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Cargoline-Geschäftsführer Struck im Interview Distribution wird immer anspruchsvoller

Cargoline Foto: Thomas Küppers

Die Anforderungen an die Distribution steigen. Grund sind unter anderem der Fahrermangel und die erhöhten Mautkosten. Cargoline-Geschäftsführer Jörn Peter Struck sagt, was das für sein Netzwerk bedeutet.

trans aktuell: Herr Struck, die Kooperation Cargoline feiert dieses Jahr ihr 25-jähriges Bestehen. In welcher Verfassung erleben wir das Geburtstagskind?

Struck: In einer sehr stabilen. Ein besonderes Merkmal ist das ausgeprägte Gemeinschaftsgefühl. Wir sprechen gerne von einem verschworenen Haufen. Das hilft uns, auch schwierige Situationen zu meistern. Als wir angefangen hatten, war es der Traum, einmal so groß zu werden wie IDS. Heute ist Cargoline die größte mittelständisch geprägte Kooperation in Deutschland. Die Verbindung mit Cargoline hat vielen Unternehmen bei ihrem Wachstum geholfen.

Viele Speditionen halten Ihnen seit Jahren die Treue. Trotzdem mussten auch Sie den einen oder anderen Wechsel verkraften. Wie ist es aktuell um die Netzwerkstabilität bestellt?

Wir erleben über viele Jahre eine hohe Konstanz. Von sieben Gründern sind noch immer sechs dabei: Wackler aus Göppingen, John aus Eichenzell, Koch International aus Osnabrück, Schäflein aus Röthlein, Nellen & Quack aus Mönchengladbach und Sander Logistics – ehemals Jeschke Spedition – aus Hamburg. Auch unsere aktuell 14 Gesellschafter sind schon lange dabei. Sie kümmern sich um die strategischen Themen bei Cargoline. Wir versuchen, den Gesellschafterkreis überschaubar zu halten, auch im Sinne von schnellen Entscheidungen.

Würden Sie sich als die stabilste aller Kooperationen bezeichnen?

So würde ich es nicht unbedingt formulieren wollen. Denn die Netzwerkstabilität ist auch bei uns ein Dauerbrenner. Unser Vorteil liegt darin, dass wir als Mittelstandskooperation keinen ganz Großen drin haben. Unsere Franchisenehmer sind mit einem oder zwei Standorten bei Cargoline tätig. Fällt einer mal aus, ist das nicht unlösbar. Balter Logistics war mit zwei Häusern bei uns tätig, wurde von Raben übernommen und gehört nun zu deren Netzwerk. Auch das haben wir lösen können, obgleich das Angebot an infrage kommenden neuen Partnern doch inzwischen sehr überschaubar ist.

Um hier vorzubeugen, arbeiten Sie künftig verstärkt mit der System Alliance zusammen. Wie ist der Stand der Dinge?

Es gibt Häuser, die traditionell in beiden Netzwerken vertreten sind. Aktuell loten Arbeitsgruppen aus, wie wir Prozesse effizienter zum Vorteil beider Kooperationen gestalten können. Was wir nicht wollen, ist eine Kooperation der Kooperationen. Das Modell von VTL, ILN und Star ist nicht unser Ziel. Die Netzwerke sollen nicht verschmelzen. Wo Cargoline drauf steht, soll weiterhin Cargoline drin sein. Sonst würde das Gemeinschaftsgefühl schwinden, mit der Identität wäre es schwierig.

Gibt es schon erste Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen?

Die ersten Erkenntnisse werden im September ausgetauscht. Manche Dinge sind aber auch ziemlich simpel und liegen auf der Hand. Beide Kooperationen wechseln zurzeit ihre Rechenzentren aus. Das bietet die Chance, Prozesse und Arbeitsabläufe aneinander anzupassen. Das geht los bei den Hub-Abläufen, die aktuell bei Cargoline und System Alliance komplett unterschiedlich sind. Sinnvoll wäre, wenn es für die Mitarbeiter im Sammelgut-Ausgang keinen Unterschied machen würde, ob sie eine Cargoline- oder eine System Alliance-Sendung abfertigen.

Cargoline Foto: Unternehmen
Wie sehr sich die Kosten durch die Mautausweitung und -erhöhung verändern, lässt Cargoline derzeit analysieren.
Apropos Sammelgut-Eingang: Wie verhält es sich aktuell mit der Balance von Eingang und Ausgang?

