Gegen ein und dieselbe Tat zweimal kämpfen zu müssen, da sträuben sich bei Rechtsanwalt Lange die Nackenhaare. Aber zuerst beißt er auf Granit.
Eine Bagatelle wird Jonas* vorgeworfen. Bei einem Pkw-Fahrer würde darüber kein Mensch reden: 16 km/h zu schnell. Für den Lkw-Fahrer ist das ein Punkt – ein Drama, ein beruflicher Sargnagel quasi. Gruselig, diese Ungleichbehandlung. Erschwerend hinzu kommt, dass dieser eine km/h über der Punktegrenze auch noch 160 Euro Bußgeld kosten soll.
Doppelbestrafung rechtswidrig
Rechtsanwalt Silvio Lange nimmt sich der Angelegenheit beherzt an. Für Jonas werden zwei Akten geführt. Die lässt sich der Autobahnanwalt zur Vorbereitung des Gerichtstermins beide vorlegen. Als er die erste Akte mit einigen Argumenten im Kopf zur Seite legt und den Bußgeldbescheid in der zweiten Akte aufschlägt, trifft ihn fast der Schlag: Die Tatvorwürfe sind identisch. Die Tatzeit ist identisch. Der Tatort ist identisch. Eine Tat und zwei Bußgeldbescheide. Doppelbestrafung also – das ist seit Urzeiten im Rechtsstaat verboten. Der einschlägige Grundsatz heißt, schön auf Lateinisch: "Ne bis in idem." Nicht zweimal für ein und dasselbe. Silvio setzt einen sehr sorgfältigen Schriftsatz an das Amtsgericht auf. Die leiten sein Schreiben weiter an die Staatsanwaltschaft. Von dort kommt allerdings keine Reaktion. Eine sehr unschöne Erfahrung, die Silvio hier machen muss. Dass man als Verteidiger anders denkt als Richter oder Staatsanwälte, liegt in der Natur der Sache. Deswegen ist es auch nicht außergewöhnlich, dass verschiedene Rechtsauffassungen vertreten werden. Dass allerdings keinerlei Antwort kommt und man da als Verteidiger das Gefühl hat, gegen eine Mauer zu argumentieren, das ist eher selten. Die Bußgeldstelle hätte das Problem hier locker klären können. Sie hätte einfach den zweiten Bußgeldbescheid zurücknehmen können und der Drops wäre gelutscht. Silvio hofft, dass er in der mündlichen Verhandlung, die nun anberaumt ist, die Mauer aus Granit durchbrechen kann. Die Richterin meint in Verhandlung Nummer 1, dass sie den zweiten Bußgeldbescheid ignorieren könne. Sie würde die zweite Angelegenheit dann einfach an die Bußgeldstelle zurückschicken. Falsch gedacht!
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