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Feuer auf Containerschiffen Risiko für Spediteure auf See

Foto: Maersk, Montage: Götz Mannchen

Der Trend zu Mega-Schiffen lässt die Feuergefahr an Bord steigen. Doch Spediteure können ihre Haftung minimieren.

Mit der wachsenden Größe von Containerschiffen steigt für Spediteure die Wahrscheinlichkeit, eine Box an Bord zu haben, wenn ein Brand ausbricht. Auch wenn die Fracht unbeschadet davonkommt, kann die Abwicklung der Unfallfolgen ein langwieriges und teures Unterfangen werden. Beim letzten Großbrand, auf der "Maersk Honam", gelang es der Mannschaft nicht, das am 6. März ausgebrochene Feuer rechtzeitig unter Kontrolle zu bringen, fünf von 27 Seeleuten kamen ums Leben. Die entstandenen Schäden sind beträchtlich, Experten gehen von mehreren Hundert Millionen Euro aus. Dabei hat es sich nicht um einen Seelenverkäufer mit schlechten Brandschutzsystemen gehandelt, vielmehr war das 353 Meter lange Mega-Schiff mit 7.860 Containern an Bord erst vergangenen August in Dienst gestellt worden. Auf dem Weg von Singapur nach Suez brach offenbar im Frachtraum nach einer schweren Explosion das Feuer aus.

Alle Parteien haften

Letzten Informationen zufolge sollte das Schiff als Nothafen Jebel Ali in Dubai anlaufen, aber bis zum Anlegen könne es noch Wochen dauern, so die Informationen der dänischen Reederei Maersk Line, berichteten Medien am 22. März. Maersk hatte am 9. März Haverie Grosse erklärt, was bedeutet, dass alle am Seetransport beteiligten Parteien im Verhältnis zu den geretteten Waren haften. "Auf die Unternehmen können so Ansprüche bis zur Höhe des eigentlichen Warenwertes zukommen – insbesondere dann, wenn die eigene Ware unbeschadet am Zielort angekommen ist oder am Nothafen gelöscht wurde", so die Erläuterungen des internationalen Versicherungsmaklers Schunck Group.

Im Fall der "Maersk Honam" wird vermutet, dass sie in erheblichem Umfang für Deutschland bestimmte Waren transportierte. Das erhalten gebliebene Gut muss im Nothafen entladen und von der Reederei ihrer Beförderungspflicht gemäß an seine Bestimmungsorte weiterbefördert werden, hält der Rechtsanwalt und Kommentator des deutschen Seehandelsrechts, Dr. Kay Uwe Bahnsen, in einem Memo für den DSLV fest. Einen solchen Hafen zu finden kann sich auch aufgrund der Größe des Schiffes als schwierig gestalten, im Jahr 2013 dauerte es zwei Monate, bis die "MSC Flamina" in Wilhelmshaven festmachen konnte. Auch intakt gebliebenes Gut wird aber nicht unmittelbar ausgeliefert, denn Reederei und die Berger fordern im Gegenzug für die Freigabe Sicherheiten. Die Reederei hat ein Pfandrecht an der Ware und kann unbeschädigtes Gut so lange zurückhalten, bis der Eigentümer seinen Kostenanteil an der Großen Haverei bezahlt hat. Dies geschieht üblicherweise in Form von Havereibonds und -garantien. "Während der Bond durch den jeweiligen Ladungsinteressenten zu zeichnen ist, sind für die Garantien die Ladungsversicherer zuständig, wenn das Gut versichert war", so Bahnsen.

Ohne Versicherung muss in der Regel bar bezahlt werden

Besteht eine Transportversicherung, wird durch die Versicherungsgesellschaft per Haverie-Grosse-Verpflichtungsschein (Average Guarantee) sichergestellt, dass der Kostenanteil übernommen wird, erläutert Schunck. Ohne Versicherung müsse in der Regel bar bezahlt werden (Cash Deposit). Diese Sicherheiten werden von dem vom Reeder beauftragten Dispacheur eingesammelt, der auch die Berechnung der Kostenverteilung vornimmt. Der ganze Prozess nehme in der Regel mehrere Jahre in Anspruch, unterstreicht Bahnsen und mahnt zur Vorsicht bei der Zeichnung von Havereibonds. "Die von den Reedern beauftragen Dispacheure versuchen, obgleich sie allen Beteiligten gegenüber zur Neutralität verpflichtet sind, häufig, die Ladungsbeteiligten und ihre Versicherer durch den von ihnen vorgegebenen Wortlaut der Havereibonds und -garantien auch auf rechtsändernde Erklärungen festzulegen", warnt er.

