Presselogistik am Beispiel der Zeitschrift „Bunte“ und der Spedition Ohl – wichtig hierbei: die Zeitvorgaben einhalten.
Es zählt zu den größten seiner Art in Europa: das Druckzentrum von Hubert Burda Media in Offenburg. „Focus“ und „Bunte“ werden hier gedruckt, ebenso die „Freizeit-Revue“ oder der „Playboy“ – insgesamt 33 Titel des Medienkonzerns sowie externe Aufträge. Dem Druck und der Verladung der Hefte auf Paletten schließt sich eine durchaus aufwendige Presselogistik an. Schließlich müssen die Zeitschriften von der Offenburger Druckerei aus an zahlreiche Verkaufsstellen transportiert werden. Hier kommt die Firma Ohl Medien Logistik ins Spiel, die ihren Hauptsitz zwar in Seevetal-Maschen bei Hamburg hat, aber auch in Offenburg in der Nähe von Burda-Druck eine Niederlassung unterhält. „Wir bewegen über 3.000 Zeitungs- und Zeitschriftentitel auf dem deutschen Markt“, erklärt Niederlassungsleiter Uwe Schatz gegenüber trans aktuell. Im Bereich Presselogistik unterhält Ohl zu vielen Verlagen meist langjährige Geschäftsbeziehungen, so auch zu Burda.
Bahn ist für die Auslieferung keine Option
Um den Versand der Zeitschriften zu organisieren, erstellt Ohl Versandpläne. Basis hierfür ist der Erstverkaufstag (EVT) an den Kiosken. Bei „Bunte“ ist das der Donnerstag. Gedruckt wird in der Regel zwei Tage vor dem EVT, bei „Bunte“ also am Dienstag. Von morgens sechs Uhr bis zum nächsten Morgen gegen neun Uhr produzieren die Mitarbeiter die Gesamtauflage von „Bunte“, rund 550.000 Exemplare. Auf Paletten gestapelt werden die Zeitschriften in die Lkw von Ohl verladen. Wäre auch der Versand per Bahn eine Option? „Nein, wir lassen zwar einen Großteil des Papiers per Bahn anliefern, für die Auslieferung der fertigen Zeitschriften ist die Bahn aber keine Option“, antwortet der Geschäftsführer von Burda-Druck, Heiko Engelhardt, gegenüber trans aktuell. Ein Versandplan orientiert sich grundsätzlich an der Dringlichkeit. Bei einer Zeitschrift heißt das: Wer muss zuerst bedient werden? Bei „Bunte“ sind das die Anbieter von Lesezirkeln (LZ). Die LZ-Exemplare machen rund 20 Prozent der Gesamtauflage aus.
Ohl fährt Zeitschriften mit gleichem EVT gebündelt. „Es macht wirtschaftlich keinen Sinn, jede Zeitschrift einzeln zu fahren“, betont Engelhardt. Daher liefert Ohl die monatlich donnerstags erscheinende Zeitschrift „Mein schöner Garten“ von Burda-Medien und die wöchentliche „Super-Illu“ zusammen mit „Bunte“ aus. Zudem transportiert Ohl externe Druckprodukte mit. „Wir versuchen, Ladungen zusammenzufassen. Kleinauflagige Objekte werden mit großauflagigen transportiert“, erklärt Schatz.
Verteilstationen anfahren
Vom Druckhaus in Offenburg fahren die Ohl-Lkw mit der „Bunten“ und den anderen Medien ab Dienstagnachmittag neun Verteilstationen an, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind. So befindet sich eine Verteilstation in Offenburg, weitere beispielsweise in der Nähe von Stuttgart, München und Nürnberg. In der Verteilstation erfolgt die Kommissionierung von „Bunte“ für die Lesezirkel und Pressegroßhändler (Grossisten). Anschließend beliefert Ohl Pressegrossisten, Bahnhofsbuchhändler, Lesezirkel und weitere Handelspartner der Verlage. Wichtig ist dabei, dass die Zeitvorgaben eingehalten werden. „Presselogistik heißt Just-in-time-Logistik“, betont Engelhardt. Der Lesezirkel muss bis Mittwochmorgen um sechs Uhr bedient sein, der Großhandel bis Mittwoch um zwölf. Die größeren Grossisten bedient Ohl direkt. Die Arbeit von Ohl ist getan, wenn Lesezirkel, Bahnhofsbuchhandlungen und Grossisten angefahren sind. Anschließend verteilt der Großhandel die Zeitschriftenexemplare an Kioske, Supermärkte und Tankstellen.
