Project-Asia 36.000 Kilometer im Magirus

Abenteuer FERNFAHRER 11-2010, Project-Asia - mit einem Magirus Deutz 170 D 11 von Darmstadt nach Singapur Foto: Jan Riedel 48 Bilder

Mit einem alten Magirus Deutz 36.000 Kilometer von Darmstadt nach Singapur – für
Esther Krings und Jan Riedel das Abenteuer ihres Lebens.

Wohnung zum nächsten Ersten gekündigt, vom Arbeitgeber freigestellt und los geht’s auf eine unglaubliche Reise. Fast, denn leider ist das Reisegefährt, die „Feuerwehr“ – ein 35 Jahre alter Magirus Deutz 170 D 11 FA –, noch nicht so weit. Doch egal, um die Feinheiten des Innenausbaus muss sich eben einfach unterwegs noch irgendwo gekümmert werden. Am 7. April 2009 starten Esther Krings und Jan Riedel ihr „Project-Asia“: die Fahrt vom heimischen Darmstadt quer und längs durch den Orient und Asien nach Singapur.

Den Magirus gibt es auf Ebay - der Innenausbau ist Eigenleistung

Was ein lang gehegter Traum des IT- und Wirtschaftsingenieurs und der Wellnesstherapeutin war, nimmt im Winter 2006 mit dem Spontankauf des Schweizer Magirus bei Ebay Fahrt auf und entwickelt sich zu einer Mischung aus Abenteuertrip und rollendem Hilfsprojekt. „Unser Gedanke war immer, dass wir, die sich den Luxus so einer Sache leisten können, damit versuchen wollen, anderen Menschen zu helfen“, erklärt Jan seine Beweggründe. Gesagt, getan: Nach über 1000 Stunden Innenausbau, inklusive Fußboden- und Wandheizung – die Tour führt schließlich auch in den Himalaja – und Außenrenovierung, brummt der 170 PS starke Oldie mit den beiden Weltenbummlern und verschiedenen Hilfsgütern an Bord los. Im Gepäck befinden sich unter anderem Reflektorbleche für einen Solarkocher in einem SOS-Kinderdorf in Kathmandu, Geh-Hilfen für körperlich behinderte Kinder in einem Heim im nordindischen Leh sowie 100 Paar nagelneue Socken für Kinder in einem Hostel, ebenfalls in der Nähe von Leh, in dem auch das Patenkind von Esther und Jan lebt. Für ihre Tour gründeten die beiden außerdem den gemeinnützigen Verein pro-asia e. V. und konnten im Vorfeld 35 Sponsoren für ihre Idee gewinnen.
Durch Österreich, Slowenien, Serbien und Bulgarien geht es zunächst in die Türkei, wo Jan den Innenausbau komplettiert. Danach weiter in den Iran. „Bei diesem ersten ,echten‘ Grenzübertritt hatten wir das Gefühl, jetzt geht’s richtig los“, erinnert sich Esther. „In allen islamischen Ländern überhäufte man uns mit Gastfreundschaft, auch wenn es manchmal etwas mühselig war, da wir eigentlich nur halten und schlafen wollten, aber zur Attraktion des ganzen Dorfes wurden und damit keine Ruhe mehr hatten.“ In Erinnerung bleibt auch der Preis für den Liter Diesel: umgerechnet 1,5 Eurocent. Mit der letzten iranischen Tankfüllung rollt die Feuerwehr fast 3000 Kilometer durch Turkmenistan und Usbekistan.

Im Himalaja stehen 5000er an - der Magirus schlägt sich tapfer

Dort beeindruckt die Natur mit Bergen, grünen Wiesen und glasklaren Seen in ihrer schönsten Form. Und auch die Temperaturen sind wieder erträglich, nachdem in den Wochen zuvor bis zu 41 Grad Celsius an der Tagesordnung waren. Doch wie geht es nun weiter? Die Einreise nach China gestaltet sich für Fahrzeuge aus dem Westen nicht so einfach. Es braucht Genehmigungen und eine festgeschriebene Route samt chinesischem Guide. Das Ganze ist kostspielig und muss eigentlich schon Monate im Voraus gebucht sein. Die beiden haben Glück: Sie können sich zwei Landsleuten anschließen, die im VW-Bus unterwegs sind und alle Genehmigungen besitzen. Gebühren, Guide und Wegstrecke geteilt – neue Freunde gefunden. Es geht auf der Hochebene am Fuße des Himalaja vor einer beeindruckenden Bergkulisse mit 7000ern entlang, weiter nach Tibet. Dort besuchen die Reisenden den Mt. Kailash, den heiligsten Berg der Buddhisten, und kommen bei Mönchen in einem entlegenen Kloster unter: „Eines der schönsten Erlebnisse“, erinnert sich Jan. In Tibet stehen auch die ersten Pässe über 5000 Meter auf der Route, die der alte Magirus Deutz dennoch ganz tapfer hinaufschnaubt.
Von dort oben geht es wieder hinab ins 1200 Meter tief gelegene Kathmandu-Tal in Nepal. Dort treffen Esther und Jan ihren Freund Visma. Der Nepalese, den sie über Freunde in Deutschland kennengelernt haben, leitet in Pokhara ein Waisenhaus und hat für die nahe Zukunft große Pläne: Er möchte ein eigenes Kinderdorf für 125 Kinder bauen. pro-asia e. V. unterstützt dieses Projekt.

