Lkw-Demos in Berlin Revolutionäre Stimmung

Lkw-Proteste in Berlin Foto: Jochen Köppen 7 Bilder
Meinung

Nach der Aktionswoche des Bauernverbandes mit dem BGL brachte die Demo am 15. Januar in Berlin zwar keine konkreten Ergebnisse zu den Forderungen des Transportgewerbes. Aber immerhin Gespräche mit der Politik.

Die Befreiung der Traktoren von der Kfz-Steuer gibt es bereits seit 1922, um die Motorisierung der Landwirtschaft voranzutreiben. Damit sich die damaligen Bauern moderne Fahrzeuge leisten konnten und nicht weiter Pferde und Ochsen vor ihre Karren spannen mussten. Wie sehr sich die technische Modernisierung in den folgenden 100 Jahren durchgesetzt hat, zeigte sich vor allem in der bundesweiten Aktionswoche des Deutschen Bauernverbandes, dem sich der Bundesverband Güterverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) angeschlossen hatte. Zu Tausenden machten sich aufgebrachte Bauern mit ihren heutigen PS-starken Fahrzeugen vom Acker auf zu regionalen Demos mit meist genehmigten und manchen ungenehmigten Blockaden.

Allerdings: „Der Bundesrechnungshof“, so schrieb es die Zeitung Der Westen, „mahnte schon vor über einem Jahr an, dass den Bauern dieser Steuervorteil nicht mehr zustehen sollte. Immerhin geht es hier um rund eine Milliarde Euro Steuereinnahmen. Bevor der ganze Bauern-Aufstand losging, fand das sogar Zustimmung bei CDU/CSU und AfD. Im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestages stimmten im Dezember 2023 die Oppositionsabgeordneten diesem Vorhaben zu. Die Politiker gaben Finanzminister Christian Lindner aber den Auftrag mit, im Gegenzug Ausgleichszahlungen für die Landwirte prüfen.“ Das muss dann irgendwie untergegangen sein.

Außerhalb des Betriebs keine Steuerbefreiung

Um den Gedanken von Prof. Dieter Müller zur unterschiedlichen moralischen und rechtlichen Bewertung von Straßenblockaden der „Letzten Generation“ und den „Gefrusteten Landwirten“, den ich bereits in meinem Blog-Artikel „Aufgestauter Frust“ beschrieben hatte, noch einmal aufzugreifen: „Außerhalb des Betriebs gilt diese Steuerbefreiung nicht“, sagt Müller in einem Beitrag für den MDR. Die Teilnahme an einer Demo könne also durchaus als Ordnungswidrigkeit gesehenen werden. Der Zoll hingegen erklärte kürzlich, dass die Teilnahme an den Protesten auch mit Kfz-befreiten Kennzeichen in Ordnung sei. Müller vermutet dahinter eine deeskalierende Strategie: "Auf die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten kann verzichtet werden, etwa wenn eine Lage eskaliert. Ich kann mir vorstellen, dass der Zoll so argumentiert, um die ganze Sachlage politisch zu beruhigen." Der Zoll untersteht dem Finanzminister.

Ein wenig Anarchie auf den Autobahnen

Auch unzählige Lkw-Fahrer ließen sich in der ersten Woche ein wenig von dem Gefühl einer aufkeimenden Anarchie, angefeuert durch eine unsägliche Hetze vor allem gegen die Grünen in den sozialen Medien anstecken, getrieben von der Idee, mit möglichst vielen Lkw wie in „Convoy“ zwar nicht ein Gefängnis zu stürmen, sondern gleich die Ampel zu stürzen. Polizeimeldungen aus ganz Deutschland belegen, dass es für manche Treckerfahrer und Trucker wegen Nötigung ein juristisches Nachspiel geben wird. Abgesehenen davon blieb es friedlich. Die gezielt in Kauf genommenen Verkehrsbehinderungen prallten letzten Endes bei der Bevölkerung, die man ja auch überzeugen wollte, für die aus ihrer Sicht überproportionale Leistung der Landwirtschaft und der Logistik mehr Wertschätzung zu bekommen, doch ab. Wie viele Verbraucher letzten Endes – auch durch abgekippte Misthaufen – überzeugt werden konnten, die Geschäfte der vier großen deutschen Lebensmittelketten, die bekanntermaßen durch ihre Marktmacht und den Preisdruck auf die Erzeuger das eigentliche Problem für die Bauern sind, zu meiden und Bioläden oder Wochenmärkte zu stürmen, lässt sich bislang kaum einschätzen.

