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Christoph Günter, President EMEA bei SAF-Holland „Daten intelligent interpretieren“

Thomas Küppers Foto: Thomas Küppers

Der President der Region EMEA bei SAF-Holland, Christoph Günter, im Gespräch mit trans aktuell über KI und Algorithmen bei Trailern.

Herr Günter, Sie waren viele Jahre bei Knorr-Bremse, jetzt sind Sie in neuer Funktion als President der Region EMEA bei SAF-Holland. Wie sind Sie bislang ­angekommen?

Günter: Nach den ersten 100 Tagen in meiner neuen Funktion kann ich ein sehr positives Resümee ziehen. Ich bin von meinen neuen Kollegen mit offenen Armen empfangen worden, was den Einstieg enorm erleichtert hat. Ich kannte SAF-Holland schon aus meiner Tätigkeit bei Knorr-­Bremse, sie war mein größter Kunde, sodass ich auf viele bekannte Gesichter getroffen bin. Auch viele meiner jetzigen Kunden habe ich bereits zu Knorr-Bremse-Zeiten betreut, sodass zum Start nicht alles neu war.

Wie würden Sie die Kultur von SAF-Holland beschreiben?

Bei SAF-Holland steht der Kunde im Fokus. Die Kultur würde ich als sehr offen und kon­struktiv sowie als sehr verlässlich beschreiben. Das Unternehmen ist mittelständisch geprägt, was sich unter anderem in sehr kurzen Entscheidungswegen mit einer pragmatischen Entscheidungsfindung bemerkbar macht und gleichzeitig den Mitarbeitern Freiraum zur Entfaltung und zu unternehmerischem Handeln bietet. Das hat mir schon in der Vergangenheit sehr zugesagt und war einer der Gründe, warum ich mich für den Wechsel zu SAF-Holland entschieden habe. Zudem steht für mich jetzt der Trailer im Fokus.

Womit beschäftigen Sie sich zurzeit intensiv bei SAF-Holland?

Neben der Einarbeitung und dem Kennenlernen der Kunden steht für mich in Europa das Thema Innovation im Fokus – wie wohl vielerorts in der Industrie. Und die Frage: Was können wir zu den Megatrends Digitalisierung, automatisiertes Fahren und Elektrifizierung beitragen? Als Unternehmen mit etwa 1,3 Milliarden Euro Umsatz müssen wir hier sehr fokussiert vorgehen und entscheiden, welchen Megatrend wir in welcher Ausprägung mitgehen und wo wir unsere Schwerpunkte setzen.

Was hat Priorität? Digitalisierung? Leichtbau?

Hier gilt es, die Zeitschiene zu betrachten. Leichtbau beschäftigt uns jeden Tag – und das schon seit Jahrzehnten. Auf der anderen ­Seite gibt es die Megatrends Digitalisierung, Elektrifizierung und automatisiertes Fahren. Das sind eher mittel- bis langfristige Themen.

Das heißt also: Leichtbau nicht unbedingt als Innovation, sondern als Entwicklung.

Ja, ich würde Leichtbau als Entwicklung und Innovation am bestehenden Produkt bezeichnen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Grundlageninnovation wie bei der Elektrifizierung oder beim automatisierten Fahren.

Können Sie die Mehrkosten für den Leichtbau an Ihre Kunden weitergeben?

Bei Silo- und Tankfahrzeugen sind die Kunden bereit, für den zusätzlichen Aufwand zur Gewichtseinsparung einen Aufpreis zu zahlen. Da reden wir aber eher von einem Nischenmarkt. Bei den Standardanwendungen gilt es, die Balance zwischen dem zusätzlich vertretbaren Aufwand und dem Mehrwert für den Kunden zur weiteren Gewichtseinsparung zu finden.

Nun fertigen ja die großen Trailerhersteller allesamt eigene Achsen. Wie gelingt es SAF-Holland, die Endkunden davon zu überzeugen, sich für eine SAF-Achse zu entscheiden?

Wir punkten hier mit verschiedenen Produkteigenschaften wie beispielsweise dem Gewicht, der Zuverlässigkeit und der Qualität sowie der Bewährtheit am Markt und im Feld. Ebenso mit unserem Servicenetzwerk und der Verfügbarkeit der Ersatzteile. Service ist eine der Stärken von SAF-Holland. Dies gilt für unsere Nähe zu den direkten Kunden, sprich den ­Trailer-OEs, ebenso für die Flotte und den Servicefall.

Sehen Sie Lücken, wo man das Servicenetz noch verdichten muss?

Das hängt davon ab, wo man sich gerade in Europa befindet. 90 Prozent haben wir flächenmäßig gut abgedeckt, wir beschäftigen uns aber kontinuierlich damit, das Netzwerk weiter auszubauen.

Wie steht es bei den Achsen um die Industrie 4.0?

