Zuschüsse der Bundesregierung 900 Millionen Euro für Wasserstoff-Lkw

Foto: Hyundai Hydrogen Mobility

Die Bundesregierung will Wasserstoff zum Durchbruch verhelfen. 38 Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen sollen dabei helfen.

Das Bundeskabinett hat heute seine lang erwartete Nationale Wasserstoffstrategie (NWS) verabschiedet. Sie legt die Maßnahmen und Meilensteine fest, um Wasserstoff (H2) als Energieträger zum Durchbruch zu verhelfen. Mit dem Einsatz von nachhaltig hergestelltem Wasserstoff will die Bundesregierung die Energiewende beschleunigen und die angestrebte Treibhausgas-Neutralität bis 2050 erreichen. Sie bezieht alle Glieder der Wertschöpfungskette in die NWS ein – Technologien, Erzeugung, Speicherung, Infrastruktur und Verwendung einschließlich der Logistik. Die NWS als Handlungsrahmen soll unter anderem dazu beitragen, Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen und Deutschland zum Heimatmarkt für entsprechende Anwendungen zu etablieren.

Geeignete Anwendungsfelder für die Autoren der NWS sind die Bereiche Mobilität und Logistik. „Die Einführung von Brennstoffzellenfahrzeugen kann unter anderem im ÖPNV (Busse, Züge), in Teilen des Straßenschwerlastverkehrs (Lkw), bei Nutzfahrzeugen (zum Beispiel für den Einsatz auf Baustellen oder in der Land- und Forstwirtschaft) oder in der Logistik (Lieferverkehr und andere Nutzfahrzeuge wie Gabelstapler) die batterieelektrische Mobilität ergänzen und den Ausstoß von Luftschadstoffen sowie CO2-Emissionen erheblich senken“, heißt es in dem 31 Seiten starken Papier.

Bis 2030 Anlagen mit fünf Gigawatt Leistung

Bis 2030 sieht die Bundesregierung einen Wasserstoffbedarf von 90 bis 110 Terrawattstunden (TWh). „Um einen Teil dieses Bedarfs zu decken, sollen bis zum Jahr 2030 in Deutschland Erzeugungsanlagen von bis zu fünf Gigawatt Gesamtleistung einschließlich der dafür erforderlichen Offshore- und Onshore-Energiegewinnung entstehen“, heißt es. Dies entspreche einer grünen Wasserstoffproduktion von bis zu 14 TWh und einer benötigten erneuerbaren Strommenge von bis zu 20 TWh. Bis spätestens 2040 sollen Anlagen mit einer Kapazität von weiteren fünf Gigawatt am Netz sein.

Dabei soll der Wasserstoff auf Basis von erneuerbaren Energien hergestellt werden. Nur grüner Wasserstoff sei auf Dauer nachhaltig, heißt es. Der Bundesregierung ist aber auch klar, dass bei dem erwarteten Bedarf der Löwenanteil des gasförmigen Energieträgers importiert werden muss – der dann auch nicht zwingend grün ist..

Mit einer Vielzahl von Maßnahmen will die Bundesregierung einen Markthochlauf für Entwicklungen und Anwendungen im Bereich Wasserstoff in Gang setzen. In einer zweiten Stufe ab 2024 will sie den Heimatmarkt Deutschland festigen und stärkeres Gewicht auf die europäische und internationale Dimension legen.

Fördermöglichkeiten für die Logistikbranche

Besonders von Bedeutung für die Transport- und Logistikbranche ist von den 38 vorgestellten Maßnahmen in Stufe eins vor allem Maßnahme sechs in der Rubrik Verkehr. Hier geht es um Fördermöglichkeiten in erheblichem Umfang. 2,1 Milliarden Euro winken an Zuschüssen beim Kauf elektrisch betriebener Fahrzeuge, 900 Millionen Euro als Zuschüsse beim Kauf von Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben, und weitere 600 Millionen Euro gibt es zur Förderung von Bussen mit alternativen Antrieben.

Die Fördermaßnahmen basieren auf dem Nationalen Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) und werden durch zusätzliche Mittel aus dem Energie- und Klimafonds (EKF) ergänzt, sie stehen bis 2023 zur Verfügung.