Verfahrene Ausgangslage

Die Großdemo am Montag, dem 15. Januar, hat nach Medienberichten mehr als 4.000 Fahrzeuge – Traktoren und Lkw-Zugmaschinen – nach Berlin gebracht, darunter der einzige thematisch angepasste Sattelzug von Bay Logistik aus Waiblingen, vier Sattelzugmaschinen von Rothermel aus Östringen und zwei Fahrzeuge von Köppen aus Duisburg. Brummi-Chef Dirk Engelhardt durfte noch vor Finanzminister Christian Lindner die plakativ auf den Lkw befestigten vier Kernforderungen der Logistik zum Ausdruck bringen.

Ob Lindner sie gehört hat, ist anzunehmen. Aber auch nach den ersten Buh-Rufen ist er nicht mit einem Wort darauf eingegangen. Joachim Rukwied, der Bauernpräsident und bekannter Lobbyist nicht nur der deutschen Agrarindustrie, stand hinter Lindner wie dereinst Mephisto hinter Faust. Sein Vergleich „Die Klimakleber haben das Brandenburger Tor beschmiert“, brüllte Linder, „die Bauern haben das Brandenburger Tor geehrt“ ist für mich persönlich untragbar.

Eine verfahrene Situation

Vor der finalen Verabschiedung der Mauterhöhung im Dezember war es den Verbänden des Transportgewerbes zuletzt im Verkehrsausschuss nicht gelungen, die oft besprochenen Folgen durch sachliche Argumente gegenüber der Politik abzumildern, um die im Raum stehende Summe von 7,6 Milliarden Euro nicht für den zukünftigen Ausbau der maroden Bahn und den allgemeinen Haushalt, sondern für die von der Ampel beschworene Förderung für den Beitrag auch des Güterverkehrs zum Klimawandel einzusetzen. Sprich: Förderung von E-Lkw, Ausbau der Ladeinfrastruktur, Investitionen in die Infrastruktur und dabei die Verbesserung der Parkplatzsituation im größten Transitland Europas. Der sogenannte Klima- und Transformationsfonds (KTF) mit einem Volumen von 60 Milliarden Euro sollte dazu beitragen.

Klage der CDU

Es gibt ein altes Sprichwort: Wo kein Kläger, da kein Richter. Ich kann es nicht final beurteilen, ob die Ampel mit diesem Haushalt „durchgekommen“ wäre, aber es war nun einmal die CDU um den Parteivorsitzenden Friedrich Merz, die diese Klage erfolgreich vor das Bundesverfassungsgericht gebracht hat – auch in dessen unermüdlichem Versuch, die Ampel zu schwächen auf dem langen Weg zu seiner noch nicht beschlossenen Kanzlerkandidatur. Und es war nach diesem Schock in der Tat eine kommunikative Katastrophe, dass die drei Spitzen der Ampel im Alleingang, ohne Einbeziehung der Verbände, in einem handwerklich katastrophalen Versuch, so schnell wie möglich nach dem Urteil einen Haushalt für 2024 zusammenzustellen, ausgerechnet die Bauern auf die Barrikaden gebracht haben, indem sie die Befreiung von der Kfz-Steuer und die Subventionierung des Agrardiesels abschaffen wollten. Verschreckt von der Protestdrohung Rukwieds nahm die Ampel zuerst die Streichung der Kfz-Steuer zurück und streckte den Abschied vom Agrardiesel über mehrere Jahre.

Lkw-Demo formiert sich
Lkw-Fahrer und Spediteure

Ob sich der BGL allein zu einer solchen Demo entschieden hätte, wage ich zu bezweifeln. Zumal der junge Bundesverband Logistik & Verkehr (BLV-Pro) bereits vorher zu einer Sternfahrt mit mehr als Tausend Lkw aufgerufen hat, die just zu Ende geht, wenn dieser Blogartikel erscheint. Ich verweise jetzt schon einmal auf den Beitrag meines Kollegen Norbert Böwing von Eurotransport TV, der live vor Ort ist.

Die Wichtigkeit des mittelständischen Transportgewerbes

„Vor einer beeindruckenden Menge konnte BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt mit Fakten überzeugen“, heißt es in einer Pressemeldung, und die Wichtigkeit des mittelständischen Transportgewerbes bei der Ver- und Entsorgung für Wirtschaft und Bevölkerung wird unterstrichen – über 85 Prozent der Gütermenge werden auf der Straße transportiert. Ein Stillstand des Gewerbes hätte fatale Auswirkungen. Daher müssten die mittelständischen Betriebe zwingend von der Regierung unterstützt werden, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern und Teil der Energiewende sein zu können.

