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Aktion Abbiegeassistent noch ohne Erfolg Lkw-Unfälle: Wieder sterben Fahrradfahrer

Foto: Karl-Heinz Augustin

Allen Bemühungen zum Trotz: Die Serie der Lkw-Unfälle mit Fahrradfahrern reißt nicht ab. Das zeigen Fälle in Berlin und im Saarland.

In den vergangenen Tagen gab es bei Lkw-Unfällen mit Fahrradfahrern zwei weitere Tote zu beklagen. In beide Unfälle waren Kommunalfahrzeuge verwickelt. Am Donnerstag starb ein neunjähriger Junge in Friedrichsthal (Saarland), der mit dem Fahrrad unterwegs war und ein zunächst stehendes Müllfahrzeug rechts überholen wollte. Als der 57-jährige Fahrer das Fahrzeug wieder starten wollte, erfasste es den Jungen mit den Hinterrädern. Der Schüler wurde zu Boden geschleudert und verstarb am Unfallort.

Am Freitag voriger Woche verunglückte ein 34 Jahre alter Radfahrer im Berliner Ortsteil Adlershof tödlich. Ein Lkw der Berliner Stadtreinigung (BSR) bog an einer Kreuzung rechts ab und erfasste den Radfahrer, der geradeaus fahren wollte. Wie „Der Tagesspiegel“ schreibt, hatte der am Unfall beteiligte Lkw kein Abbiegesystem verbaut. Die Zeitung schreibt weiter, dass Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) die Eigenbetriebe des Landes, darunter die BSR, aufgefordert hatte, ihre Lkw-Flotte bis Juli 2019 mit Abbiegesystemen nachzurüsten. 46 Müllfahrzeuge mit Abbiegeassistent sind demnach bei der BSR gerade in der Bestellung. Außerdem teste das Unternehmen zurzeit verschiedene Nachrüstlösungen.

Foto: Matthias Rathmann
#IchHabDenAssi - der Aufkleber signalisiert, dass ein Abbiegesystem an Bord ist.

Dass Nachrüstlösungen verbaut werden, ist auch das Bestreben von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU). Er hatte im Juli die Aktion Abbiegeassistent ins Leben gerufen und macht sich gemeinsam mit Partnern für eine freiwillige Nachrüstung stark. Ein weiteres Ziel ist eine verpflichtende Ausrüstung, was aufgrund von EU-Rechts aber noch Jahre dauert. In Baden-Württemberg läuft aktuell ein Feldversuch zur Nachrüstung mit 500 Lkw mit Abbiegesystemen. Und eben erst haben auch das Kompetenznetzwerk Individuallogistik (KNI) in Osnabrück und der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) eine Initiative zur freiwilligen Nachrüstung von Lkw mit diesen Sicherheitssystemen ins Leben gerufen. Ihr haben sich namhafte Logistikdienstleister wie Hellmann, Koch International, Meyer & Meyer oder die Nosta-Gruppe angeschlossen.

Um die Durchdringung mit diesen Systemen voranzutreiben, setzt Scheuer auch auf ein neues Förderprogramm. Es soll Anfang 2019 beginnen. „Mit rund fünf Millionen Euro wollen wir 2.900 Förderfälle schaffen“, teilte Staatssekretär Steffen Bilger gegenüber der Fachzeitschrift trans aktuell.

Auch der Prüforganisation Dekra, die eine Sicherheitspartnerschaft mit dem BMVI eingegangen ist, warnt vor den Gefahren in Zusammenhang mit dem Toten Winkel und setzt neben technischen Lösungen und Schulungen auf Aufklärung aller Verkehrsteilnehmer. Sie warnt Fahrradfahrer eindringlich davor, rechts neben wartenden Lkw zu stehen oder gar an ihnen rechts vorbeizurollen, wie es die Straßenverkehrsordnung (StVO) explizit erlaubt.

Denn der Bereich rechts von einem Lkw kann, wenn der Lkw rechts abbiegt, zur tödlichen Falle werden, ohne dass Radfahrern das bewusst ist. Hier will Dekra vorbeugen und wendet sich deshalb mit einem großflächigen, farbigen Aufkleber direkt an die Radfahrer. „Fahr niemals rechts vorbei!“, steht darauf.

Paragraf 5, Absatz 8 der StVO erlaubt es Rad- und Mofafahrern, an Ampeln rechts an einem Lkw vorbeizufahren, sofern ausreichend Platz ist. Dekra warnt davor, dass Radfahrer mit dieser Regelung erst in die Falle gelockt würden. „Dieser Platz entsteht überhaupt nur dann, wenn der Lkw sich etwas weiter links einordnet, um nach rechts abbiegen zu können“, erläutert Automotive-Vorstand Clemens Klinke. Er fordert, dass diese Regelung im Sinne der Radfahrer und der Verkehrssicherheit gestrichen wird.

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