Test: Der MAN Lion’s City E erobert die Straßen Europas aktuell vollelektrisch. Dabei verfolgt er ein Maximalkonzept der besonderen Art. Im harten Stadtbus-Test muss er jetzt Farbe bekennen.
Germanismen sind in der englischen Sprache gar nicht so selten, wie man denken könnte. "Kindergarten" kennt fast jeder heute, aber auch eher abgehobene kulturelle Begriffe wie "Leitmotiv" oder "Zeitgeist" können Angelsachsen mangels eigener Alternativen im Idiom Goethes ausdrücken. Das aktuellste Beispiel dieses kulturell-semantischen Phänomens ist sicher die als typisch deutsch wahrgenommene "Reichweitenangst". Auch im Busbereich spielt dieses Thema immer noch eine wichtige Rolle. Wer hier nicht 300 Kilometer unter allen Umständen vorweisen kann, der hat oft schlechte Karten bei den Verkehrsunternehmen. Zumindest dann, wenn diese voll auf Depotladung setzen. Die Entwicklung der Batterietechnik geht derzeit rasant vonstatten, die Hersteller kommen kaum nach mit der Integration der neuen Hightech-Akkus in ihre Freiprüfungs- und Erprobungsprozesse.
Reichweite ist das Leitmotiv der E-Bus-Branche
So musste Mercedes-Benz noch während des Marktstarts Ende 2018 die maximale Zahl seiner Batteriemodule für den eCitaro von zehn auf zwölf erhöhen, um die versprochenen und geforderten 200 Kilometer klimafest erreichen zu können. Die MAN-Kollegen aus München, die ein Jahr später an den Start gegangen waren, wollten sich dieser erwartbaren Kritik erst gar nicht aussetzen und haben beim Thema Batterien beherzt ins Konzernregal gegriffen: 480 kWh für den Solo- und 640 kWh für den Gelenkbus, der ebenfalls schon auf der Straße ist. 2024 kommt dann die nächste Batteriegeneration von VW – Details dazu gibt es noch wenige. Schon die jetzige Bestückung ist eine fette Hausnummer, eine solch geballte und tonnenschwere Power auf dem Dach bietet kaum ein anderer Hersteller. Denn gleichzeitig verzichtet MAN auf den Motorturm in seinem Elektrobus, der auch äußerlich deutlich knackiger daherkommt als sein ebenfalls neuer Dieselbruder. Der stilisierte Blitz, der vom Batteriepaket auf dem Dach in Richtung Vorderachse zuckt, ist zusammen mit dem Design des erhöhten Dachs eine Glanzleistung des MAN-Designteams unter Stefan Schönherr. Vier Sitze werden durch den fehlenden Motorturm gewonnen laut MAN. Allerdings ändert das nichts an der knappen Zuladung von ziemlich genau fünf Tonnen, die auch nach den unrealistischen 68 Kilogramm pro Passagier nur für 73 statt der angegebenen "bis zu 88 Personen" gut ist. Ein weites Feld, in dem Gesetzgeber und Hersteller noch Hausaufgaben machen müssen.
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