Mautweitergabe kein Problem

Die Weitergabe der Maut in vollem Umfang sei an sich sei kein Problem, bestätigte der Unternehmer Cristian Rothermel aus Östringen, der sich bereits rechtzeitig von seinen Baustoffzügen getrennt und auf Komplettladungen, Automotive und Verpackungen konzentriert hat. „In der Branche brodelt es gewaltig“, begründet er. „Die Verkehrspolitik ist eine Vollkatastrophe. Für uns hat die Beteiligung an der Demo Spaß und Genugtuung gebracht, aber leider ist unser Anliegen ziemlich untergegangen.“ Michael Schaaf von Bay Logistik meinte: „Es gibt insgesamt für uns zu viele Auflagen.“ Er fragt sich ebenfalls, wie sich ohne Förderung der von der Ampel-Regierung geplante Umstieg auf die E-Mobilität im Gütertransport bewältigen lässt. Die Fahrzeuge seien nach wie vor zu teuer und in seinem Segment der Silo- und Containerlogistik im Fernverkehr kaum einzusetzen. Einerseits auf Grund des zu hohen Gewichts, andererseits, da es technisch kaum möglich sei, Nebenantriebe an den Sattelzugmaschinen zu installieren. Und Jochen Köppen aus Duisburg, dessen ausführliches Statement ich am Ende gesondert veröffentliche, sagt ganz klar, dass vielleicht nun die Preise der Hersteller sinken würden, aber derzeit kaum ein Kunde bereit sei, ihm für seine Investition in E-Lkw Verträge zu garantieren, die über zwei Jahre hinausgehen.

BGL zeigt sich zufrieden

Der BGL gibt sich mit der Demo zunächst zufrieden, obwohl das völlig andere Thema der Logistik in den meisten Medien und damit der breiten Öffentlichkeit sowie den führenden Talkshows bis auf wenige Ausnahmen nicht vorgekommen ist. „Der friedliche und demokratische Protest zeigt erste Erfolge“, so heißt es dennoch. In einem ersten Gespräch mit Dirk Engelhardt noch am Tag der Demo habe Oppositionsführer Friedrich Merz dem Gewerbe Unterstützung zugesagt. Was auch immer das bedeuten mag. „Nach wochenlangem politischem Ringen und harten Sparbeschlüssen steht der Bundeshaushalt für das laufende Jahr“, so der Spiegel. „Der Haushaltsausschuss des Bundestags beschloss am Abend des Donnerstages einen Etat mit Ausgaben von rund 476,8 Milliarden Euro und neuen Krediten in Höhe von rund 39 Milliarden. Die Schuldenbremse soll damit nach jahrelangen Ausnahmen wieder voll greifen – jedenfalls vorerst.“

Bundestag und Bundesrat sollen im Februar endgültig darüber entscheiden. Bauernpräsident Joachim Rukwied hat mit weiteren Protesten gedroht, falls die Bundesregierung die Pläne einer Steuererhöhung beim Agrardiesel nicht zurücknimmt. „Wenn jetzt nichts kommt, kommen die nächsten Proteste und Aktionen“, sagte er. Und das schon kommende Woche, in noch weiter reichender Form als bisher. Alles, was bislang von der Regierung angekündigt worden sei, habe die Verärgerung der Bauern nur noch gesteigert.

Auch Engelhardt hatte am Montag in seine Rede angekündigt. „Zwei bis drei Tage kein Transport durch unsere Mitglieder, dann haben wir in diesem Land das blanke Chaos“, sagte er unter dem Beifall der Zuhörer. Nun trifft man sich diesen Freitag zunächst mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing und der SPD-Fraktionsspitze, in den kommenden Wochen sind Gespräche mit der FDP-Fraktionsspitze und Christian Lindner geplant.

