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Shipzero misst Emissionen CO2-Ausstoß als Wettbewerbsfaktor

Rinnen, Tankcontainer Foto: Rinnen, Adobe Stock - Christian Horz; Montage: Marcus Zimmer

Das Start-up Shipzero misst über eine Datenplattform die CO2-Emissionen entlang der gesamten Lieferkette. Wie das bei der Spedition Rinnen genau funktioniert.

Tobias Bohnhoff und Mirko Schedlbauer hatten schon lange einen Traum. Sie wollten „einen Arbeitsplatz mit Impact“ schaffen. So formuliert es Bohnhoff im Gespräch mit Eurotransport.de. Das ist ihnen mit ihrem Start-up Shipzero offenbar gelungen. Über eine Datenplattform werden die Emissionsdaten von Transport- und Logistikunternehmen entlang der gesamten Lieferkette gemessen. Ein Geschäftsmodell, das immer stärker nachgefragt wird – dank der ab 2024 ausgeweiteten EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und einem generell wachsenden Interesse von Kundenseite. Die Kundschaft besteht laut Bohnhoff aus Logistikdienstleistern und Verladern.

„Wir sind zufrieden mit unserem Wachstum und die Nachfrage zieht weiter an“, sagt Bohnhoff, der gemeinsam mit Schedlbauer die Geschäftsführung bildet. Im Gegensatz zu vielen anderen Start-ups der Branche, bei denen es aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Situation kriselt, läuft es bei Shipzero. Was Pitches und Preisverleihungen angeht, sind die Hanseaten eher zurückhaltend. „Wir setzen mehr auf Diskurs und Diskussionen.“

„Die Logistik ist schwieriger zu dekarbonisieren“

Als die beiden im Jahr 2018 damit begannen, ihre Idee zu entwickeln, gab es auf dem Markt noch keine vergleichbaren Managementsysteme. „Die Logistik ist schwieriger zu dekarbonisieren als andere Branchen“, sagt Bohnhoff. Aber die beiden nahmen die Herausforderung an, anfangs war ihre Firma sogar eigenfinanziert. Mittlerweile eifern laut Bohnhoff andere Start-ups ihrem Geschäftsmodell nach.

Foto: Shipzero
„Der CO2-Ausstoß wird zum Differenzierungsfaktor im Wettbewerb“, sagt Tobias Bohnhoff, CEO bei Shipzero (links im Bild). Er führt das Unternehmen gemeinsam mit Mirko Schedlbauer (rechts).

Vor allem zwei Faktoren würden Shipzero aber von anderen Unternehmen unterscheiden. Erstens: „Wir haben uns auf Transport und Logistik spezialisiert, verstehen daher das Geschäft besser und können in die Tiefe gehen.“ Zweitens: „Wir arbeiten mit Primärdaten.“ Shipzero liest die Energiedaten der Unternehmen aus, woraus eine verlässliche Basis entsteht, um Reduktionspotenziale aufzuzeigen.

Im Gegensatz zu klassischen Kompensationsmodellen setzt Shipzero auf sogenanntes Carbon Insetting, also auf die Reduktion von CO2-Emissionen innerhalb der unternehmenseigenen Wertschöpfungskette. „Der CO2-Ausstoß wird zum Differenzierungsfaktor im Wettbewerb“, sagt Bohnhoff. Dabei verfolgt das Hamburger Start-up keinen klassischen Beratungsansatz, sondern einen Self-Service im Unternehmen. „Unser Produkt spricht für sich.“

Im Einsatz beim Chemielogistiker Rinnen

Die Plattform steht verschiedenen Stakeholdern im Unternehmen zur Verfügung – vom Einkäufer über den Vertrieb bis hin zur Geschäftsführung. Die Bandbreite an potenziellen Nutzern sei groß.

