Branchenvertreter werben erneut für den Einsatz von Gas-Lkw und fordern eine Verlängerung der Förderung. Derweil erneuert Daimler seine Kritik am Oberleitungs-Lkw.
Ungeachtet der Irritationen um Gas-Lkw: Die Deutsche Post DHL investiert in großem Stil in die von vielen als Brücke bezeichnete Antriebstechnologie. Auch die Verbände sind vom Nutzen der Gas-Lkw überzeugt und wollen an ihrer Förderung festhalten. Wie bei CNG und LNG hält auch die Kontroverse um Oberleitungs-Lkw an, wie die 2. Konferenz Nutzfahrzeuge des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) am Dienstag zeigte.
DHL Freight erwirbt 100 LNG-Lkw
„Die Mautbefreiung auf Bio-LNG sollte bestehen bleiben“, sagte Uwe Brinks, CEO von DHL Freight, an die Adresse von Staatssekretär Steffen Bilger (CDU) aus dem BMVI. Brinks kündigte an, dieses Jahr 100 mit Biomethan angetriebene Gas-Lkw zu beschaffen. Groß ist das Interesse seines Hauses auch bei Elektro-Lkw, die aber für den Fernverkehr noch nicht verfügbar sind. In der Paketzustellung hat die Deutsche Post DHL bereits 15.000 batterieelektrisch angetriebene Transporter im Einsatz. „Diese Flotte werden wir bis 2025 auf 37.000 Einheiten erweitern“, kündigte Brinks an.

Bis 2030 soll dann 60 Prozent der Firmenflotte im Konzern mit Strom unterwegs sein. „Ich bin der festen Überzeugung: Das geht auch im Segment der 7,5-Tonner“, sagte der DHL Freight-Chef. In Schweden läuft bereits ein Praxistest mit einem Volvo FH im Schwerverkehr, das Fahrzeug ist elektrifiziert und als Lang-Lkw unterwegs. Brinks kündigte an, sich bei der Elektrifizierung des Fernverkehrs auch mit Iveco-Chef Gerrit Marx auszutauschen, der zuvor die Pläne seines Unternehmens mit Batterien und Brennstoffzellen präsentierte. „Sie sind einer unser wichtigsten Lieferanten. Ich denke, wir sollten gemeinsam auch die Mittel- und Langstrecke ausprobieren“, sagte Brinks.
Wie Brinks sprachen sich auch DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster und BGL-Vorstandssprecher Prof. Dirk Engelhardt für eine Berücksichtigung von (Bio-)Gas-Lkw bei der Förderpolitik des Bundes aus. Beide bezeichneten LNG-Lkw als niedrig hängende Früchte, die leicht zu ernten seien, weil bereits in Serie verfügbar. Zurzeit gibt es für diese Fahrzeuge keine Zuschüsse mehr, Ende 2023 läuft die Mautbefreiung aus.

Ähnlich kontrovers wie Gas-Lkw wird weiterhin die Oberleitung diskutiert. Daimler Truck-Chef Martin Daum erneuerte seine grundsätzliche Kritik an dieser Antriebstechnologie. „Wir halten den Oberleitungs-Lkw für einen Irrweg, für eine Verschwendung von Ressourcen und von Staatsmitteln“, sagte Daum und bekräftigte die Zwei-Säulen-Strategie seines Hauses. Säule eins ist der rein batterieelektrische Lkw. Der eActros geht nach zweijähriger Erprobung bei den Kunden im zweiten Halbjahr in Wörth in die Serienfertigung. Säule zwei ist der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Lkw. Ein Prototyp ist aufgebaut und in Wörth in der Erprobung.

Der eActros von Logistik Schmitt wird für Vergleichszwecke ebenfalls am dritten Oberleitungs-Feldversuch in Deutschland mitwirken. Die betreffende Teststrecke im Murgtal wird am 28. Juni eröffnet. „Wenn der Oberleitungs-Lkw dann seine ersten Gehversuche macht, muss er zwei Jahre Zeit aufholen“, erklärte Daum – so lange ist der eActros schon in den Flotten. Allerdings ist die erste Teststrecke für Oberleitungs-Lkw auf der A5 in Hessen auch schon seit zwei Jahren in Betrieb.
Rhenus: Mehr Reichweite der Oberleitungs-Lkw sinnvoll
Darauf verkehrt auch ein Lkw mit Stromabnehmer der Rhenus-Tochter Contargo. „Die Ergebnisse sind sehr erfreulich“, sagte Rhenus-Geschäftsführer Michael Viefers. Wo er allerdings noch Verbesserungsbedarf sieht, ist bei der Reichweite außerhalb der Oberleitung. „Aktuell bleiben dann noch etwa 10 bis 15 Kilometer“, erklärte er. Wünschenswert für Einsätze im Kombinierten Verkehr seien Reichweiten von 40 bis 50 Kilometer, ohne dass dafür Strom von oben fließen muss. „Den Strom kriegen wir in das Fahrzeug rein, dann müssten wir doch auch größere Batterien reinkriegen“, sagte Viefers.

Dabei dürfte er bei Siemens Mobility, den Elektrifizierern der Strecken, auf offene Ohren stoßen. Das Unternehmen hatte in der Vergangenheit erklärt, dass die nächste Generation dieser Fahrzeuge auch über eine höhere Batterieleistung verfügen wird. Was Michael Peter, CEO von Siemens Mobility, aber offiziell bei der BMVI-Konferenz verkündete: dass Siemens im Sinne einer Industrialisierung dieser Lkw die Stromabnehmer künftig von einem Zulieferer beziehen wird. „Das macht die Sache wirtschaftlicher und ermöglicht größere Stückzahlen.“
Außerdem kündigte Peter an, dass die Suche nach einem längeren Korridor für Oberleitungs-Lkw eröffnet ist. Ein 100-Kilometer-Korridor wird demnach in den Ländern, in denen bereits Feldversuche laufen, und auch in Bayern geprüft. Bei der Identifikation einer solchen Strecke sollen auch die Mautdaten helfen, die der Bund künftig auch Zwecke des Mautkontrolle, aber auch des Verkehrsmanagements nutzen kann.