Steyr 19 S 31 von 1989 Die Geschichte lebt

Jubiläum 40 Jahre FF, FF 7/2023, Rückblick, Oldtimer, Steyr Foto: ETM Archiv 7 Bilder

Die 80er-Jahre kann man getrost als letzte Hochzeit der Steyr-Lkw bezeichnen. Die Österreicher waren konkurrenzfähig – und vor der Übernahme durch MAN noch eigenständig. Doch die Geschichte reicht viel weiter zurück und erfährt dieser Tage eine spannende Wendung.

Gemessen an der Historie der Steyr-Daimler-Puch AG sind die vier Jahrzehnte des FERNFAHRER nur Peanuts. Bis auf den Zeitraum zwischen 1820 und 1830 lässt sich das Unternehmen zurückverfolgen. Ausgerechnet mit der Eröffnung einer Gewehrfabrik nahe Steyr wurde der Grundstein gelegt für den Konzern, der in den 1980ern in fast unzähligen Sparten rund 17.000 Beschäftigte zählte.

Die ersten Lkw der Steyr-Daimler-Puch AG liefen in den 1930er Jahren vom Band, wobei "vom Band laufen" angesichts der kleinen Stückzahlen vielleicht etwas großspurig daherkommt. Im Zuge des Zweiten Weltkriegs wurde die Fertigung von Lkw und Mannschaftswagen weiter fokussiert, für den Vortrieb sorgten luftgekühlte V8-Ottomotoren. Auf dieser Basis ist auch nach Ende des Kriegs produziert worden – zum Wiederaufbau schließlich hat es reichlich Lkw gebraucht.

Ende der 1950er Jahre präsentierte die Steyr-Daimler-Puch AG mit dem Haflinger eine bis heute legendäre Gelände-Ikone, gefolgt vom Pinzgauer. Zwei Fahrzeuge, die es mir als Geländewagen-Fan besonders angetan haben. Aber auch der Steyr 380 sei hier erwähnt, zum Start 1948 der erste Diesel-Lkw der Marke. Es folgten viele weitere, teils wunderschöne Rundhauber. Doch hier soll es um die kantigen Steyr-Frontlenker der 1980er Jahre gehen, ganz konkret um den Steyr 19 S 31.

In Ausgabe 1 von 1989 stellte sich die Sattelzugmaschine dem Test im FERNFAHRER, ein halbes Jahr nach meiner Geburt. Ihr werdet also hoffentlich entschuldigen, dass ich dem Urteil des damaligen Autors Michael Brettnacher einfach mal vertraue. So wirklich nachprüfen konnte ich es seiner Zeit nicht. Brettnacher nannte den Steyr "Die Alternative" und sah in ihm ein "solides Gerät für alle Einsätze, die nicht ständig Höchstleistung erfordern". Dafür verantwortlich: der Sechszylinder-Turbodiesel des Testwagens, der aus zehn Litern Hubraum 315 PS schöpfte. Damit war der Steyr für Brettnacher ein Vertreter der Klasse unterhalb der damals gängigen Brot-und-Butter-Sattelzüge mit hubraumstärkeren Motoren.

Weniger Hubraum, weniger Durst, mehr Nutzlast

Aus heutiger Sicht kommt das Drehmoment wirklich bescheiden daher. 1.250 Nm im Maximum bei 1.300 Touren, da musste das synchronisierte ZF 16 S130 Ecosplit fleißig bedient werden. "Auf der Landstraße läßt man den Steyr im schnellsten Gang rollen. Sobald jedoch Kraftzufuhr vonnöten ist, muß man zurücksplitten", schrieb Brettnacher vielsagend. Gleichzeitig schaute er aus seiner 80er-Jahre-Brille zurück in die Vergangenheit: "Vor zehn Jahren war die PS-Klasse des 19 S 31 noch Standard im Oberhaus. Allerdings mit erheblich weniger Drehmoment." Alles eine Frage des Blickwinkels!

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Außerdem rechnete sich der Verzicht bei Hubraum und Leistung in den 1980er Jahren noch richtig an der Zapfsäule. Der Verbrauch des Sechszylinders lag laut Brettnacher im Vergleich zum 370 PS starken Steyr mit V8 um ein bis drei Liter pro 100 Kilometer niedriger. Dazu lockte der rund sieben Tonnen schwere 19 S 31 mit einer halben Tonne mehr Nutzlast.

Auch die Kabine erscheint aus heutiger Sicht in einem anderen Licht als das 1989 für Michael Brettnacher der Fall war. Er schrieb: "Über das Innenleben der Hütte ist wenig Neues zu berichten. Das Alte ist weiterhin erfreulich: viel Platz und das meiste am rechten Ort." Viel Platz!? Beim Blick auf das Cockpit-Foto bekomme ich als Freund moderner Lkw eher Platzangst. Die Motortunnel ist riesig und wird mit Ablagen getoppt. An einen Durchstieg ist nicht zu denken, man kann nicht wirklich stehen und sich kaum umziehen.

Alles Dinge, die heute selbstverständlich sind. Und das gerade für die Lkw, die jetzt wieder vom Band laufen in Österreich: Nach der Übernahme durch MAN ist die Marke Steyr nämlich langsam ausgelaufen, Mitte dieses Jahres stellt MAN dann auch die Produktion der eigenen Fahrzeuge in Steyr ein.

Dafür werden hier die vollelektrischen Volta Zero mit Elektro-Achse und 250 kW von der noch jungen Steyr Automotive gefertigt, die das Werk übernommen hat. Die 16-Tonner mit niedrigem Fahrerhaus samt großflächiger Verglasung können ohne Trittstufe geentert werden, mangels raumgreifender Motor-Getriebe-Einheit ist Platz ohne Ende. Vorbestellungen sind laut Volta bereits fleißig eingetroffen, die Produktion von Lkw in Steyr erfährt also zumindest für den Moment eine Fortsetzung.

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