Die Podiumsdiskussion beim trans akutell-Symposium „Erfolgreich im Kombinierten Verkehr“ zeigt: Benchmark ist der Lkw.
Schienen führen auch über Ländergrenzen – und doch ist gerade im Kombinierten Verkehr die jeweilige nationale Auslegung von Richtlinien ein Problem, wie bei der Podiumsdiskussion im Rahmen des trans aktuell-Symposiums klar wurde. „Zum Thema Multimodalität gibt es in der EU ein ganz falsches Verständnis“, sagte auch Ralf-Charley Schultze, Präsident des Verbands UIRR, der das Vorgehen der EU-Politik im Rahmen des neuen Mobilitätspakets kritisierte – „weniger Harmonisierung geht gar nicht“. Matthias Gastel, Sprecher für Bahnpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte die Arbeit der EU-Kommission ebenfalls. Der Bahnsektor brauche nicht immer wieder einen weiteren Erkenntnisgewinn, sondern die Umsetzung der Erkenntnisse. Auch Gastgeber Carsten Hemme, Geschäftsführer von Paneuropa, hat leidvolle Erfahrungen zum Thema Europa gesammelt. In Italien setzt das Unternehmen nur noch italienische Fahrzeuge ein, „weil fremde Fahrzeuge an die Kette gelegt werden“ – etwa weil die italienischen Behörden unterschiedliche Auffassungen zum Thema Nachlauf und dem nächsten Terminal hätten. „Wir brauchen dringend eine europäische Harmonisierung“, forderte daher auch der Unternehmer.
Ob international oder national: Kein Thema beschäftigt die KV-Branche so stark wie die Qualität der Schiene. Dirk Steffes, Senior Vice President – Sales Intermodal bei DB Cargo, weiß, was Einschränkungen hier für die KV-Speditionen bedeuten. Der wichtigste Fokus muss seiner Meinung nach auf den Terminals und deren Kapazitäten liegen. So seien im Terminal München-Riem zwar Zeitfenster frei, aber eben in der nicht gerade beliebten Zeit von 23 bis 3 Uhr. Weitere Terminalfläche zu erschließen, sei aufgrund der langwierigen Planfeststellungsverfahren ein Problem. UIRR-Präsident Schultze bestätigte: „Die ganze Produktivität, die auf der Strecke erarbeitet wird, hat sich im Terminal erübrigt.“ Zwar würden auf den TEN-Netzwerken ab 2030 auch 740-Meter-Züge fahren, „man hat nur die Terminals vergessen“.
Benchmark ist der Lkw
Paneuropa-Chef Hemme sieht dringenden Platzbedarf vor allem in Ballungsräumen und erklärte das Problem der vollen Terminals auch mit den Rampenzeiten des Handels. Viele Unternehmen führen ein Slow-Rail-Konzept und schafften sich mit einer Terminalabstellung Zeitpuffer. Robert Breuhahn, Geschäftsführer des KV-Operateurs Kombiverkehr, führte an, dass es vor allem im maritimen Verkehr eine Gepflogenheit sei, Container in den Hinterlandterminals abzustellen, „weil es dort billiger ist“. Im Vergleich dazu habe der Kontinentalverkehr als Benchmark immer den Lkw. Vielleicht, so Breuhahn, sei es angesichts der unterschiedlichen Bedürfnisse notwendig, in Zukunft auch an getrennte Umschlagsanlagen zu denken. Breuhahn kritisierte zudem das verschenkte Potenzial auf der Schiene, die heute hauptsächlich für Massengüter sowie Komplett- und Teilladungen genutzt werde. Wenn die Qualität stimme und entsprechende Korridore ausgebaut würden, wäre auch wieder Stückgut denkbar. Dafür brauche es aber die Unterstützung der Politik. Dies sei etwa die Staatspolitik Österreichs, was auch die Preise der ÖBB erkläre.
Grünen-Bahnpolitiker Gastel bestätigte, dass Infrastrukturinvestitionen die wichtigste Handhabe seien. Der Güterverkehr auf der Schiene leide aber darunter, dass der Personenverkehr das System lahmlege und der KV dadurch auch aus dem Fokus der Politik rücke. Sie spüre aus dem Personenverkehr mehr Druck. Die Wählerschaft honoriere nicht die wichtige Rolle des Güterverkehrs für den Klimaschutz. Laut Gastel müssen alle daran arbeiten, einen höheren Stellenwert der Bahn zu erreichen, mit einer entsprechenden Finanzierung der Infrastruktur als Folge. Dirk Steffes von DB Cargo ist indes auch der Meinung, dass in der Diskussion um das Thema Schiene mehr Ehrlichkeit notwendig sei und die Frage lauten sollte, was auf der Schiene überhaupt alles möglich sei. Denn zum einen sei der KV zwar eine Alternative zum Lkw, könne aber auch nicht alle Probleme im Güterverkehr lösen. Zum anderen sei auch nicht jede Bahn in der Lage, ausreichend Geld zu verdienen. „Fast alle größeren Frachteisenbahnen in der EU sind heute wieder verstaatlicht“, sagte Steffes. Und auch Verlader müssten das System so annehmen, wie es sei, und etwa auch mal andere Zeitfenster als gewohnt anbieten oder es akzeptieren, dass nicht alle Ware schnell komme. „Dann sind auch die Operateure und Eisenbahnunternehmen in der Lage, Trassen und Terminals effizienter zu bedienen.“