Ein Nutzer ist Jochen Fink, Leiter Umwelt-, Gesundheits-, Arbeitsschutz und Qualität (EHSQ) beim Chemielogistiker Rinnen. Er hat die Einführung der Datenplattform von Shipzero von Anfang an begleitet und freut sich über den aktuellen Stand. „Wir haben gemeinsam eine Datenbasis geschaffen, die zuverlässige Ergebnisse und genau die Daten liefert, die wir brauchen“, sagt Fink. Zum ersten Mal könnten die CO2-Daten entlang der gesamten Transportstrecke verkehrsträgerübergreifend ermittelt werden. Für Shipzero wiederum ist das auf europaweite Flüssig- und Gefahrguttransporte spezialisierte Familienunternehmen aus Moers (Nordrhein-Westfalen) ein interessanter Partner.

Die Messungen in der zu disponierenden Flotte mit rund 450 Zugmaschinen, mehr als 1.300 eigenen Chassis sowie rund 4.000 Tankcontainern funktionieren so: Über eine sichere Schnittstelle landen die Auftragsdaten des Transportmanagementsystems (TMS) von Rinnen in der Datenplattform von Shipzero. Die Primärdaten des Telematiksystems für die Flotte werden ebenfalls übertragen und mit den Auftragsdaten des TMS zusammengeführt. Die Transporte werden den entsprechenden Kunden und Aufträgen zugeordnet. Shipzero stellt durch regelmäßige Checks auf Fehler die Plausibilität sicher. Das ermöglicht die höchste Datenqualität für die Emissionsberechnung.

Berechnungen helfen bei der Kundenakquise

Bereits im ersten Jahr führten die aus diesen Daten gewonnenen Ergebnisse zu einer nachhaltigen Reduktion der ausgestoßenen Emissionen. Rinnen nutzt die Daten in erster Linie, um eine wirksame Klimaschutzstrategie zu entwickeln und zu überwachen. „Nur was ich messen kann, kann ich auch verbessern“, lautet das Motto. Aber auch bei der Kundenakquise helfen die Berechnungen von Shipzero. „Als Teil einer Ausschreibung konnten wir Emissionswerte für die potenziellen Transporte bereitstellen. Das ermöglicht uns, den CO2- Ausstoß bereits im Vorfeld kalkulatorisch darzustellen“, sagt Fink. Das kommt bei den Kunden sehr gut an.

Dabei ist das CO2-Reporting mit Hilfe von Shipzero nur ein Baustein der unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsstrategie. Investitionen in moderne Fahrzeugtechnik, Fahrerschulungen, Photovoltaikanlagen und energetische Sanierungen von Gebäuden gehören ebenfalls dazu. Rinnen entwickelt und baut Chassis zum Transport der Tankcontainer selbst – allerdings nur für den Eigenbedarf. Die in Leichtbauweise gefertigten 20-, 30-, 40- oder 45-Fuß-Chassis erhöhen aufgrund des geringeren Grundgewichts das Ladungsvolumen – was den Emissionswert positiv beeinflusst.

In diesem Jahr soll ein weiterer Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie folgen. „Wir planen, das CO2-Reporting auf unsere Liegenschaften auszuweiten“, sagt Fink. Bürogebäude, Werkstätten und Lager werden hinsichtlich ihrer CO2-Emissionen bewertet. „Mit Shipzero haben wir einen wertvollen Partner gefunden, der uns hilft, unsere Lücken im System zu schließen“, sagt Fink. Für Rinnen ist die Kooperation mit Shipzero geglückt.

Die Unternehmen

Shipzero

  • Plattform für verkehrsträgerübergreifendes CO2-Management
  • Geschäftsführer: Tobias Bohnhoff, Mirko Schedlbauer
  • 33 Mitarbeitende
  • Firmensitz in Hamburg
  • Zu den Kunden zählen die Bruhn Spedition, Lanfer Logistik, BLG Logistics, die Nagel Group, BSH Hausgeräte, Hellmann Worldwide Logistics und die Spedition Rinnen
  • Investoren sind unter anderem Rethink Ventures, Zu na mi und Rainmaking Impact

Rinnen

  • Auf Chemielogistik spezialisierte Spedition
  • Geschäftsführer: Thomas Schulz, Hermann Christian Rinnen, Michael Roth
  • Rund 750 Mitarbeitende
  • Hauptsitz in Moers, elf Standorte in Europa
  • Rund 150.000 Transporte im Jahr, vor allem flüssige chemische Transporte in Tankcontainern und -wagen
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