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Die Pläne von Hellmann-Chef Dr. Thomas Knecht Hellmann schreibt operativ wieder Gewinne

Foto: Hellmann

Er steht vor der Aufgabe, das Unternehmen wieder profitabel zu machen und gemeinsam mit den beiden Inhabern den Generationswechsel einzuläuten: Im Gespräch mit eurotransport.de erläutert der neue Vorsitzende der Geschäftsführung bei Hellmann Worldwide Logistics, Dr. Thomas Knecht, seine Pläne und spricht über die bisherigen Erfolge.

eurotransport.de: Herr Dr. Knecht, seit einem Jahr lenken Sie mit den Cousins Jost und Klaus Hellmann die Geschicke des Logistikdienstleisters Hellmann, seit kurzem als Vorsitzender der Geschäftsführung. Wie lautet Ihr erstes Resümee?

Dr. Knecht: Es war ein spannendes Jahr. Wir sind als Familienunternehmen dabei, den Generationswechsel aktiv zu vollziehen. Das ist für Konzerne in unserer Größenordnung kein einfacher oder selbstlaufender Prozess. Er erfordert einen hohen Grad an Erkenntnis und Entschlossenheit.

Sie sprechen von einem spannenden Jahr – spannend im Sinne von anstrengend oder hat es auch Spaß gemacht?

Es hat auch Spaß gemacht. Das Jahr war arbeitsintensiv, aber aussichtsreich. Wir sind operativ sehr gut voran gekommen, liegen in der Gesamtmargenentwicklung operativ über Plan und Vorjahr. Insofern sind wir schon zufrieden. Natürlich gibt es noch Herausforderungen.

Nämlich?

Beim Generationswechsel geht es ja nicht nur um wirtschaftliche Facetten, sondern auch um menschliche. Denen muss man gerecht werden. Hier zeigt Hellmann aber seine Stärken: Wir waren ein Familienunternehmen, sind es und werden es bleiben – immer mit der Grundidee, dass der Chef noch selber kocht. Will sagen: Wir sind keine Abwicklungsmaschinerie, die nur noch mit Callcentern arbeitet. Bei uns sind eigene Mitarbeiter dran. Und genau die Mitarbeiter gilt es im Wandel und im Umbauprozess mitzunehmen.

Sie hatten schon vorher als Berater bei Roland Berger Einblicke in das Unternehmen. Was war der besondere Reiz, dass sie Hellmann nicht nur von außen beraten wollten, sondern in führender Funktion gleich zu dem Unternehmen gewechselt sind?

Es war die besondere Konstellation mit vier Unternehmern an der Spitze, die innerhalb von 40 Jahren aus einem Mittelständler mit zwei Standorten und einem Umsatz von 160 Millionen Mark einen Konzern mit drei Milliarden Euro Umsatz und 12.500 Mitarbeitern in 56 Ländern aufgebaut haben. Das zeigt, welche enorme unternehmerische Kraft hier vorhanden ist. Ich habe die beiden Inhaber schon vorher begleiten und ihr Vertrauen gewinnen können. Daher habe ich es als besondere Ehre aufgefasst, mit diesen erfolgreichen Unternehmern den Prozess des Generationswechsels zu vollziehen.

Können Sie mit den beiden Cousins konstruktiv zusammenarbeiten? Es heißt ja, dass der Haussegen schief hängt.

Das Manager-Magazin, auf dessen Berichterstattung Sie wahrscheinlich anspielen, hat einerseits reißerische Thesen verbreitet. Andererseits ist natürlich auch etwas dran. Wir haben zwei Persönlichkeiten an der Spitze, die beide in den 60ern sind und auf ein erfolgreiches Lebenswerk zurückblicken können. Allein durch die fachliche Trennung – Jost Hellmann verantwortet die Luft- und Seefracht, Klaus Hellmann den Landverkehr – haben sie auch ihre eigene Sicht der Dinge entwickelt. So ein Diskurs muss nicht schlecht sein. Was bisher aber gefehlt hat, war die dritte Stimme im Raum, die gesagt hat: Wir biegen nach links oder rechts ab und treffen eine Entscheidung. In der Situation sind wir heute, es wird in der Geschäftsleitung keine Pattsituation mehr geben. Das zeigt sich schon 2016, wo klare Entscheidungen positive Auswirkungen auf die Profitabilität hatten.

Können Sie das konkretisieren?

Relevante Kennzahlen sind für uns der Rohertrag und die Rohertragsmarge. Dort haben wir in der Gruppe ein zweistelliges prozentuales Wachstum. Das zeigt, dass unser Geschäftsmodell intakt ist und wir auf dem richtigen Weg sind.

Folgt nach zwei defizitären Jahren ein profitables?

Operativ wird es profitabel, sodass der Turnaround schon erreicht ist. Jeder Umbau erfordert aber außerordentliche Aufwendungen, welche die Gewinn- und Verlustrechnung 2016 deutlich belasten werden. Unsere Zielmarge von 2,7 Prozent werden wir trotzdem nicht aus den Augen verlieren.

