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Logistikstandort aus Branchensicht Mehr Tempo beim Bauen

Foto: Thomas Küppers

"Bauen wir vor 15 Jahren" - im Logistiktalk beim trans aktuell-Symposium üben Praktiker Kritik am Planungs- und Baurecht.

Anforderungen an einen zukunftssicheren Logistikstandort: Der Logistiktalk beim trans aktuell-Symposium bei der SVG Süd in Stuttgart beleuchtete vor allem Infrastrukturprobleme.

Ohne Logistik wären Industrie und Handel handlungsunfähig, sehr zum Nachteil des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Was braucht es aber für die Unternehmen der Branche, um ihre Arbeit erfolgreich auszuführen? Dazu tauschten sich die Akteure beim trans aktuell-Symposium Landverkehr aus.

Unzureichende Verkehrsinfrastruktur behindert Unternehmen

An erster Stelle stand das Thema Straße: Unzureichende Verkehrsinfrastruktur behindert Unternehmen, so hat auch das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) herausgefunden. „Gott sei Dank gibt es aktuell so viele Baustellen, denn das heißt, dass etwas getan wird“, sagte etwa Dr. Timo Didier, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Verband des Württembergischen Verkehrsgewerbes.

Ablastverkehre wegen gesperrter Brücken

Die Folgen der unzureichenden Finanzierung von Infrastrukturprojekten in den vergangenen Jahren betreffen demnach vor allem den Güterverkehr, für den die Planbarkeit verloren gehen: Bei den Spediteuren sind laut Didier vielerorts Ablastverkehre wegen maroder Brücke auf der Tagesordnung. Betroffen sei vor allem der Schwerlastverkehr, der große Umwege fahren müsse. Stichwort sei aktuell die Rahmede-Brücke auf der Autobahn A45 bei Lüdenscheid, die seit 2021 gesperrt ist und erst Anfang 2023 voraussichtlich gesprengt wird.

„Die Daten zeigen es: Durch die Zeitverzögerungen auf der Straße können die Fahrer weniger Abladestellen anfahren, dadurch steigen die Kosten, und auch die Fahrer werden unzufriedener – und dass bei der allgemeinen Fahrerknappheit“, ergänzte Andrea Marongiu, Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik (VSL) Baden-Württemberg.

Kunden geben stringente Zeitfenster vor

Mit dem Problem sehen sich auch die Kunden konfrontiert. Peter Egner, Leiter SCM & Logistik Automotive bei dem Automobilzulieferer Schaeffler aus Bühl machte deutlich, wie wichtig gerade in dem Bereich Automotive die zeitgerechte Lieferung ist, um die Kundenversorgung sicherzustellen. „Für die Logistik bedeutet dies große Herausforderungen, auch wegen der sehr stringenten Zeitfenster“, sagte Egner. Als Folge der vielen Staus und Umfahrungen muss Egner nach eigenen Angaben immer öfter andere Routen und vor allem mehr Sicherheiten einplanen.

Tatsächlich, so der Konsens der Diskutanten, sind es nicht die Baumaßnahmen, an sich, die das Leben der Transportunternehmen erschweren, sondern die Dauer der Arbeiten – in puncto Lüdenscheid werden die Brückenumfahrungen noch mehrere Jahre notwendig sein. Thomas Dörflinger (MdL, CDU) bekräftigte daher das Ziel seiner Fraktion, die Standards zu senken und damit die Planungs- und Genehmigungsverfahren von neuen Bauwerken voranzutreiben.

Auch das Thema Verkehrsverlagerung vom Lkw auf die Schiene droht laut Peter Egner von Schaeffler ebenfalls an der Infrastruktur zu scheitern. Demnach könnte man noch weitaus mehr Transport verlagern – gerade aber bei den Ost-West-Verbindungen gebe es massive Probleme mit den Zugverbindungen.

Straßentransporteure übernehmen gerne Vor- und Nachlauf

Das Thema ist für die Branchenverbände kein rotes Tuch, ganz im Gegenteil: „Die Schiene ist für den Straßenverkehr keine Konkurrenz, vielmehr fühlen sich unsere Mitglieder als Transportpartner im Kombinierten Verkehr. Denn die Unternehmer übernehmen gerne den Vor- und Nachlauf, weil hier auch Fahrer gerne zur Verfügung stehen.“ Um für kleineren Unternehmen die Hürden zum Kombinierten Verkehr einzureißen, brauche es aber auch kleinere, regionale Terminals – die lassen sich laut Didier wegen Bürgerproteste oft aber nicht realisieren. Zudem dauern bei der Schiene die Planungs- und Genehmigungsverfahren oft noch länger als für die Straße –VSL-Geschäftsführer Marongiu bemängelt, dass trotz neuer Richtlinien beim Bau letztlich ein Baurecht zur Anwendung komme, das gar nicht mehr aktuell sei: „Man baut also zum Stand vor 15 Jahren und nicht die Zukunftsvariante.“

Bestandsgarantie für geplante Projekte

Das Ergebnis ist gerade auf der Schiene ein weiteres Güterwachstum, das auf eine bereits heute vollends ausgelastete Infrastruktur trifft. „Ich bin nicht sehr optimistisch“, gestand der Abgeordnete Thomas Dörflinger ein, und schlug stattdessen reine Güterverkehrsstrecken vor. Zudem müsse es mehr Bestandsgarantien geben, um nicht immer wieder mit Planungen neu anzufangen und neues Baurecht zu erlangen.

Die Unternehmer im Südwesten treiben aber auch landesspezifische Themen um, etwa den Vorschlag, die Lkw-Maut auch auf Landes- und Kommunalstraßen auszuweiten. „Dazu brauchen wir ein Belastungsmoratorium - eine Insellösung für Baden-Württemberg macht auf jeden Fall keinen Sinn und hat auch keinerlei Lenkungswirkung“, sagte Didier.

Bundesumweltministerium blockiert Fortschritt bei Lang-Lkw

Im Fall der Lang-Lkw und des Streckennetzes in Baden-Württemberg bremst aber aktuell nicht das Land, sondern das Bundesumweltministerium, sagte der VSL-Vertreter Marongiu: Das blockiere die Aktualisierung der Positivliste im Rahmen der 11. Änderungsverordnung – daher liege dieses Thema jetzt bei den Bundesverbänden zur Klärung. „Der Lang-Lkw ist tatsächlich die niedrighängende Frucht für eine Reduzierung von Lkw-Fahrten und CO2-Emissionen“, sagt er. Das unterschiedliche Reglement, auch innerhalb Europas, sowie die Sperrung von wichtigen Strecken machen der Branche zu schaffen.

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