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Acht Tage per Lkw nach China Wettlauf auf der Seidenstraße

Foto: Ceva, Rail Cargo Group

Der Lkw fordert die Bahn zum Wettlauf auf der neuen Seidenstraße heraus – Neue Zugangebote ebenfalls mit kurzen Laufzeiten.

In acht Tagen könnte es ein Lkw von China nach Europa schaffen, betont die Straßentransportlobby, ein Güterzug war kürzlich gerade mal zehn Tage von Xi’an nach Budapest unterwegs. Der Lkw fordert die Bahn zum Wettlauf auf der neuen Seidenstraße heraus, dabei ist die mehrere tausend Kilometer lange Strecke eigentlich für kombinierte Verkehre prädestiniert. Und sie ist gleichzeitig immer noch eine fast zu vernachlässigende Größe bei den Transporten aus China: Nur ein Prozent wird über Land geschickt, rund 90 Prozent kommen per Schiff, der Rest ist Luftfracht.

Dennoch ist der Schienengüterverkehr über Zentralasien nach Osten stark gewachsen und legt weiter zu. In den vergangenen Jahren verging fast keine Woche, in der nicht ein neuer Zug nach China medienwirksam auf den Weg gebracht wurde, aber jetzt will auch die Straße ihren Anteil sehen. Im November hat der erste Lkw seinen TIR-Transport auf einer mehr als 7.400 Kilometer langen Strecke in 13 Tagen zurückgelegt. Im Januar dauerte es in der Gegenrichtung zwölf Tage.

Mit zwei Fahrern lasse sich die Zeit von Tür zu Tür künftig problemlos auf acht Tage senken, sagt Arduin Geenen von der International Road Transport Union (IRU) in Genf. Die bisherigen Fahrten hätten unter normalen Arbeitsbedingungen mit nur einem Fahrer stattgefunden, hebt der IRU-Mann hervor. Der Verband will den Handel zwischen Europa und China erleichtern und deshalb nicht nur alle Barrieren aus dem Weg räumen: „Jetzt wollen wir Lieferanten und Transporteure zusammenbringen“, kündigt er an. Es gebe bereits Kontakte zu mehreren großen Unternehmen – Unternehmen wie Ceva Logistics, das den ersten beiden Testfahrten Anfang April noch einen dritten Transport hinzugefügt hat. In 16 Tagen ging es mehr als 13.600 Kilometer von Südchina über Kasachstan, Russland, Weißrussland, Polen, Deutschland und Frankreich bis nach Spanien.

Zusammen mit dem niederländischen Partner Alblas International Logistics soll jetzt ein regulärer Service von Europa nach China aufgebaut werden: Zweimal pro Woche hin und zurück. Kelvin Tang, Direktor Road & Rail bei Ceva Logistics North Asia, geht davon aus, dass man so mindestens 40 Prozent billiger ist als das Flugzeug und mindestens zehn Tage schneller als die Bahn.

Das mit der Geschwindigkeit könnte eng werden, nachdem die ÖBB Rail Cargo Group (RCG) einen Güterzug in zehn Tagen von Xi’an nach Budapest geführt hat. Aber Ceva nimmt für sich in Anspruch, von Tür zu Tür zu liefern, während beim Bahntransport in der Regel noch jeweils fünf Tage für den Vor- und Nachlauf hinzukämen. Das laufe dann insgesamt auf etwa 25 Tage hinaus. Eine mögliche Zeitersparnis mit dem Lkw ist offenbar für einige Kunden interessant, obwohl der Transport vier Mal so teuer sei wie mit dem Zug, sagt ein Ceva-Sprecher trans aktuell.

Der schnelle Laster bringt bei DB Cargo jedenfalls niemanden aus der Ruhe. „Für uns ist der Lkw keine Konkurrenz“, sagt ein Sprecher auf Anfrage. Zum einen brauche man nur 14 bis 16 Tage von Zentralchina bis nach Deutschland und ohnehin seien die Vorteile der Bahn einfach zu groß, was Kapazität, Preisniveau und die Umweltbilanz angehe. „Es ist doch schön, dass der Lkw einmal zeigt, was alles möglich ist“, sagt der Sprecher. Es gehe aber kein Weg daran vorbei, dass ein Lkw pro Fahrt mit maximal zwei Containern unterwegs sei, während die Bahn gleichzeitig 41 Einheiten befördere.

DB Cargo will jedenfalls von dem „sehr interessanten Markt“ Seidenstraße profitieren und hat Ende 2018 eigens die Vertriebseinheit „DB Cargo Eurasia“ gegründet. Sie soll als Operateur für die Chinaverkehre alle Aktivitäten im Konzern bündeln, unterstützt von einem neuen Büro in Shanghai. Mehr Angebote und eine verbesserte Produktivität sind das Ziel, und so kam auf Kundenwunsch auch eine Seeverbindung von Kaliningrad nach Rostock dazu. 2018 wurden auf der Strecke mit über 3.600 Zügen 85.000 Container transportiert, bis 2020 soll die 100.000er Marke geknackt werden.

Die Seidenstraße

Chinas Projekt einer neuen Seidenstraße, auch Belt and Road Initiative genannt, umfasst weit mehr als nur die Landverbindung auf dem eurasischen Kontinent. Insgesamt sind mehr als 80 Länder eingebunden. Kritiker unterstellen, dass es bei weitem nicht nur darum geht, neue Handelsrouten zu erschließen, sondern sehen die Aktivitäten als Expansion, mit dem das Land nicht nur exportieren und seine Ressourcen sichern, sondern auch seine geopolitische Position ausbauen und festigen will.

Schätzungen zufolge werden die mehr als 1.000 Projekte der neuen Seidenstraße in Zentral- und Süd- und Südostasien, dem Mittleren Osten, der Türkei und Osteuropa sowie in der Karibik und in Afrika mehr als eine Billion US-Dollar kosten. Bereits Anfang 2018 hatten 27 EU-Botschafter in Peking einem Handelsblatt-Bericht zufolge vor dem Mammutunterfangen gewarnt. Es begünstige subventionierte chinesische Baukonzerne und laufe der Liberalisierung des Handels entgegen, schrieben sie.

China hat schon viele Kredite vergeben, Experten gehen von einem Umfang von mehr als 200 Milliarden Dollar aus. Staaten wie Pakistan mit Infrastrukturinvestitionen in zweistelliger Milliardenhöhe geraten in eine große Abhängigkeit. Das Thema Seidenstraße erregt auch in Europa Besorgnis, weil das geliehene Geld in eine Schuldenfalle und zu Abhängigkeiten führen könne, so ein EU-Sprecher. China könnte sich zum Spaltpilz in der EU entwickeln, es pickt sich die Mitgliedstaaten gern abseits der Institutionen zu Verhandlungen heraus.

Die EU-Kommission überprüft unterdessen die Beziehungen zu China, auch angesichts „des zunehmenden politischen Einflusses“, und will die Union geschlossener aufgestellt sehen. „Die EU und China sind strategische Wirtschaftspartner und auch Konkurrenten“, sagte der für Wachstum und Investitionen zuständige Kommissar Jyrki Katainen und pochte auf einen fairen Wettbewerb. Es geht um Subventionen, erzwungenen Technologietransfer, um Arbeits- oder Umweltstandards und um die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen.

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