Wir brauchen ein ausgewogenes Verhältnis, damit sowohl der Eingangs- als auch der Ausgangspartner wirtschaftlich klar kommen. Von den Eingangspartnern hört man vermehrt, dass sie eben nicht mehr klar kommen. Die Zustellung ist personal- und kostenintensiv, und die Kostenbelastung nimmt durch den Fahrermangel und die Mautausweitung weiter zu. Hier gilt es innerhalb der Kooperation das richtige Maß zu finden, um dem Kollegen die Verteilung mit dem richtigen Satz zu vergüten, mit dem auch die ausgangsstarken Partner leben können. Zu Jahresbeginn haben wir unsere Verrechnungssätze entsprechend angepasst. Doch so anspruchsvoll die Distribution auch geworden ist: Ich glaube, dass wir eine Renaissance der Verteilerspediteure erleben werden. Das wird ein Lernprozess sein, der auch Geld kostet. Aber es wird in diese Richtung gehen.

Wird es eine erneute Anpassung der Verrechnungssätze aufgrund der Kostensteigerungen durch die Mautausweitung und die anstehende Mauterhöhung geben?

Die konkreten Auswirkungen auf Cargoline lassen wir aktuell noch berechnen. 2019 steigen die Gesamtkosten einer durchschnittlichen Sendung in der Stückgutlogistik laut einer Erhebung von Forlogic im Auftrag des Deutschen Speditions- und Logistikverbands um 2,1 Prozent. Das gilt es nun mit den Istdaten von Cargoline abzugleichen und zu bewerten. Erst dann können wir eine Aussage zu den Folgen der Mauterhöhung für Cargoline treffen. Koch International muss bis zur Autobahn 15 Kilometer auf Bundesstraßen zurücklegen, Schmidt-Gevelsberg hat die Ausfahrt quasi direkt am Hof. Hier gilt es eine Gewichtung zu finden, die den Anforderungen aller Cargoline-Partner gerecht wird.

Zum 1. Januar kommen dann die nächsten Maut-Änderungen, nämlich eine deutliche Erhöhung. Was bedeutet das für Ihre Unternehmen?

Unglücklich ist, dass man innerhalb kürzester Zeit nun wegen der Maut zweimal beim Kunden vorsprechen muss. Die Erhöhung wird wehtun, aber gelingen. Auch die Kunden sehen die Maut als Steuer, die durchgereicht wird. Freilich wird der Kunde nur für die Maut auf Lastkilometern bezahlen, auf einem Teil bleibt der Spediteur also sitzen.

Um sich angesichts der Kostenschübe an anderer Stelle Entlastung zu verschaffen, haben Sie ein IT-Tool entwickelt, das beim Managen von Schwankungen helfen soll. Inwieweit arbeiten Sie damit bereits?

Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen. Der Erfolg steht und fällt mit der Bereitschaft der Partner, daran mitzuwirken. Nachdem wir im ersten Schritt die Mengen unseres Partners TLT in Potsdam analysiert hatten, haben wir uns im zweiten Schritt ein Bild von den Sendungsströmen von Wackler in Göppingen gemacht. Ziel ist es, die Partner im Herbst einzubinden. Aktuell stellen wir unsere IT-Architektur um, da lässt sich dieses Tool gut andocken.

Booomendes B2C-Geschäft

  • „Die letzte Meile ist für uns ein Megathema“, sagt Cargoline-Geschäftsführer Jörn Peter Struck. So wächst die Zahl der Sendungen für Privatverbraucher aufgrund des Online-Booms bei Cargoline kontinuierlich an. „Aktuell sind es rund zwölf Prozent, Tendenz steigend“, sagt Struck. Um Planung und Logistik zu erleichtern, hat Cargoline vor drei Jahren das Avistool B2CLine gestartet, das im März einen Relaunch erfahren hat. In dem Zuge erweiterte Cargoline das Tool um die Services B2CLine Plus und B2CLine Premium. Hier die drei Varianten im Überblick:
  • B2CLine: Zustell-Avis per SMS oder E-Mail, Lieferung frei bis Bordsteinkante.
  • B2CLine Plus: Zustell-Avis wie oben plus Lieferung in Wohnung, Keller oder Ähnliches und Rücknahme der Palette.
  • B2CLine Premium: Zustell-Avis plus Lieferung wie oben. Zusätzlich unterstützt ein zweiter Mann den Fahrer beim Tragen. Dieser Service bietet sich für schwere oder voluminöse Packstücke an.

ZUR PERSON

  • Jörn Peter Struck ist seit Juli 2006 Geschäftsführer der Stückgutkooperation Cargoline mit Sitz in Frankfurt
  • Zuvor war er sechs Jahre bei Thiel Logistik (heute Logwin) beschäftigt, davor war er Vorstandschef bei der Kontraktlogistiktochter Microlog
  • Davor sammelte Struck Erfahrungen bei Kühne+Nagel, Thyssen und Nedlloyd-Unitrans
  • Struck studierte nach dem Abitur BWL an der Universität Hamburg
  • Der Diplom-Kaufmann, Jahrgang 1965, ist verheiratet und hat zwei Kinder
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