Die zweite Welle

Seit Donnerstag schon ist die zweite Welle der Lkw auf dem Weg nach Berlin, organisiert von der BLV-Pro, aber ohne Schulterschluss mit dem BGL. Pressesprecher Daniel Beständig sagte mir bereits im Vorfeld, dass das mediale Interesse für die Aktion in den letzten Tagen spürbar gestiegen sei. „Uns liegen Anfragen der ARD, DVZ, Pro7/Sat1, HR, TRANSPORT und einigen mehr vor. Einige Fahrer werden von Kamerateams begleitet, um auch im Anschluss über unsere Branche zu berichten. Wir hoffen so auf mehr Aufmerksamkeit in der Bevölkerung, um die Bedeutung des Transportgewerbes mit seinen Fahrerinnen und Fahrern für die Wirtschaft und die Versorgung des Landes zu verdeutlichen. Damit hätten wir schon weit mehr erreicht als in der Vergangenheit. Es heißt dann aber auch, dass wir am Ball bleiben müssen.“

Und weiter: „Uns liegen bislang Zusagen für Gespräche mit einem Vertreter der FDP und einem Vertreter der SPD vor. Ebenfalls sind wir mit der Union und den Freien Wählern in Kontakt und auch hier sind wir zuversichtlich, mit Vertretern über die Sorgen und Nöte sowie der Bedeutung der Transportbranche zu sprechen. Bislang hat sich allerdings nur Hubert Aiwanger dazu bereit erklärt, bei uns auf der Bühne zu sprechen. Ich habe die Aktionswoche ebenfalls sehr intensiv verfolgt und hatte bzw. habe durch unsere eigenen Vorbereitungen viel Kontakt zu Landwirten und Medienvertretern. Die Forderungen der Transportbranche sind meines Erachtens weder in der Bevölkerung noch in der Politik angekommen. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir vom BLV mit unserer eigenen Demonstration den richtigen (oder vielleicht besseren) Weg für unser Branche gehen.“

Vom riesigen Zuspruch und der damit verbundenen Solidarität unter den Unternehmern und den Fahrern ziemlich überwältigt ist Michael Finkbeiner, der mit seinem Lkw ganz vorne auf der Straße des 17. Juni steht. „Laut Polizei sollen es hier allein 1.700 Lkw sein, weitere stehen auf der Autobahn am Standstreifen, weil sie gar nicht mehr in die Stadt kommen“. Um zwölf Uhr hat die Kundgebung begonnen. Auch die BLV-Pro hofft, dass die angekündigten Politiker kommen und es konstruktive Gespräche geben wird.

Stimmen zur Demo

Jochen Köppen, Köppen GmbH, Duisburg

Die Teilnahme unseres Unternehmens mit zwei Lkw im Rahmen der Aktivitäten des BGL und seiner Landesverbände aufgrund der gewerbepolitischen Lage war geboten. Gerade als Mitglied des Vorstandes im Landesverband des BGL war es mir persönlich wichtig, unseren Teilnahmebeschluss auch durch eigene Fahrzeuge umzusetzen. Wie viele andere Mitglieder, fühlen auch wir uns von der Politik nicht mehr gehört oder wahrgenommen. Die Demonstration hat den Mitgliedern die Möglichkeit geboten in einem großen Rahmen unseren Protest öffentlichkeitswirksam vorzutragen.

Mit den Landwirten vereint uns vordergründig die mittelständische Struktur unserer Betriebe. Im Absatzmarkt stehen viele Güterkraftverkehrsunternehmen einer deutlich geringeren Zahl von Industrie- und Handelsunternehmen, die ihre Leistungen teils direkt, teils über Speditionen nachfragen. Dies spiegelt die Lage des landwirtschaftlichen Erzeugers im Verhältnis zur Lebensmittelindustrie und dem Einzelhandel wider. Insofern sind es meist familiengeführte Unternehmen mit einer geringen Anzahl von Mitarbeitern, die aufgrund der fiskal- und verkehrspolitischen Maßnahmen um die Existenz ihrer Betriebe bangen. Im Widerspruch steht die einerseits hohe Subventionierung der Landwirtschaft, die seit Jahrzehnten die Betriebsstrukturen zu konservieren sucht und andererseits der einem nahezu ordnungsfreien europäischen, ruinösen Wettbewerb ausgelieferte Güterkraftverkehr.

Leider hat der Bundesfinanzminister am Montag ausschließlich auf die bäuerlichen Anliegen Bezug genommen. Auch in den Medien wurde nur in kleinem Maße über die teilnehmenden Transportunternehmen und deren Belange berichtet. Hier könnte man schnell von einem „Fehlschlag“ sprechen. Ich glaube jedoch, dass auch die wenigen Berichte mehr sind und sein werden, als es sie ohne die Teilnahme gegeben hätte. Auch glaube ich, dass die Aktion zu einem näheren Zusammenrücken der Mitglieder führen wird, die uns in den letzten Jahren gefehlt hat. Der BGL hat bewiesen, dass er in der Lage ist Mitglieder zu mobilisieren, auch wenn sicherlich ein dreitägiger Streik ins Reich der Sagen und Märchen gehört. Wir werden uns in den Vorständen der Landes- und des Bundesverbandes in den kommenden Wochen beraten und die Demonstration sowie deren Ergebnis bewerten.

