Gerade haben wir in Berlin die neuen Preisträger der Telematik für die Transport- und Logistikbranche gekürt. In dieser zweiten Auflage des vom ETM Verlag ausgelobten Deutschen Telematik Preises waren viele der am Markt etablierten Telematikanbieter vertreten, aber durchaus nicht alle. Einige wagen es wohl nicht, sich dem Wettbewerb zu stellen. Schade, denn aus Sicht der Nutzer ist es doch wünschenswert, etwas Licht in den nicht gerade transparenten Telematikmarkt zu bringen.
Neben den Usability-Schwachstellen der Systeme, über die ich an dieser Stelle schon in der letzten Ausgabe der TeleTraffic referiert habe, darf man durchaus festhalten, dass die Systeme insbesondere bei der Funktionalität die wesentlichen Anforderungen der Nutzer abdecken. Und dass die Funktionen tagtäglich in den Unternehmen genutzt werden.
Eine vor ungefähr einem Jahr durchgeführte Studie der DHBW Ravensburg in Kooperation mit dem Portal Telematikwissen.de hat als wichtigste und laufend genutzte Funktionen in der Flottentelematik die Positionsbestimmung der Fahrzeuge, das Management der Transportaufträge und die auftragsbezogene Zielführung für den Fahrer identifiziert. Das ist heute eigentlich Standard bei den angebotenen Systemen. Folgt man der Definition für "Digitalisierung" aus Wikipedia ("… die Erstellung digitaler Repräsentationen von physischen Objekten, Ereignissen oder analogen Medien"), dann darf man zweifellos behaupten, dass die Telematik Trendsetter für die Digitalisierung in der Transportlogistik war.
In der erwähnten Studie wurden potenzielle Telematiknutzer auch nach ihren Hauptkriterien für die Auswahl eines Systems befragt. Dazu wurden neben den Kosten insbesondere die Interoperabilität mit den verwendeten Fahrzeugtypen und einfaches Handling genannt. Womit wir wieder bei der Usability wären, aber nicht weiter vertiefen. Der Wunsch nach Interoperabilität stammt naturgemäß aus der Tatsache, dass viele Transportflotten hinsichtlich der benutzten Fahrzeugtypen sehr heterogen sind. Hier tun sich dann die Nachrüstsysteme etwas leichter als die von den Fahrzeugherstellern angebotenen und ab Werk verbauten Systeme.
Schlaue Algorithmen helfen bei der Tourenauswertung
Doch machen wir uns nichts vor, in wenigen Jahren werden Telematikgeräte ganz selbstverständlich zur Grundausstattung von Nutzfahrzeugen gehören und zyklisch Unmengen von Daten aus den Fahrzeugsystemen in die Cloud senden, wo man mittels schlauer Algorithmen Tourenauswertungen, Fahrerbewertungen, prädiktive Wartungsempfehlungen und vieles mehr generieren wird. Nachträglich eingebaute Bordrechner braucht es dann nicht mehr, sofern die Fahrzeughersteller die erhobenen Daten diskriminierungsfrei Dritten zur Verfügung stellen.
Natürlich muss es dann Sache des Fahrzeugbetreibers sein, zu entscheiden, wer die Daten aus seinem Fahrzeug weiter verarbeiten darf. Nur so macht die weitere Digitalisierung Sinn. Das Geschäftsmodell der Nachrüsttelematiker muss sich daher wandeln, weg vom Verkauf der Boxen, hin zu Mehrwertdiensten. Dabei gilt es, die zweite Front im Kampf um den Kunden im Auge zu behalten. Im Zuge des Internets der Dinge wird ja auch das Transportgut selbst immer smarter.
Bald funken auch alle Transportbehälter
Sind heute nur größere Transportbehälter, wie etwa Gitterboxen, mit Systemen zur Identifikation und manchmal auch schon Lokalisation ausgestattet, könnte das in einigen Jahren auch auf die zu transportierende Ware selbst zutreffen. Es wird daher nicht mehr nötig sein, dass ein Telematiksystem über Barcode-Scanner oder RFID-Tags die im Fahrzeug transportierte Ware identifiziert. Das teilt die Ladung der Cloud dann schon selbst mit.
In diesem gar nicht so unwahrscheinlichen Szenario müssen die Telematikanbieter ihre heutigen Systeme und Geschäftsmodelle deutlich anpassen, um weiterhin Trendsetter der Digitalisierung im Nutzfahrzeug zu bleiben. Lassen Sie uns den Gedanken mal weiter spinnen. Der fahrerlose Lkw ist auf der Zeitachse nicht mehr weit entfernt. Wann kommt dann die disponentenlose Disposition? Ich vermute, sogar vorher.