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Weleda baut in Schwäbisch Gmünd Logistik-Campus ist bald fertig

Weleda Logistik-Campus Foto: Michelgroup 8 Bilder

Wände aus Lehm, Hochregale aus Holz und viel Platz für Biodiversität: Der Weleda Logistik-Campus in Schwäbisch Gmünd ist kurz vor der Fertigstellung und soll ein Aushängeschild für nachhaltiges Bauen sein.

Was Weleda, Hersteller von Naturkosmetik und anthroposophischen Arzneimitteln, im Gewerbegebiet von Schwäbisch Gmünd baut, folgt dem Motto des Unternehmens „Tue Gutes, sprich darüber und halte ein, was du gesagt hast“. Das betont Projektleiter Karl-Heinz Türk gegenüber Eurotransport.de. Der neue Weleda Logistik-Campus im Abschnitt Gügling Nord IV ist das Vorzeigeprojekt des Schweizer Unternehmens, das seine größte Niederlassung in Schwäbisch Gmünd hat.

Bis Ende März soll der Neubau fertig sein, im Juni beginnt die Ramp-up-Phase – wenn alles nach Plan läuft. „Verzögerungen sind einkalkuliert“, sagt Türk, der das Bauvorhaben seit Planungsbeginn im Jahr 2019 gemeinsam mit Daniela Trah begleitet. Trah verantwortet als Projektleiterin bei Weleda die Logistik, Türk den Bereich Infrastruktur.

20 bis 30 Prozent höhere Kosten sind einkalkuliert

Was auf dem Gügling entsteht, habe Pioniercharakter. 20 bis 30 Prozent höhere Kosten als bei der herkömmlichen Bauweise sind einkalkuliert. Das Investitionsvolumen liege im höheren zweistelligen Millionenbereich. „Auf die Zeit wird sich das rechnen“, sagt Türk. 72.000 Quadratmeter misst das gesamte Areal, nur rund 20 Prozent werden bebaut. Raum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen der Region: Streuobstwiesen, eine Wachholderheide, Bienen und Vögel sollen die Brachfläche im Laufe des Jahres in ein grünes Paradies verwandeln.

Insgesamt drei Gebäude baut Weleda: das Verwaltungsgebäude, das Funktionsgebäude mit Wareneingang bis Warenausgang sowie das Hochregallager. Alle drei haben eine Photovoltaikanlage auf dem Dach, am Funktionsgebäude sitzen die Module auch an den Fassaden Süd-Ost und Süd-West. Bei den Bauten achtet das zuständige Architekturbüro – die Michelgroup aus Ulm – auf ausreichend Tageslicht und eine nachhaltige Bauweise.

Regale des Hochregallagers sind aus Holz

Die Highlights liefert die Natur: Die gesamten Regale des Hochregallagers bestehen aus Holz, was es in dieser Größe laut Daniela Trah bisher noch nicht gibt. 17.200 Paletten finden darin Platz. Die Außenwände des Hochregallagers haben eine acht Meter hohe Stampflehmwand. Diese Bauweise ist bei einem Logistikzentrum bisher nicht erprobt. „Wir gehen schon ein Risiko ein“, sagt Trah. Die Festigkeit sei aber geprüft, Kalkringe zwischen den einzelnen Lehmschichten sorgen für Halt.

Weleda Logistik-Campus, Stampflehm Foto: Weleda
Die acht Meter hohe Stampflehmwand des Hochregallagers mit Kalkringen zwischen den einzelnen Lehmschichten.

Der verwendete Lehm kommt direkt aus der Baugrube und wurde vor Ort aufbereitet. Als Vorbild dient der Neubau der Versöhnungskirche in Berlin. Sie ist aus Holz und Lehm gebaut. Innovationen aus ursprünglichen Materialien, das passt zum Weleda-Slogan „Im Einklang mit Mensch und Natur“.

Dieser Einklang ist spürbar. Von der oberen Etage des Verwaltungsgebäudes aus geht der Blick ins Grüne – bei klarer Sicht bis zu den drei Kaiserbergen der Schwäbischen Alb. Die Mitarbeitenden können künftig den rundum laufenden Balkon für Meetings nutzen oder einfach so frische Luft schnappen. „Meet in Green“, nennt Türk das.

Die Leistungen der Natur nutzen

Der Unterbau aus Stahlbeton oder die mit Lehm verputzten Wände des Hochregallagers sorgen im Sommer für Kühle und Schatten. „Wir nutzen die Leistungen der Natur“, sagt Türk. Lüftung, Klimaanlage und eine Fußbodenheizung – betrieben durch Geothermie – gibt es dennoch. In einem ersten Schritt beziehen rund 13 Mitarbeitende die Schreibtische im Verwaltungsgebäude. Aber der Platz reicht in der geplanten Open-Space-Fläche für mehr Personen.