Derzeit jedenfalls lasse sich noch nicht absehen, ob und in welcher Höhe Havereibeträge entrichtet werden müssen, insbesondere ein Eigenverschulden des Reeders könne solchen Ansprüchen entgegenstehen. "Glücklicherweise sind wir, beziehungsweise unsere Kunden, von dieser Haverie Grosse nicht betroffen", zeigte sich ein Seefrachtspediteur gegenüber trans aktuell erleichtert. Der Fall mache aber deutlich, dass Seetransporte mit besonderen Risiken verbunden seien, die im Falle einer Haverie Grosse zu Zusatzkosten führen könnten. Damit gewinne eine Warentransportversicherung für Seefracht zusätzlich zur reinen Absicherung gegen Verlust oder Beschädigung während des Transports besondere Bedeutung.

Seefracht oft unfrei

"Denn gerade in einem solchen Fall haftet der Spediteur in der Regel nicht", führte er aus. Hinzu komme, dass Seefracht vielfach unfrei versendet werde und das Risiko für die Seefrachtstrecke beim Käufer beziehungsweise Empfänger liege. Ein Unglück wie dieses sei immer wieder ein guter Anlass, bei den Kunden den Abschluss einer Warentransportversicherung zu thematisieren. Kurz nach dem Unglück auf der "Maersk Honam" gab es einen weiteren Brand auf der "Maersk Kensington", die mit 3.518 Containern (5.616 TEU) beladen war. Hier konnte die Mannschaft das Feuer unter Kontrolle bringen, indem sie CO2 in den Laderaum einleitete. Schiffsversicherer befürchten schon länger, dass wirtschaftlicher Druck den Trend zu noch größeren Schiffen verstärkt und dass die Sicherheitssysteme nicht mit deren wachsender Größe mithalten.

"Solche Mega-Schiffe versprechen vielleicht mehr Effizienz, aber es gibt auch neue Risiken bei Bergungsarbeiten oder bei der Suche nach einem passenden Nothafen", betont der Spezialversicherer AGSC, ein Tochterunternehmen des Allianz-Konzerns. Die Kosten nach einem Unglück steigen danach mit der Größe des Schiffes nicht linear, sondern exponentiell an. "Mehr Container kann auch heißen, dass es schwieriger wird, ein Feuer zu lokalisieren und unter Kontrolle zu bekommen", erläutert die AGSC. Um die Risiken zu minimieren, müsse es zuallererst genauere Ladungsverzeichnisse geben. Denn Schätzungen zufolge sind mehr als ein Drittel der Boxen, die Gefahrgut enthalten, falsch gekennzeichnet. Wenn diese Fracht Feuer fange, werde es für die Besatzung schwierig, die richtige Löschmethode zu finden.

Was tun?

Im Schadenfall

Bei einem Verlust von Containern empfiehlt die Schunck-Gruppe, dies den betroffenen Versicherern sofort zu melden. Entsprechende Vordrucke sollten an den Wareninteressenten (Average Bonds) zur Zeichnung beziehungsweise an den Versicherer (Insurers’ Average Guarantee) eingereicht werden. Ferner benötigen die Versicherer die Handelsrechnung und alle entsprechenden Unterlagen wie Ladeliste, Bill of Lading (MBL + HBL), Verkehrsvertrag. Nach Sichtung der Schadenmeldung und der Unterlagen prüfen sie Haftung und Deckung.

Bei geretteten Containern

Für Güter, die unter Umständen noch zu retten sind, haftet der Eigentümer bis zum „Gesundwert“ seiner transportierten Ware für die Rettung von Schiff und Ware. Die Warentransportversicherung gewährt auch hierfür Versicherungsschutz. Die Versicherung bestätigt diesen gegenüber dem Average Adjuster, der dann in der Regel die Ware freigibt. Die anteiligen Rettungskosten begleicht der Versicherer nach Abschluss des nicht selten mehrjährigen Verfahrens. Hierzu ist es besonders wichtig, dem Versicherer so schnell wie möglich die entsprechenden Dokumente des Average Adjuster weiterzuleiten.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
TA 09 2018 Titel
trans aktuell 09 / 2018
20. April 2018
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