Damit beschäftigen wir uns sehr intensiv. Ich sehe das unter dem Stichwort „Digitalisierung“. SAF-Holland hat vor knapp zwei Jahren das englische Unternehmen Axscend erworben, einen Spezialisten für digitales Trailermanagement. Im Zuge dessen beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Daten wir aus dem Fahrwerk bekommen, um Predictive Maintenance anbieten zu können, also präventive Instandhaltung. Wir möchten vorab erkennen, ob sich ein Schaden anbahnt, sodass wir den Trailer schon vorher in die Werkstatt bringen und reparieren lassen können. Unsere Strategie ist es, unser bestehendes Produktportfolio mit Intelligenz anzureichern. Ebenso mit Sensorik, um diese Daten dann über eine Telematikeinheit in die Cloud zu bringen. In der Cloud können wir dann den Service und die Algorithmen anbieten, um Daten aus dem Fahrwerk zu verarbeiten und intelligent zu interpretieren. Wir wollen als SAF-Holland nicht ein beliebiger Telematikhersteller sein, der eine Standard-Track-and-trace-Funktion anbietet.

Wem sollen die Daten in der Cloud dann gehören: SAF-Holland oder den Trailer-OEs?

Die Daten und der Besitz sind für uns nicht das Entscheidende. Die Intelligenz liegt in den Algorithmen, die wir verwenden, um sie auszuwerten. Uns geht es darum, das Fahrwerk intelligenter zu machen, und um die Frage: Welche Sensoren und welche Intelligenz können wir unseren Kunden anbieten? Wichtig ist es, eine Schnittstelle zu definieren, an der wir mit unseren Algorithmen auf die Daten zugreifen, sie analysieren und dann ein Ergebnis aus dieser Intelligenz zurücksenden können – auch vielleicht an einen Telematikdrittanbieter.

Wo stehen Sie denn aktuell mit Axscend?

Im Moment ist Axscend noch ein Unternehmen, das sich sehr stark auf den englischen Markt konzentriert. Die englische Gesetzgebung macht es sehr attraktiv, Trailer mit dem Electronic Braking Performance Monitoring System (EBPMS) auszurüsten. Sind Trailer mit EBPMS ausgerüstet, müssen sie seltener auf den Rollenprüfstand. Axscend war eine der ersten Firmen am Markt, die EBPMS als Softwarelösung angeboten haben – deswegen die Konzentration auf den englischen Markt. Wir möchten das Produkt nun nach Europa bringen. Dafür müssen wir die Funktionalitäten dieses Produkts mit den Funktionalitäten aus dem Fahrwerk verheiraten. Darin sehen wir unsere Stärke.

Von der Digitalisierung zur Elektrifizierung: Die E-Achse ist auch ein Megathema. Was werden wir hierbei dieses Jahr erleben? Mehr Marktreife?

Es kristallisiert sich zunehmend ein Markt für elektrische Achsen heraus. Unsere TRAKe ist eine elektrisch angetriebene Achse, die wir in Kooperation mit der Firma Lohr in drei Testfahrzeugen verbaut haben. Eins davon läuft in Südafrika, weitere werden in Nordamerika und in Europa derzeit aufgebaut. Ebenso befassen wir uns mit der Rekuperationsachse für Kühlfahrzeuge, unserer TRAKr. Verschiedene Kunden im Markt zeigen hier großes Inte­resse. Einerseits die Kühlgerätehersteller selbst, andererseits auch die Trailer-OEs, die sich vermehrt mit dem Thema Rekuperation beschäftigen. Über Rekuperation kann die Batterie geladen werden, sodass die Batterien kleiner werden.

Befindet sich die E-Achse für die TRAKr auch schon in der Kundenerprobung?

Auch mit der TRAKr werden wir dieses Jahr in die Kunden­erprobung gehen. Darauf fokussieren wir uns im Moment sehr stark.

Wie steht es um die Automatisierung bei SAF?

Bei der Achse sehe ich die Auswirkungen des automatisierten Fahrens derzeit als begrenzt bis nicht vorhanden an. Im Bereich der Sattelkupplung kümmern wir uns hingegen intensiv um die Automatisierung. Das autonome Kuppeln haben wir bereits bei der IAA Nutzfahrzeuge 2018 vorgestellt. Dieses Jahr werden wir das an einem Fahrzeug in der nächsten Ausbaustufe live bei uns am Stand demonstrieren.

Die Konjunktur hat sich in der Trailerbranche ja etwas eingetrübt. Wie stark ist SAF davon betroffen?

Wir erleben derzeit eine positive Entwicklung beim Auftragseingang in Europa. Nach unserer Wahrnehmung ist die Talsohle bei den Standardsattelaufliegerherstellern erreicht. Bei den Spezial­fahrzeugherstellern spüren wir sogar eine leichte Erholung. Wenn dieser Trend sich fortsetzt, ist die Lage besser, als ich im Dezember noch erwartet hätte.

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