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E-Lkw in der Logistik von Aldi Süd Leise und emissionsfrei zu den Filialen

Foto: Wolfgang Grube 7 Bilder

Aldi Süd setzt seit etwa eineinhalb Jahren einen E-Lkw in der Logistik im Ruhrgebiet ein. Bislang zieht der Discounter ein positives Zwischenfazit.

Leise und emissionsfrei – so könnte die Zukunft in der Logistik bei Aldi Süd aussehen. Den ersten Schritt dazu hat der Discounter bereits getan. Im September 2018 schaffte Aldi Süd einen 40-Tonnen-E-Lkw mit Kälteaggregat an, zunächst für den Testbetrieb. Seit Februar dieses Jahres ist das Fahrzeug im Dauereinsatz, und zwar für die Filialdistribution im Ruhrgebiet an 50 Standorten. Fahrer Rüdiger Rüttgers ist mit dem E-Lkw seit September 2018 im Ruhrgebiet unterwegs. Rüttgers beliefert Filialen in Oberhausen, Mülheim, Duisburg und Bottrop bis an die Grenze zu Aldi Nord in Essen – meist unterteilt in mehrere Tagestouren.

„Neu ist das Fahrgefühl bergauf“

Bei dem E-Lkw handelt es sich um einen Lkw der Marke MAN, den das Unternehmen Framo umgerüstet hat. „Ich musste mich zunächst an den E-Lkw gewöhnen“, erzählt Rüttgers gegenüber trans aktuell bei einer Probefahrt von Mülheim zu einer Aldi-Filiale nach Duisburg. Allein die Geräuschkulisse ist eine völlig andere als bei herkömmlichen Verbrenner-Lkw. „Man nimmt in der Fahrerkabine plötzlich Fahrbahngeräusche wahr, die vorher völlig unbekannt waren und vom Dieselmotor übertönt wurden“, erzählt Rüttgers. In der ersten Zeit ungewohnt war auch, dass der E-Lkw im Gegensatz zum Diesel rasant beschleunigt, auch bei beladenem Trailer. „Ebenso neu ist das Fahrgefühl bergauf“, so Rüttgers. „Geht man beim Diesel bergauf kurz vom Gas, wird es schwer mit der Beschleunigung.“ Beim E-Lkw ist dies problemlos möglich. Fährt der E-Lkw allerdings mit der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h auf der Autobahn, erzeugt der E-Motor einen hohen Dauerton, der durchaus als unangenehm empfunden werden kann. Ganz anders dagegen bei einer Fahrt mit 20 km/h: Hier fährt der E-Lkw so leise wie ein Fahrrad. Angetan ist der Fahrer vor allem von der enormen Laufruhe und der gleichmäßigen Beschleunigung ohne Schaltunterbrechungen.

Reichweite bis zu 130 Kilometer

Abhängig vom Gewicht der Ladung und ihrem jeweiligen Kühlbedarf beträgt die Reichweite dem Fahrer zufolge zwischen 100 und 130 Kilometer. Dr. Martin Stenmans, Logistics Manager bei Aldi Süd, zieht ein positives Zwischenfazit: „Der E-Lkw ersetzt einen Diesel-Lkw am Standort zu 100 Prozent.“ Im stark verdichteten Ruhrgebiet sind die Distanzen gering. Daher kann der E-Lkw alle Touren fahren. Bisher funktioniert der E-Lkw zuverlässig. „Größere Störungen gab es noch nicht“, berichtet Rüttgers. Auch das Kälteaggregat, ein Iceland 18 Twincool von Carrier Transicold, funktioniert bislang reibungslos. Das Kälteaggregat liefert die gewünschte Kälteleistung und ist nach Aussage von Stenmans sehr leise. Während der Fahrt und auch im Stand erzeugt es maximal ein leises Summen.Seine Stromladung erhält der Lkw über eine Schnellladesäule mit einer Leistung von 150 Kilowatt. Hierbei handelt es sich um 100 Prozent Grünstrom aus erneuerbaren Energien wie beispielsweise eigenen Fotovoltaikanlagen.Würde Aldi Süd eine weitere Ladesäule mit 150 kW auf dem Betriebshof installieren und betreiben wollen, würde das sehr teuer werden, erklärt Stenmans. Dann müsste die elektrische Infrastruktur wie etwa die vorhandenen Trafos ausgebaut werden. „In diesem Punkt lernen wir sehr schnell die Grenzen der E-Mobilität bei uns kennen.“ Die anfänglichen „Kommunikationsprobleme“ zwischen Ladesäule und der Batterie des E-Lkw habe der Projektpartner Framo schnell in den Griff bekommen, betont Stenmans. Insgesamt hätten sich die technischen Probleme jedoch sehr in Grenzen gehalten. „Wir sind begeistert von dem E-Lkw.“ Da könne er auch für die Fahrer sprechen.