3,4 Milliarden Euro für Tankinfrastruktur

Der Bundesregierung ist dabei auch bewusst, dass es für diese Fahrzeuge auch eine entsprechende Tankinfrastruktur braucht. Dafür enthalte der EKF über alle alternativen Technologien hinweg, ebenfalls bis 2023, 3,4 Milliarden Euro, die als Zuschüsse zur Errichtung von Tank- und Ladeinfrastruktur gewährt werden sollen. „Um den Einsatz grünen Wasserstoffs im Schwerlastverkehr zu fördern, wird das Wasserstoff-Tankstellennetz zügig ausgebaut“, verspricht die NWS.

Was speziell Anwendungen in der Logistik angeht, erkennt die Bundesregierung an, dass der Einsatz von Wasserstofftechnologien Anpassungen entlang der gesamten Lieferkette erforderlich macht. Hierzu solle kurzfristig im Rahmen der Innovationskommission zum „Innovationsprogramm Logistik 2030“ der Austausch zu den Perspektiven von Wasserstofftechnologien in der Logistik gesucht werden. „Thema des Dialogs wird sein, wie Fahrzeughersteller, Infrastruktur- und Energie- sowie Kraftstoffanbieter und Logistikunternehmen ihr Angebot aufeinander abstimmen können und so mittels Wasserstofftechnologien zur Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs beitragen können“, heißt es.

Altmaier: wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaziele

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erklärte, Wasserstoff werde ein Schlüsselrohstoff für eine erfolgreiche Energiewende sein. „Er wird als Energieträger der Zukunft sowohl in Deutschland als auch weltweit einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.“ Dabei werde Deutschland eine Vorreiterrolle einnehmen.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wies darauf hin, dass sich sein Haus seit mehr als einem Jahrzehnt mit der Wasserstofftechnologie beschäftigt und bereits mehr als 700 Millionen Euro vor allem in die Forschung und Entwicklung investiert habe. Die Förderung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie im Verkehr sei auch ein wesentlicher Pfeiler des Konjunkturprogramms, das der Koalitionsausschuss am 3. Juni beschlossen hat. Danach will die Bundesregierung zusätzlich zu den bisherigen Programmen sieben Milliarden Euro für den Markthochlauf von Wasserstoff-Strategien und zwei Milliarden Euro für internationale Partnerschaften mobilisieren. „Jetzt brauchen wir wirtschaftliche Projekte auf dem Markt. Wasserstoff muss für die Menschen erlebbar werden“, erklärte Scheuer.

Deutsches Verkehrsforum: Verkehr braucht grünen Wasserstoff

Das Deutsche Verkehrsforum (DVF) betont, dass die NWS als grundlegender Rahmen richtig formuliert sei. „Der Verkehr braucht grünen Wasserstoff für den Klimaschutz. Batteriebasierte Elektromobilität und Wasserstoff beziehungsweise E-Fuels sind kein Widerspruch. Sie ergänzen sich.“ Die Strategie enthalte zudem gute Ansatzpunkte für Fördermaßnahmen in den Bereichen Infrastruktur, Fahrzeuge, Zulieferindustrie, Brennstoffzellentechnologie, Forschung und Entwicklung. Das DVF plädiert dafür, mit der Umsetzung der Wasserstoffstrategie zügig zu beginnen.

Lesen Sie auch Wasserstoff-Lkw von Hyundai Projekt von Hyundai Wasserstoff-Lkw vorm Start

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) erklärt, die NWS sei ein erster und richtiger Schritt für einen Markthochlauf von auf grünem Wasserstoff basierenden Antrieben. Die ambitionierten Klimaschutzziele könnten nur erreicht werden, wenn zusätzlich zur Elektromobilität mit grünem Strom auch nachhaltige, regenerative Kraftstoffe im Verkehr zum Einsatz kämen. „E-Fuels und Wasserstoff sollten deswegen ergänzend zur Elektromobilität vorangetrieben werden“, sagt VDA-Präsidentin Hildegard Müller.