„Zeitschriften sind als palettierte Ware unproblematisch im Transport“, betont Schatz. Einen Punkt erachtet er in der Presselogistik als extrem wichtig: „Wir können uns keine Verspätung erlauben.“ Was passiert, wenn es doch einmal zu einer Verspätung kommt? Außer Verkehrsstaus lauern in der Presselogistik noch mehr Gefahren für Verzögerungen: Die Redaktionen aktueller Zeitschriften können aus Aktualitätsgründen oft den Datenabgabetermin bei der Druckerei nicht punktgenau einhalten. Und während gedruckt wird, können Störungen an den Maschinen auftreten. Im Prinzip passiere es nie, dass der EVT platze, weiß Engelhardt zu berichten. „Doch können Verzögerungen teuer werden, weil Ohl im Extremfall Sonderfahrten einplanen muss.“ Wie gewährleistet Ohl die Pünktlichkeit mit Blick auf die vielen Staus? Schatz antwortet ganz offen: „Manchmal fragen wir uns selber, wie das die Fahrer schaffen. Da haben wir oftmals Glück.“ Schwierig kann dies durchaus beim „Focus“ werden, der in der Nacht von Donnerstag auf Freitag gedruckt wird und am besonders staureichen Freitag speditioniert wird. Allerdings gibt Schatz zu bedenken: „Der Lkw fährt im Schnitt 70 km/h. Selbst wenn man mal im Stau steht, verliert man nicht übermäßig viel Zeit. Mit einem Pkw, der etwa 150 km/h fährt, verliert man im Stau relativ mehr Zeit.“
Kilometer minimieren
Um die Rendite beim Transport der Presseprodukte zu steigern, gibt es außer der Auslastung bei den Lkw und der Kilometerminimierung nicht viel Spielraum. „Da alle Zeitschriften von Offenburg aus verladen werden, versuchen wir, diese möglichst an unserem Standort in Offenburg zu produzieren, um interne Transportkosten zu sparen“, erklärt Engelhardt gegenüber trans aktuell. Denn: „Das Geld liegt auf der Straße, und der Transport ist ein wesentlicher Kostenfaktor.“ Trotz vieler Bemühungen lässt es sich manchmal nicht vermeiden, dass die Lkw auch einmal halb leer unterwegs sind – je nachdem, wie eng die Terminschiene ist. Wäre es möglich, neben den Zeitschriften auch andere Güter zu transportieren, um die Lkw besser auszulasten? „Klares Nein. Wir können anderen Kunden keine Termine zusagen, wenn nicht klar ist, wie die Produktion in der Druckerei läuft“, erklärt Schatz. Allerdings könne es schon sein, dass ein Lkw auf dem Rückweg auch andere Güter als Printmedien mitnehme.
Ohl fährt ausschließlich Diesel-Lkw der neuesten Euro-6-Generation, probiert jedoch auch alternative Antriebe aus. „Serienreif ist jedoch noch nichts“, so die Einschätzung von Schatz. Elektro-Lkw sind seiner Ansicht nach selbst im Nahverkehr untauglich, da die Reichweite zu gering sei. „Was funktionieren würde, wäre LNG. Dies scheitert jedoch an fehlenden Tankstellen.“ Einige Hoffnungen setzt Schatz daher in die Brennstoffzelle als Antrieb für Nutzfahrzeuge der Zukunft. Die Printauflagen gehen bekanntlich strukturell zurück. Bangt die Firma Ohl um ihr Geschäftsmodell? Schatz: „Wir wissen, dass wir uns in einem rückläufigen Markt bewegen, und reagieren durch Optimierungen. Um den Verlagen gute Konditionen anbieten können, ist eine gute Auslastung der Fahrzeuge notwendig.“ Darüber hinaus bietet Ohl umfangreiche Fulfillment-Leistungen an und baut diesen Bereich konsequent aus. So ist das Unternehmen heute mit seinem Bereich E-Business-Services auch Partner für den Wachstumsmarkt Onlinehandel.
Die Unternehmen
Burda-Druck
- Sitz: Offenburg, 100-prozentige Tochter des Medienkonzerns Hubert Burda Media (Zeitschriften unter anderen: „Focus“, „Bunte“, „Freizeit-Revue“ und „Playboy“;
- Internetplattformen unter anderen: Xing und Holidaycheck)
- Druckstandorte:
- Offenburg, Nürnberg und Vieux-Thann (Frankreich)
- Auslastung: 20 Prozent verlagseigene Titel, 80 Prozent externe Kunden: Zeitschriften, Magazine, Kataloge und Werbedrucke
- Mitarbeiter: 850 (bei Burda-Druck)
- Verarbeitete Rohstoffe: voraussichtlich 340.000 Tonnen verdrucktes Papier im Jahr 2020,
- 10 Millionen Kilogramm Farbe
Ohl Medien Logistik
- Sitz: Hohenaspe (Schleswig-Holstein), Zentrale: Seevetal-Maschen
- Niederlassungen: 12 in Deutschland
- Schwerpunkte: Presselogistik, Fulfillment und E-Business-Solutions
- Kunden: Verlage, Pressevertriebsunternehmen, Druckereien, Handelsmarken
- Mitarbeiter: rund 500