Foto: Wolfgang Grube
Seine Stromladung erhält der E-Lkw über eine Ladesäule mit einer Leistung von 150 Kilowatt.

CO2-Reduktion

Doch warum schafft sich Aldi Süd überhaupt einen E-Lkw an? Bei den Diesel-Lkw des Bestandsfuhrparks sind die Möglichkeiten bei der CO2-Reduktion begrenzt. Quantensprünge sind gar ausgeschlossen. Nachhaltigkeit im Fuhrpark sei zudem nur möglich, indem neue Technologien getestet werden. Auch deshalb hat sich Aldi Süd für Tests mit dem E-Antrieb entschieden. Als weiteren Beweggrund gibt Stenmans an, bei der Lösung der Stickoxidproblematik in den Städten zu helfen. Im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie sieht Stenmans noch weitere Optimierungsmöglichkeiten, zum Beispiel CNG. Auch wenn der umgerüstete E-Lkw in der Anschaffung das Vielfache eines herkömmlichen Diesel-Lkw kostet, sieht Stenmans in diesem Engagement keinen Widerspruch zu den ökonomischen Zielen des Unternehmens. Im Gegenteil: „Die Nachhaltigkeitsstrategie von Aldi Süd ist tief im Unternehmen verankert und hat auch den Klimaschutz zum Ziel“, erklärt Stenmans. Natürlich soll der E-Lkw auch auf die Marke Aldi Süd einzahlen. Ein Ziel des Discounters ist es, die Nachhaltigkeitsstrategie im Bewusstsein der Kunden zu verankern. So ist die Aufmerksamkeit der Kunden jeweils groß, wenn der E-Lkw mit dem auffälligen Trailer bei den Filialen vorfährt.

Optimierung im Vorlauf

Fahrer Rüttgers berichtet von einigen Kunden, die das Gespräch suchen. Auf anderen Logistikstufen sieht Stenmans noch weitere Optimierungsmöglichkeiten, insbesondere im Vorlauf. So bringt ein Teil der Lieferanten in den unterschiedlichen Regionen Deutschlands die Waren zunächst einmal gebündelt in ein vorgelagertes Lager, auch Quellgebietslager genannt. Dies hat den Effekt, dass der Lieferant in diese Lager immer mit vollen Lkw fährt. Von dort aus fahren wiederum volle Lkw in die Logistikzentren von Aldi Süd. Bei der Verteilung der Waren in die Filialen sieht das Logistikkonzept eine optimale Tourenplanung, wenig Leerfahrten und eine hohe Auslastung vor. Eine flächendeckende Ausrollung mit E-Lkw plant Aldi Süd momentan jedoch nicht. Ein Grund dafür ist der Preis, es gibt aber noch einen weiteren: Nämlich, dass die Anlieferung bei vielen Filialen von 22 bis 6 Uhr grundsätzlich verboten ist – auch für die leisen E-Lkw. Das liegt an einem komplizierten juristischen Gemengelage zwischen Bund, Länder und Gemeinden. „Wir hoffen, dass wir hier auf politischer Ebene doch noch zu einer Lösung kommen“, erklärt der Logistics Manager.

Der E-Lkw

  • Akkukapazität: 260 kWh
  • Mehrgewicht durch Akku: rund 1,5 t
  • Radstand: 3.900 mm
  • Ein-Gang-Getriebe
  • Höchstgeschwindigkeit: abgeregelt bei 80 km/h
  • Länge (inklusive Auflieger): 16,5 m
  • Zusätzliche Aufrüstung: On-board-Ladegerät ermöglicht Aufladen über 22 kW-Anschluss

Die Alternative

Aldi Süd setzt auch CNG-Lkw ein

  • Testlauf seit 2018, Dauer: fünf Jahre
  • Ziel: CO2 einsparen
  • CNG-Lkw: Modell Iveco Stralis NP, 400 PS
  • Einsatz bei Regionalgesellschaften in Ballungsräumen mit hohen Stickoxid-Werten: Düsseldorf, Frankfurt am Main, Stuttgart und München
  • Belieferung von bis zu acht Filialen täglich
  • Verbrauch: 24 Kilogramm CNG pro 100 Kilometer
  • Betankung mit bis zu 130 Kilogramm CNG möglich
  • Transport von Trockensortiment und Kühlwaren
  • Kühlanlagen des Essener Herstellers Frigoblock
Lager Foto: Wolfgang Grube
Vom Logistiklager in Mülheim aus werden 53 Filialen beliefert.

Das Unternehmen

  • Aldi Süd hat 30 Regionalgesellschaften in West- und Süddeutschland
  • Jede Regionalgesellschaft ist für etwa 50 bis 70 Filialen verantwortlich
  • rund 1.910 Filialen insgesamt
  • etwa 1.600 Basisartikel und etwa 110 Aktionsartikel in jeder Filiale
  • rund 47.100 Mitarbeiter in Deutschland
  • Rund 148.900 Mitarbeiter weltweit
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