird keiner zu seinem Glück gezwungen. Wer ohne gebuchtes Zeitfenster am Airport vorfährt, wird nicht weggeschickt. Doch klar ist auch, dass eine Slot-Buchung gewünscht ist und das System genau darauf abzielt. „Eine Anlieferung nur mit fest gebuchten Zeitfenstern – das ist unser langfristiges Ziel“, betont Daniel Tanner, Leiter des Bereichs Betrieb und Prozesse am Flughafen Zürich, in einer aktuellen Case Study von Cargoclix. Was mit zur Akzeptanz beiträgt: dass die Nutzung des Systems Speditionen nicht belastet. Die anfallenden Kosten von 50 Cent je Transaktion trägt der Airport selbst. „Wir sehen das als eine Art Goodie“, erklärt Tanner. „Denn unsere Dienstleister stehen für uns immer im Vordergrund.“ Funktionierende Prozesse und ein laufendes System seien wichtiger als mögliche Einnahmen.

Stichwort Prozesse: Die haben sich seit Einführung des Systems vor etwa anderthalb Jahren deutlich verbessert. Dem Flughafen gelang es, die Rampenbewegungen besser zu organisieren und das Staugeschehen zu reduzieren. Denn gut die Hälfte der anliefernden Fahrzeuge nutzt die gleiche Durchfahrt zum Airport wie der öffentliche Verkehr. „Das System ermöglicht es uns, den Zulauf von Lkw bewusst zu steuern und damit ein Verkehrschaos zu vermeiden“, bilanziert Tanner.

trans aktuell-Symposium Rüdinger Spedition Foto: Thoams Küppers
Überzeugt von einer Slot-Steuerung: Daniel Tanner (rechts) vom Flughafen Zürich erläuterte bereits bei einem trans aktuell-Symposium im Frühjahr bei der Rüdinger Spedition die Merkmale des IT-Systems von Cargoclix. Mit im Bild: Spediteur Roland Rüdinger (Mitte) und trans aktuell-Chefredakteur Matthias Rathmann.

Ein positiver Nebeneffekt für die Fahrer: Die Wartezeiten vor Ort haben sich verkürzt – wenngleich Tanner einräumt, dass dies nicht das Hauptziel hinter der Einführung des neuen Systems gewesen sei. Was die Zeitersparnis angeht, berichtete der Flughafen-Angestellte bereits im Frühjahr bei einem trans aktuell-Symposium bei der Rüdinger Spedition in Krautheim: Ein Drittel der Sendungen brauche weniger als 15 Minuten zur Abfertigung, wie manuelle Messungen ergeben hätten.

Akzeptanz des Cargoclix-Systems hoch

Wohl nicht zuletzt Blick auf die erwähnten Benefits sei die Akzeptanz des Systems „überraschend hoch“ gewesen, bilanziert Daniel Tanner. Nur Kleinstbetriebe ohne eigene Dispo wie Hofläden, die ihre Ware selbst anliefern, täten sich anfangs schwer. „Hier gab es zunächst viele Fragen, die wir geduldig beantwortet haben“, sagt er. Insgesamt sind es rund 70 Lkw täglich, die die rund 80 Läden und 30 Gastronomie-Betriebe am Flughafen mit Lebensmitteln, aber auch allgemeinem Shopping-Bedarf, versorgen. Diese Verkehre werden im System Slot erfasst, die Lkw-Aktivitäten der Road-Feeder-Services, also der Luftfracht-Ersatzverkehre auf der Straße, sind bislang außen vor. Die Shop- und Gastro-Belieferung erfolgt über fünf Rampen direkt am Gebäude sowie über das benachbartes Parkplatzareal „Anlieferung Mitte“.

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Eine Prämisse gilt für die anliefernden Unternehmen: Wer Frischware befördert, hat immer Vorfahrt, kann sich also ein freies Zeitfenster nach Gusto wählen – bevorzugt zwischen fünf und acht Uhr morgens. Wer nicht verderbliches Frachtgut anliefert, hat weniger Auswahl, bestimmte Zeitfenster sind für ihn im System gesperrt. Buchen können Unternehmen ihre Zeitfenster bereits bis zu 90 Tage im Voraus – wovon viele offenbar auch rege Gebrauch machen. „Lieferanten von Frischeware buchen meist das komplette Quartal gleich vollständig durch“, berichtet Tanner. Das bedeutet aber nicht, dass kurzfristige Slot-Buchungen ausgeschlossen sind. Es gebe keinen Buchungsschluss, betont er. Unternehmen könnten sich ihr Zeitfenster auch in Echtzeit sichern. Und wer ohne Zeitfenster am Airport eintrifft, werde – wie erwähnt – nicht weggeschickt, aber auf die Möglichkeiten des Systems hingewiesen.

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