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Autobahn-Schütze kommt in Haft Urteil lässt die Automobil-Logistik aufatmen

Autobahnschütze: Einschusslöcher an Autos Foto: BKA 6 Bilder

Rückblick: Der Prozess und das Urteil gegen den Autobahn-Schützen ließ die Automobil-Logistik vor 10 Jahren aufatmen. Eine ZDF-Dokumentation hat den Fall des Autobahn-Schützen nun aufgegriffen.

Der damals 58-jährige Lkw-Fahrer Michael K. wirkte damals äußerlich gefasst, als er zur Anklagebank geführt wurde. Später, als der Waffenexperte des Bundeskriminalamts (BKA) die Funktionsfähigkeit der von K. selbst gebauten Waffen erläutert, wird er vom Richter sogar nach vorn gebeten. Für einen Moment wird der Prozess zu einem fast entspannten Fachgespräch über K.s technische Kunstfertigkeit. Die mehr als 700 Schüsse auf vorbeifahrende Lkw hat er längst zugegeben, dann geht es dem Gericht unter Vorsitz Richters Burkhard Pöpperl darum, das Motiv und die Hintergründe zu ermitteln.

Anklage wegen versuchten Mordes

Es steht viel auf dem Spiel: Die Staatsanwaltschaft hat bei der Anklage den Vorwurf des versuchten Mordes in fünf Fällen erhoben. Er habe zwar nie wissentlich auf Personen gezielt und geschossen, aber eine Tötung durch die Schüsse mitten im fließenden Straßenverkehr billigend in Kauf genommen. Die Pflichtverteidigung plädiert dagegen auf fahrlässige Körperverletzung, da K. lediglich auf Ladung geschossen habe. Der Unterschied liegt im Strafmaß zwischen 6 und 15 Jahren. Auch gelte es zu klären, ob das bei einem Mord typische Merkmal der Heimtücke erfüllt sei. So muss der Angeklagte erdulden, wie sein bester Freund aus Schultagen K.s früheres Leben in Halle zur Zeit der DDR im Zeugenstand ausbreitet.

Schütze hätte früher gefasst werden können

Dabei kommt heraus, dass die Schüsse viel früher hätten gestoppt werden können. Denn K.s Freund, der mit ihm als Jugendlicher wegen einer Reihe von Autodiebstählen im Gefängnis saß, wo K. dann in der Schlosserei seine handwerklichen Fähigkeiten erwarb, hatte spätestens nach einer gemeinsamen Fahrt im Lkw Kenntnis davon, dass K. mit Waffen unterwegs war. Selbst als K. ihm zwei Beutel mit den mutmaßlichen Waffen zur Aufbewahrung gab, hegte er zwar einen Verdacht, ging aber trotz der hohen Belohnung nicht zur Polizei, als diese in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY“ um Mithilfe bat.

Falsch verstandene Freundschaft

Ein trauriges Beispiel von falsch verstandener Freundschaft. Er habe es einfach nicht für möglich gehalten, argumentierte der Freund. Auch die Fuhrpark- und Werkstattleitung der Spedition Hermanns & Kreutz attestierte im Zeugenstand ein völlig unauffälliges Arbeitsverhältnis. K., so erklärt Bernd Kreutz, legte höchstens mal der Disposition gegenüber eine gewisse Verstocktheit an den Tag, wenn er Probleme bei bestimmten Routen erwartete.

Wut auf andere Lkw-Fahrer als Motiv

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Ansonsten wurde K. als zuverlässiger und hilfsbereiter Kollege beschrieben, der sich, so die Fragen des Richters, im Kontakt mit den Speditionsmitarbeitern nie wirklich abfällig über osteuropäische Kollegen geäußert habe. Denn das sei ja der Grund der Wut auf andere Lkw-Fahrer gewesen. Allerdings entkräftete der frühere Arbeitgeber die Argumentation K.s, ein Überfall auf ihn in Marseille mit eingeleitetem Gas in die Kabine sei der Auslöser für die späteren Schüsse gewesen. Davon sei im gesamten Betrieb nichts bekannt gewesen. Auch das Argument, K. sei selbst beschossen worden, konnte von der Werkstattleitung nicht bestätigt werden. Zwar habe K. eine kaputte rechte Außenscheibe gemeldet, die sei aber bei Mercedes in Berlin getauscht worden. Ob es Glassplitter in der Kabine gab, sei heute nicht mehr nachzuvollziehen.

Fristlose Kündigung unmittelbar nach der Verhaftung

Für den Unternehmer war es jedenfalls ein emotionaler Moment, seinen ehemaligen Fahrer, dem er sofort nach der Festnahme fristlos kündigte, im Gerichtssaal wiederzutreffen. Jede Preisverhandlung mit dem hartnäckigsten Kunden wäre ihm lieber gewesen, verriet er nach seiner Zeugenaussage.

So lautet das Urteil gegen den Lkw-Fahrer Michael K.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine Freiheitsstrafe von 12 Jahren. Die Pflichtverteidigung hingegen plädierte auf fahrlässige Körperverletzung plädiert, da K. lediglich auf Ladung geschossen habe. Diese Strategie blieb allerdings ohne Erfolg: Die Schwurgerichtskammer sprach den Fernfahrer wegen vierfachen versuchten Mordes (Mordmerkmal Heimtücke), unerlaubtes Führen von Schusswaffen in 108 Fällen, gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr sowie Sachbeschädigung und gefährliche Körperverletzung für schuldig. 10 Jahre und 6 Monate Haft lautete das Urteil.

Dokumentation in der ZDF-Mediathek zu sehen

Aktuell gibt es in der ZDF-Mediathek unter dem Titel „Die Jagd nach dem Autobahnschützen“ eine dreiteilige Dokumentation zu dem Fall. Sie beschreibt aus Sicht der damaligen Fahnder unter anderem, warum das BKA selbst bei Kapitalverbrechen aus Datenschutzgründen nicht auf die Mautdaten zurückgreifen durfte. Das hätte, so das heutige Resümee, wohl rund 300 gefährliche Schüsse auf Autofahrer früh verhindern können. Zum Einsatz kamen dafür auf einem vorher mühsam ermittelten Dreieck zwischen den Autobahnen A3 und A61 Kennzeichenlesegeräte, die zur Überführung des Täters führten.

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