Kühlaufbauten für Streetscooter Aufbauten unterscheiden sich in Kühlungsart

IAA Nutzfahrzeuge 2018 Hannover Foto: Joachim Mottl 8 Bilder

Streetscooter heißt das Fahrzeug der Stunde, verspricht es doch heute schon lokal null Emissionen auf der letzten Meile – und das als Großserienlösung. Nun gibt es den Transporter auch mit Kühlaufbau und autarken elektrischen Kühlmaschinen.

Keine Frage: Der Streetscooter hat der E-Mobilität im Güterverkehr auf der letzten Meile kräftig auf die Sprünge geholfen. Zunächst einmal hatte sich das Angebot auf Work-L-Fahrgestelle mit Kofferaufbauten beschränkt – ganz so, wie es der Eigenbedarf von DPDHL ist. Es folgten Aufbauten für kommunale Bedarfe, die auch für das Handwerk gute Dienste leisten. Zur IAA war nun eine ganze Zahl an isolierten Aufbauten für temperaturgeführte Transporte zu sehen. Das ist nur folgerichtig, denn diese Transporte machen ebenfalls einen großen Anteil am städtischen Lieferverkehr aus.

Anbieter setzen auf autarke Systeme

Doch das Segment weist ganz spezielle Herausforderungen auf. Schließlich sorgt hier sonst der konventionelle Antrieb auch dafür, dass die Kühlmaschine läuft. Im Falle von vollelektrisch angetriebenen Fahrzeugen würde das Kühlaggregat also die Batterie beaufschlagen. Die in dieser Fahrzeugklasse ohnehin knapp bemessene Kapazität der Batterie würde zusätzlich belastet, die Reichweite des Transporters sänke entsprechend. Die Anbieter der Kühlaufbauten für Streetscooter-Fahrgestelle haben zur IAA ganz unterschiedliche Herangehensweisen gezeigt, wobei sie alle auf autarke Systeme setzen, um die Reichweite nicht zusätzlich einzuschränken. Grundsätzlich sind die Streetscooter-Aufbauten in der Mehrzahl so dimensioniert, dass die in diesem Segment üblichen Ladungsträger wie E2-Kisten hineinpassen. Die Aufbauten unterscheiden sich vornehmlich in der Art und Weise der Kühlung und dem ATP-Zertifikat. Auch ganz besondere Lösungen, etwa für ein Tiefrahmenchassis, sind verfügbar.

Der Großserienhersteller Schmitz Cargobull (SCB) überlässt das Geschäft mit Aufbauten für leichte Fahrgestelle dem Tochterunternehmen Cargobull Van Bodies. Auf der IAA debütierte ein FRC- und HACCP-konformer Aufbau aus sogenannten Stratoplast-Paneelen – ein Aufbau aus Kunststoffpaneelen mit Stahlblech-Deckschicht und geschäumtem Kern in Wandstärken von 70 bis 85 Millimetern. Auch eine FNA-Ausführung für den Frischdienst mit geringerer Isolierung ist erhältlich. Die Zuladung der Variante mit einer Innenlänge von 2.517 Millimetern, einer Höhe von 1.306 Millimetern sowie einer Innenbreite von 1.683 Millimetern beträgt laut SCB 655 Kilogramm bei einem zulässigen Gesamtgewicht des Trägerfahrzeugs von 2.600 Kilogramm. Das Ladevolumen beträgt somit 5,6 Kubikmeter und reicht aus für 80 E2-Kisten. Der vollelektrische Kühltransporter lässt sich entweder mit aktiver oder mit passiver Kühltechnologie betreiben. Die Kühlung arbeitet über eine autarke Energieversorgung, sodass die Reichweite laut Hersteller nicht beeinträchtigt wird. Das Ausstellungsfahrzeug verfügt über eine Kühlmaschine von Webasto (Frigo Top FT 10) – eine autarke, vollelektrische Ausführung, die ihren Platz unterflur findet, damit das Ladevolumen nicht beeinträchtigt wird und auch der Aufbau nicht störend in die Höhe ragt – Stichwort: Höhenbegrenzung von Tiefgaragen.

IAA Nutzfahrzeuge 2018 Hannover Foto: Joachim Mottl
Meyer arbeitet mit STS zusammen und bezieht von dort GFK-Aufbaukomponenten.