Wann wollen Sie die erreichen?

So schnell wie möglich. Die 2,7 Prozent haben wir uns übrigens nicht selbst vorgegeben. Dafür wurden 42 Wettbewerber analysiert – ihre Produkte und ihre Profitabilität. Im Schnitt sind wir auf die 2,7 Prozent gekommen, die wir als Konzernmessgröße definieren.

Können Sie aufgliedern, welche Kostenblöcke hinter den außerordentlichen Belastungen stecken?

Wir streben die Rechtsform einer europäischen SE an. In diesem Zusammenhang fallen Kosten an – seien es durch Rechts- oder Wirtschaftsprüfungsberatung. Auch die angestrebte Aufgliederung in Teilkonzerne ist kostspielig. Es geht darum, eine dreistellige Anzahl an Firmeneinheiten zu konsolidieren. Dann geht es um die Optimierung von Prozessen und Strukturen, die ebenfalls zu Aufwendungen führen. Und zu guter Letzt gibt es auch die Finanzierung unserer Dreijahresplanung heute nicht mehr zum Nulltarif. Man hat sich also ein Päckchen zusammengeschnürt, auf das man im Grunde lieber verzichten würde, was aber nicht geht. Auch nächstes Jahr wird es außerordentliche Aufwendungen geben. Eine Neuausrichtung ist eben nicht an einem Nachmittag gemacht.

Wird das Päckchen Sie in der Fortbewegung hindern, etwa, dass Sie ihre Investitionen drosseln müssen?

Wir haben ein Dreijahreskonzept aufgestellt, das ganzheitlich die Wettbewerbsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Unternehmens beleuchtet. Es bezieht sich auf alle drei Produktbereiche –  Luft- und Seefracht, Landverkehr und Kontraktlogistik. Und es sieht in diesen drei Bereichen auch ausdrücklich Investitionen vor.

Gibt es gemeinsame Ziele für alle Bereiche?

Nein, weil die Geschäftsmodelle in den Produktbereichen zu unterschiedlich sind. Während wir in der Luft- und Seefracht einen Asset light-Ansatz verfolgen, kommt die Kontraktlogistik nicht ohne eigene Assets in Form von Immobilien aus. Die Luft- und Seefracht ist ein internationales Geschäft, hier prüfen wir zum Beispiel unsere Performance in einzelnen Ländern oder die verbesserte Auslastung einzelner Routen. Der Landverkehr bezieht sich bei uns stark auf Europa. Hier geht es um eine intelligente Strategie für die nächsten Jahre. Übergreifend gilt, dass wir in allen Produktbereichen unsere Hausaufgaben machen müssen.

Sie haben die Aufgliederung in Teilkonzerne erwähnt. Sie wollen die Luft- und Seefracht in einem Teilkonzern zu bündeln und das Straßen- und Schienengeschäft in einem anderen. Was ist die Absicht dahinter?

Die Intention ist es, zum einen Transparenz zu schaffen. Die vielen Gesellschaften unter dem Dach der Holding werden klar einem Bereich zugeordnet. Zum anderen geht es darum, Verantwortlichkeiten und Entscheidungskompetenz zuzuweisen. Das Ganze soll zu einer Professionalisierung der Managementstrukturen führen. Hellmann wird dadurch leichter zu führen sein.

Birgt das nicht eher die Gefahr eines Nebeneinanders?

Nein, denn allein schon wegen großen internationalen Kunden brauchen wir eine starke Verzahnung aller Bereiche. Der betreffende Key Account Manager wird dafür Sorge tragen, dass der Kunde die bestmögliche Leistung erhält – und zwar produktübergreifend. In der Konzernleitung wacht darüber der Chief Commercial Officer.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen den neuen Strukturen, die Sie sich geben, und der angestrebten neuen Rechtsform SE?

Beides hängt mit unserem starken Wachstum und unserer Internationalisierung zusammen. Es hat aber auch mit unseren Gesellschaftern zu tun. Aktuell sind es zwei, Jost und Klaus Hellmann, die den Generationswechsel angestoßen haben. Die nächste Generation ist maximal 30 Jahre alt, sechs Kindern sind es an der Zahl – so dass wir mindestens eine Dekade an Fremdmanagement erleben werden. Das alles führt dazu, dass man keinen Automatismus hat, dass die nächste Generation auch in die Geschäftsführung oder den Vorstand strebt. Die SE ist eine Antwort darauf. Sie folgt klar einer Vorstands- und Aufsichtsratsstruktur und trägt zu einer Professionalisierung bei. Die Inhaber haben festgelegt, welche Qualifikationen ein Gesellschafter mitbringen muss, damit er für solche Funktionen infrage kommt.

Sie sprechen von mindestens einer Dekade Fremdmanagement. Damit ist letztlich Ihr Wirken bei Hellmann gemeint. Sehen Sie es als Auftrag auf Zeit?

Ich habe schon ein langfristiges Interesse daran, diesen Übergang mit der Familie und dem Management zusammen zu entwickeln. Umgekehrt ist alles im Leben endlich.

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