Ähnlich der Mineralölsteuerrückerstattung für die Landwirtschaft, ist meiner Meinung nach auch für das Güterkraftverkehrsgewerbe der Kampf um die Mauterhöhung und deren Verwendung verloren. Aber vielleicht gelingt es nunmehr Forderungen zu adressieren, die den ruinösen Wettbewerb stoppen, der mit dem Zerfall sozialer Arbeitsverhältnisse im Straßentransport einhergeht. Diese Maßnahmen wären für den Bund kostenneutral, aber hätten eine große Wirkung im Sinne des Erhalts des nationalen Güterkraftverkehrs.

Michael Finkbeiner, selbstfahrender Unternehmer, Kaiko-Transporte, St. Märgen

Ich finde die Demo wichtig und richtig. Allerdings begrenze ich es nicht nur auf die Maut. Unsere Kundschaft hat die neue Maut fair übernommen. Dafür danke ich dieser. Doch das ist ja nur ein Teil dieser Demo. Unser Gewerbe kämpft mit vielen Problemen. Es steigt ja nicht nur die Maut. Die CO2 Steuer spürt man auch an der Tankstelle. Und die Fahrzeugsteuer. Dadurch wird alles teurer. Fuhrpark, Ersatzteile, Neuanschaffungen und zuletzt auch die Lohnkosten.

Wir müssen die Kundschaft dafür sensibilisieren. Transporte werden deutlich teurer. Dafür müssen wir kämpfen. Wir müssen diese Preise weitergeben. Sonst überlebt der Mittelstand nicht. Schon jetzt sind viele Transportunternehmen nur einen Werkstattaufenthalt weg vom Konkurs. Schon vor Corona waren wir in Berlin auf einer Demo. Dann kam Corona. Danach eine Wirtschaftskrise gefolgt von einer Inflation. Die Maut ist nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Es gibt keine Reserven mehr, auf die man zurückgreifen kann. Gleichzeitig steigen die Fahrerlöhne. Das natürlich berechtigt. Nichts tun ist keine Lösung. Deshalb fahren wir nach Berlin. Damit wir unsere Probleme kundtun. Die Wirtschaft wird die Kurve bekommen. Nur dann wird es zu wenig Unternehmer geben. Und die Frachtkosten steigen ins Unermessliche. Damit steigen auch die Lebenshaltungskosten.

Es muss Lösungen geben. Und das schnell. Egal, wie die aussehen. Die Politik muss begreifen, wie wichtig die Logistik ist. Es ist keine Lösung, auf ausländische Unternehmen zu setzen. Es grenzt an Sklaventum, was die teilweise mit ihren Fahrern machen. Für geringen Lohn, über Wochen, gar Monate in Europa unterwegs. Das ist unsere Konkurrenz. Nicht die Bahn, die jetzt mit der Maut subventioniert wird. Die wird auch in 20 Jahren noch keine Konkurrenz für den Lkw sein.

Marcel Hergarten, Stahlspediteur, Neuss

Unserem Gewerbe fehlt leider eine einheitliche Stimme. Dies basiert meines Erachtens auf unterschiedlichen Gründen: Immer noch starken teils einseitigen Abhängigkeiten von Verladern, also eine fehlende Durchsetzungsfähigkeit des Dienstleisters; allgemein fehlenden strategischen Orientierungen der Transportunternehmen; geringen kaufmännischen Gestaltungsfreiheiten durch fehlende Expertise oder Ressourcen; einer Vielzahl an nicht verbandsorganisierten und zum Großteil kleinen und mittelständischen Marktteilnehmern

Diese Aspekte führen mitunter dazu, dass eine ähnliche Protestbewegung, wie im Januar 2024 durch den Bauernverband initiiert, bisher seitens des BGL e.V. nicht realisiert werden konnte – trotz nachweislich vielfach dramatischer Mehrkosten, die entstehen durch die aktuellen und bevorstehenden strukturellen Herausforderungen in unserer Branche. Am Ende führt dies dazu, dass wie wir auch viele andere Marktteilnehmer in einer gewissen Art und Weise eigene Wege finden müssen mit Partnern und Kunden zielorientiert Lösungen zu finden.

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