Die Logistik-Branchenverbände AMÖ, BGL, BIEK, BWVL und DSLV erklärten:„Jetzt gilt es, die Strategie zügig in die Praxis umzusetzen, damit die dringend benötigten Antriebstechnologien für die Verkehrsträger der Transport- und Logistikbranche verfügbar werden, Deutschland wettbewerbsfähig bleibt und noch nachhaltiger wird." Die Zielsetzung, Deutschland weltweit führend in der Wasserstofftechnologie zu machen, sei allerdings ambitioniert. In der Schweiz habe die grüne Wasserstofftechnologie bereits Fahrt aufgenommen.

VDIK verlangt Aufbau einer Tankinfrastruktur

Der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) begrüßte die auf den Weg gebrachten Maßnahmen. Wasserstoff aus erneuerbaren Energien habe als Kraftstoff besonders im Transport- und Schwerlastbereich ein enormes Potential, erklärte er. VDIK-Präsident Reinhard Zirpel betonte, dass zur Erreichung der Klimaziele im Verkehrssektor ein Kraftakt erforderlich sei. Das gelte im Übrigen auch für das notwendige Tankstellennetz. Der konsequente weitere Ausbau der H2-Infrastruktur für Pkw, Busse sowie schwere Fahrzeuge sei unerlässlich.

Lesen Sie auch 1000 Punkte Test 2008 Riesiges Konjunkturprogramm Euro 5 abgeben, 15.000 Euro erhalten

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßt das Bekenntnis zu grünem Wasserstoff. „Es ist gut, dass die Regierung die Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage befreien und rasch die notwendigen regulatorischen Grundlagen für den Ausbau einer Wasserstoffinfrastruktur schaffen will“, betonte Holger Lösch, der stellvertretende BDI-Hauptgeschäftsführer. Leider blieben bei der Finanzierung des Markthochlaufs einige Fragen offen. Die Bundesregierung verpasse die Chance, das Potenzial des Straßenverkehrs für den Markthochlauf von Wasserstoff zu nutzen. „Dieses schwere Versäumnis ist kontraproduktiv angesichts der aufgrund der Corona-Pandemie eingeschränkten privaten und öffentlichen Investitionsmöglichkeiten.“

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) gibt zu bedenken, dass die Strategie der Bundesregierung nur aufgehen werde, wenn der Ersatz fossiler Brennstoffe durch Wasserstoff für die Unternehmen hinreichend attraktiv sei. „Wichtig ist zum einen ein qualitativ hochwertiges und sicheres Produkt. Zum anderen ist zentrale Voraussetzung, dass der Wasserstoff für die Unternehmen bezahlbar ist“, erklärte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Für die Produktion von grünem Wasserstoff benötige das Land ferner deutlich mehr Ökostrom. „Teil einer Wasserstoffstrategie der Bundesregierung muss daher ein klarer Ausbaupfad für noch deutlich mehr Windräder sein.“

Was bisher geschah

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat eine Zwischenbilanz zu den bisherigen Meilensteinen der Wasserstoff-Förderung durch das Nationale Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NIP) im Zeitraum von 2006 bis 2016 gezogen. Das Bundesverkehrs- und Bundeswirtschaftsministerium vergaben in dieser Zeit Fördermittel von etwa 710 Millionen Euro an rund 765 Vorhaben. Gefördert wurden 140 Pkw, 14 Busse, 52 Wasserstofftankstellen und 200 unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme mit Brennstoffzellen.

In der zweiten Phase des NIP im Zeitraum von 2016 bis 2026 hat das Bundesverkehrsministerium bereits 300 Millionen Euro an Fördermittel in verschiedenen Bereichen und Anwendungen zur Verfügung gestellt. Die Mittel verteilen sich auf mehr als 160 Antragsteller in mehr als 260 Projekten. Zuschüsse gab es für 647 Pkw, 79 Busse, 46 Wasserstofftankstellen, 37 Züge inklusive der entsprechenden Wasserstofftankstellen, 505 unterbrechungsfreie Stromversorgungssysteme mit Brennstoffzellen und150 Flurförderzeuge mit entsprechender Infrastruktur.

Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
Experte für Flottenmanagement und angewandte Mobilitätsangebote Rolf Lübke Mobilität, Fuhrpark (inkl. Wasserstoff-Expertise)
Beliebte Artikel Jetzt nachrüsten Intelligente Tachographen Steffi Halm, Hahn Racing, Team Schwabentruck Truck-Rennsport Schwäbin auf Partnersuche