Indien, Nepal, Laos, Tahiland, Kambodscha, Singapur - die Route liest sich beeindruckend

Das nächste Etappenziel ist das nordindische Leh, wo sich 100 Kids über die, passend zum Transportfahrzeug, knallroten Socken freuen. Als Nächstes kämpfen sich Menschen und Maschine auf dem Weg nach Kashmir über den Khardungla – laut offiziellen Angaben mit 5602 Metern der höchste befahrbare Pass der Welt. Das On-Board-GPS im Magirus sagt, er sei „nur“ 5356 Meter hoch. Egal, denn da in der Nacht Schnee die Landschaft eingepudert hat, ist die Überquerung des Passes in jedem Fall abenteuerlich, sie läuft aber glatt.
In der indischen Millionenstadt Delhi machen Jan und Esther dann zum ersten Mal Bekanntschaft mit wirklich haarsträubendem Straßenverkehr. Alles, was Räder und Beine hat, ist auf der Straße unterwegs. „Überladen“ scheint eine Art Nationalsport zu sein, und wer nicht im wilden Strudel auf der Piste mitschwimmt, hat schlechte Karten. Zu allem Überfluss ist der Simmerring an der Vorderachse leck und es braucht mangels qualifizierter Werkstatt eine selbst gemachte Not-OP an der offenen Achse mitten auf der Straße. Von einem Besuch des wunderschönen indischen Wahrzeichens, dem Taj Mahal, hält der Zwischenfall die beiden allerdings nicht ab.


Der Rückweg führt die Feuerwehr erneut nach Nepal, wo Jan und Esther die Reflektorbleche für den Solarkocher an ihrem Bestimmungsort abliefern, aufbauen und den Frauen vor Ort im Kinderdorf Kavre die Funktion erklären. Währenddessen machen sich die beiden viele Gedanken um die Weiterfahrt. Denn um auf dem direkten Weg nach Südostasien zu kommen, müssten sie Myanmar, auch bekannt als Burma, durchqueren. Doch aufgrund der vielen Auflagen fällt die Wahl auf die Route über China nach Laos. Dieses Mal sind sie die Erfahrenen, haben eine zuverlässige Reiseagentur an der Hand und können anderen – unterwegs mit VW-Bus und Motorrad – weiterhelfen. Im mittlerweile frostigen Himalaja wird der beheizbare Wohnaufbau des Magirus regelmäßig zum Mini-Hotel für die ganze Gruppe.
Wenige Wochen später denken die Weltenbummler stark schwitzend an das kühle Tibet zurück, denn bei tropischer Hitze setzen sie in Laos per Fähre über den Mekong nach Nord-Thailand über, von wo aus es nach Kambodscha weitergeht. Hier locken nicht nur die sagenhaften Tempelanlagen von Angkor Wat – der Magirus ist leider 15 Zentimeter zu breit, um ins Innere der Anlage zu fahren, und muss draußen warten –, sondern auch der Strand am Golf von Thailand. Dort, mit kristallklarem Wasser vor der mobilen Haustür und einem Seafood-Restaurant in selbsterwählter Nachbarschaft, lässt es sich einige Tage leben, bevor Jan und Esther sich auf den Weg nach Bangkok machen. Von den Unruhen, die Thailand im Frühjahr dieses Jahres erschüttern werden, ahnt noch niemand, als sie ihr Gefährt für einen Vier-Tage-Tauchtrip zu den Similan-Inseln zum ersten Mal seit Reisebeginn aus den Augen lassen.
Dass bald der Anlasser seinen Dienst versagt und sich so kurz vor dem Ziel noch die erste kritische Panne einstellt, wissen sie da auch noch nicht. Ankerglocke abgerissen – Totalschaden. Die Ersatzteilbeschaffung würde Wochen dauern, eine kleine Katastrophe. Doch die Thai haben zum Glück keinen größeren Respekt vor dem Problem und schweißen das Ding einfach wieder zusammen. Und als das Reisemobil in den Hafen von Singapur einrollt und damit nach 426 Tagen und exakt 36.094 Kilometern am Ziel ankommt, sind alle Strapazen sowieso vergessen.


Das "Project-Asia" war Teil des gemeinnützigen Vereins pro-asia e.V.  der weiterhin besteht. Alle Infos und Kontakt zu den beiden Weltenbummlern gibt es hier  und die Fotoshow zeigt die ganze Reise in beeindruckenden Bildern.

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