Natürliches Licht spenden das Atrium im Verwaltungsgebäude und die vielen Fenster. Für das zweistöckige Gebäude verwendet Weleda Weißtanne- und Lärchenholz aus dem Schwarzwald und Österreich. Holz, wohin das Auge reicht. „Aber das ist noch wenig im Vergleich zum Hochregallager“, sagt Trah. Insgesamt wurden 1.700 Kubikmeter Holz verbaut.

Über einen Tunnel oder oberirdisch gelangen die Mitarbeitenden vom Verwaltungs- ins viergeschossige Funktionsgebäude. Der Boden ist dort aus Beton. Das müsse sein, wegen der Gewichte.

Auf jeder Etage Büroboxen mit Fensterfront

Im zweiten Obergeschoss befindet sich die Einzel- und Aktionskommissionierung von Naturkosmetik- und Arzneiprodukten. Fahrerlose Transportsysteme bringen die Produkte an die Arbeitsplätze, wo die Mitarbeitenden sie verpacken. Anschließend werden die Pakete zum Warenausgang oder eine Etage tiefer zur Konsolidierung befördert. Auf jedem Stockwerk befinden sich Büroboxen mit großer Fensterfront für die Mitarbeitenden.

Der Blick fällt nach unten auf den Ladehof, der extra abgesenkt angelegt wurde und von Mauern umgeben ist, die dem Lärmschutz dienen. „Dadurch sind die Lkw nicht mehr so sichtbar“, sagt Türk. An den acht Ladetoren finden in der Startphase 40 An- und Abfahrten täglich statt. Weleda arbeitet mit regionalen Spediteuren wie Ludwig Häberle aus Schwäbisch Gmünd und den gängigen KEP-Dienstleistern zusammen.

Im ersten Obergeschoss befinden sich rund 500 Palettenstellplätze. Sie werden zu Beginn noch nicht alle belegt sein. Aber der Bau sei auf Wachstum ausgerichtet. Denn nachdem Weleda 2022 in die roten Zahlen gerutscht ist, wachse das Unternehmen seit dem vergangenen Jahr wieder.

Der Mensch ist flexibler als Technik

Ergonomische Arbeitsplätze erleichtern den Mitarbeitenden das Paletten-Handling. „Die Arbeitsbereiche sind bewusst nicht vollautomatisch“, sagt Trah. Denn der Mensch sei flexibler als Technik. „Außerdem können wir die Kundenbedürfnisse so besser erfüllen.“ Über eine verglaste Brücke gelangen die Paletten auf einem Fließband ins Hochregallager. 360-Grad-Blick für Paletten? „Die Paletten haben eigentlich den schönsten Arbeitsplatz“, sagt Trah mit einem Augenzwinkern.

Weleda Logistik-Campus, Hochregallager aus Holz Foto: Weleda
Die Regale im vollautomatisierten Hochregallager sind aus Holz.

Das bestätigt sich im vollautomatisierten Hochregallager. Dem „Palast aus Holz“, wie Türk ihn nennt. Visuelles Highlight sind die Regalbediengeräte, die nach den Weleda-Duschgelen Energy, Harmony, Love und Relax benannt und bemalt sind. Im Erdgeschoss des Funktionsgebäudes befinden sich Warenein- und -ausgang, die Ladetore sowie die Entsorgungszone. Drei Fahrerlose Transportsysteme (FTS) stehen bereit. Sie werden gerade getestet. Auch hier: viel Tageslicht. „Wir denken dabei immer an die Mitarbeitenden“, sagt Trah. Und an die Tiere: An der Außenfassade des Hochregallagers wurden Nistkästen für die Vögel der Region, speziell für Mauersegler und Wanderfalken, angebracht.

Weleda will mit dem Neubau Vorbild für andere Unternehmen sein. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) sieht das offenbar schon so und hat dem Logistik Campus schon vor Fertigstellung das Vorzertifikat in Platin für eine besonders nachhaltige Bauweise verliehen. Die Verantwortlichen hoffen auf weitere Auszeichnungen dieser Art. Das könnte mit dem „Palast aus Holz“ durchaus klappen.

Das Unternehmen

  • Weleda wurde von Rudolf Steiner und Ita Wegmann nach anthroposophischen Grundsätzen gegründet
  • 100-jähriges Jubiläum im Jahr 2021
  • Aktiengesellschaft nach schweizerischem Recht mit Hauptsitz in Arlesheim bei Basel
  • CEO: Tina Müller (seit Oktober 2023)
  • Rund 2.500 Mitarbeitende weltweit
  • Jahresumsatz 2022: 413,8 Millionen Euro

Der Logistik-Campus

  • Spatenstich im September 2021
  • Gesamtfläche Areal: 72.000 Quadratmeter
  • Gebäudegrundfläche: 10.150 Quadratmeter
  • Drei Gebäude und 70 Parkplätze
  • Architekturbüro: Michelgroup (Ulm); Nachhaltigkeitsplanung: Transsolar Energietechnik (Stuttgart)
  • Testphase ab Juni 2024
  • Vorerst rund 13 Mitarbeitende in der Verwaltung, rund 50 Mitarbeitende im Lager
  • Die gesamte Anlage kommt ohne Gas aus
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