Recht aktuell Abschalten verboten

MAN Stop-and Go Assistent Foto: Thomas Küppers

In Zukunft soll es einen Punkt geben, wenn Lkw-Fahrer den Notbremsassistenten ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h manuell deaktivieren. Wie das?

Es ist in der Vielzahl der geplanten Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) vielleicht untergegangen: Das Bundesverkehrsministerium (BMVI) plant, das Abschalten von Notbremsassistenzsystemen durch den Fahrer ab einer Geschwindigkeit von 30 km/h zu verbieten. Wer gegen die neue Vorschrift verstößt, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 100 Euro rechnen und bekommt einen Punkt in das Fahreignungsregister in Flensburg eingetragen.

Tatbestand lässt sich nicht kontrollieren

Wann die neue Verordnung greifen wird, steht laut BMVI aber noch nicht fest. "Die Änderungsverordnung befindet sich in der Ressortabstimmung und geht anschließend in die Länder- und Verbändeanhörung", heißt es aus Berlin, "sodass die Verordnung baldmöglichst in Kraft treten kann." Das bedeutet: Die Länder müssen im Bundesrat der Änderungsverordnung zustimmen. "In einem zweiten Schritt planen wir auch Änderungen in der begleitenden Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO sowie im übergeordneten Straßenverkehrsgesetz."

Mit anderen Worten: Bis die neue Vorschrift tatsächlich greift, fahren noch jede Menge Laster ungestraft über die deutschen Transitautobahnen. Dort allerdings passieren die meisten Lkw-Unfälle am Stauende, gegen die ein Notbremsassistent (NBA) im Prinzip helfen könnte, durch zu geringen Abstand und zunehmende Ablenkung respektive Augenblicksversagen durch Müdigkeit. Wie im Blog "Das Missverständnis" auf www.eurotransport.de beschrieben, kann auch ein NBA bei deutlich zu geringem Abstand nicht mehr eingreifen. Und immer öfter übersteuern Fahrer in den letzten Sekunden vor einem drohenden Crash die lebensrettende Technik. Auch verwechseln Fahrer immer noch den Notbremsassistenten mit dem Abstandsregeltempomaten (ASR), den man, so wie hier im Bild bei einem MAN TGX, weiterhin per Schalter bedienen darf. Immerhin arbeitet das BMVI derzeit an der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/645 und damit an der Übernahme der Lerninhalte in nationales Recht.

Matthias Pfitzenmaier Foto: Matthias Pfitzenmaier
Matthias Pfitzenmaier aus dem Haus des Rechts.

Diese aktualisierten Lerninhalte sehen jetzt auch die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Umgang mit Notbremsassistenten vor. "Bei dem Entwurf zur StVO handelt es sich um eine Verhaltensvorschrift und nicht um eine Ausrüstungsvorschrift", sagt Rechtsanwalt Matthias Pfitzenmaier, "also um einen Bußgeldtatbestand, der nicht an einen Zustand anknüpft, etwa eine Überladung, sondern an eine Handlung – eben das Ausschalten. Das beißt sich auch nicht mit dem Wiener Abkommen, da die Assistenzsysteme ja grundsätzlich abschaltbar bleiben, indes ‚nur‘ jenseits von 30 km/h nicht mehr ausgeschaltet werden dürfen." Zweifel gibt es aber an der Wirksamkeit des Verbots. "Kontrollieren lassen wird sich der Tatbestand nicht, solange unterwegs im Lkw nicht ausgelesen werden kann, ob der NBA bei über 30 km/h in Betrieb war."

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