Karosseriewerk Heinrich Meyer versteht sich auf Aufbauten für mittel- bis schwere Lkw-Fahrgestelle

Der große Vorteil des Serienproduzenten: Er hält ein eng gewebtes Netz an Servicepartnern vor, die in der Lage sind, den Aufbau zu warten und zu reparieren. Cargobull Van Bodies liefert den Aufbau als Bausatz an Fahrzeugbauer, wo er mit dem Chassis verheiratet wird. Die Konkurrenz schläft aber nicht. Beispielsweise in der Form eines auf Kofferaufbauten spezialisierten Herstellers, der seinen Platz auf der IAA gleich nebenan hatte. Das Karosseriewerk Heinrich Meyer aus Göttingen versteht sich auf Aufbauten für mittel- bis schwere Lkw-Fahrgestelle im städtischen Verteilerverkehr. Auch dort gibt es einen Kühlaufbau in Sandwich-Technologie, aktuell allerdings nur für den Frischdienst. Eigentlich verwendet Meyer Paneele mit Stahldeckschichten, die von SCB zugeliefert werden. Aus Gewichtsgründen kommt im Falle des Streetscooter ein reiner GFK-Aufbau zum Einsatz. Für diese Kompetenz hat sich das Karosseriewerk mit STS Kühlfahrzeuge zusammengetan. Der Clou dieses Modells: Meyer nutzt auch regenerative Energie, um die Kühlmaschine zu betreiben. Dazu sind Solarzellen auf dem Aufbaudach installiert.

Die Fotovoltaikanlage erzeugt eine Gesamtleistung von 720 Watt und speist sie in 12-Volt-Powerpacks, bestehend aus fünf 100-Ah-Batterien mit 230-Volt-Einspeisesteckdose, die das Kühlaggregat versorgen, eine Maschine koreanischer Herkunft namens ECO100 von Hwasung. Die Maschine kommt von der Stange, wurde aber von den Meyer-Ingenieuren in zwei Teile gesplittet, sodass nur der Verdampfer im Aufbau sitzt und der Rest wie Kondensator und Ladestation sich im Unterflur befindet, um den Laderaum nicht einzuschränken. Die Nutzlast der Multitemp-Ausführung beträgt bis zu 600 Kilogramm bei 2.600 Kilogramm zulässigen Gesamtgewichts. Laut Meyer ausreichend für bis zu 64 E2-Kisten. Die Batteriekapazität soll für Touren von bis zu acht Stunden (beheizt: fünf Stunden) und 20 Türöffnungen ausreichen. Die Fahrzeugreichweite betrage 120 Kilometer. Zum zweiflügeligen Heckportal kommen seitliche einflügelige Türen hinzu. Es muss aber keine Kältemaschine asiatischer Herkunft sein.

IAA Nutzfahrzeuge 2018 Hannover Foto: Joachim Mottl
Thermo-King empfiehlt das vollelektrische Kühlaggregat E-200 für den Streetscooter.

Thermoking Blue-Box überwacht die Kühlkette

Auch bei Thermo-King hat man die Zeichen der Zeit erkannt und liefert mit der E-200 ein vollelektrisches Aggregat, das sich für Streetscooter verwenden lässt. Thermo-King hält optional auch gleich die passende Telematik namens TK Blue-Box für die Überwachung der Kühlkette bereit. Zudem stehen zwei Kältemittel zur Wahl: R-452A (Opteon, besonders umweltfreundlich) und R-134a (Tetrafluorethan). Noch in der Erprobung befindet sich eine ganz besondere Kühlkofferausführung von Wilke Fahrzeugbau: ein Streetscooter mit Tiefrahmenchassis und scheibengebremster Zwillingsachse von TBZ. Diese Fahrgestellkonfiguration macht aus dem Work L einen veritablen 3,5-Tonner.

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Die Auflastung nutzt der Spezialist für Mehrkammeraufbauten dazu, einen Multitemp-Koffer aus GFK mit Tiefkühl- (bis minus 20 Grad Celsius) und Frischdienstabteil zu realisieren. Zudem ist der Aufbau ausreichend hoch, damit insgesamt sechs Rollis hineinpassen. Ein Spoiler schließt die Lücke zwischen Kabine und Aufbau. Unter dem Strich soll die Nutzlast dieses Modells 845 Kilogramm betragen. Zur Ausstattung gehören eine manuell betätigte Auffahrrampe am Heckportal mit Edelstahlrahmen, ein Rollvorhang, der die Kälte beim Laden möglichst im Aufbau hält, sowie eine Heckfahrkamera. Hinzu kommen Ladungssicherungseinrichtungen wie Sperrstangen und Lochschienen. Wer eine konventionelle Kühlmaschine sucht, wird hier nicht fündig. Wilke setzt auf eine eutektische Kühlung. Hier speichern eutektische Platten die Kälte, die zuvor im Depot von einer elektrischen Kältemaschine eingebracht wurde, erklärt Techniker Lars Wilke. Die Kälte geben die Platten während der Liefertour an den Innenraum ab. Der Prototyp läuft bei Chefs Culinar in Hamburg im Praxistest. Mit diesen Aufbauten dürfte der Siegeszug des Streetscooter auf der letzten Meile noch breiter ausfallen.

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Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
Lao 12 2018 Titel
lastauto omnibus 12 / 2018
10. November 2018
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