Truck-Rennsport Schwäbin auf Partnersuche

Steffi Halm, Hahn Racing, Team Schwabentruck Foto: Thomas Küppers 9 Bilder

Der Truck-Rennsport ist einzigartig, steht und fällt aber wie der gesamte Motorsport mit potenten Sponsoren. Wenige Wochen vor Saisonbeginn blicken jetzt Rennfahrerin Steffi Halm und ihr Team Schwabentruck in eine schwierige Zukunft.

Ein Freitagvormittag Anfang März in Egenhausen. Sobald das Rolltor aufgeht, strömt Kälte in die Werkstatt von Team Hahn Racing. Doch davon spürt Jochen Hahn nichts, er ist voll auf Betriebstemperatur. Gerade verschraubt er die Halterung der Sattelkupplungs-Attrappe am frisch lackierten Rahmen seines zerlegten blau-weißen Race-Trucks.Daneben liegt aufgebockt der Rahmen des Scania von Clemens Hecker, der nach seinem Crash auf der Rennstrecke in Jarama im vergangenen Oktober gründlich saniert werden musste. Heute werden die Radnaben der erneuerten Lenkachse aufgesetzt, danach die Scheibenbremsen sowie die Wasserdüsen montiert, mit denen sie fein dosiert beim Rennen gekühlt werden können.

Weiter fortgeschritten ist der Wiederaufbau des Iveco von Luis Recuenco, den der spanische Rennfahrer nach einem Motorbrand in Zolder den erfahrenen Mechanikern aus Egenhausen anvertraut hat. Die Kabine mit ihrer stabilen Käfigkonstruktion ist bereits neu lackiert, der Truck steht auf eigenen Rädern. Was noch fehlt, ist der Antriebsstrang. Im Winter befinden sich die Motoren generell zur Überholung bei Spezialisten, im Falle der Iveco-Aggregate bei FPT im schweizerischen Arbon.

Ein Lob für die Iveco-Motoren

Das betrifft auch die Race-Trucks von Steffi Halm (Team Schwabentruck) sowie Jochen und Lukas Hahn (Team Hahn Racing). "Der Cursor 13 ist ein sehr robuster Motor", lobt Jochen Hahn. Der Serienmotor sei daher eine erstklassige Basis für den Rennmotor der "Bullen von Iveco" mit seinen etwa 1.150 PS Leistung. Abgeregelt wird bei 160 km/h, so will es das Reglement der FIA ETRC. An diesem Vormittag ist Jochen nicht der einzige Rennfahrer vor Ort.

Auch Steffi Halm ist da, um nach ihrem "Baby" zu sehen und mit der gemeinsamen Teamchefin Diana Hahn die kommende Saison zu besprechen. Eine Saison, die über ihre Karriere als Rennfahrerin entscheidet – und das liegt nicht daran, dass sie im Juni ihren 40. Geburtstag feiert. Begonnen hat diese Karriere bereits 1993 am Kart-Steuer, 2000 bis 2003 fuhr sie Formel-Autos, danach Tourenwagen. "Dort war ich noch aktiv, als mich Markus Bauer vom Tankpool24 Racing Team fragte, ob ich nicht umsteigen wolle", erzählt Steffi. Trotz ihrer Bedenken, ob Truck Racing überhaupt wirklicher Motorsport sei, wagte sie 2011 den Umstieg – oder sagen wir besser Aufstieg – in ein deutlich höher gelegenes Cockpit. Weitere Stationen waren das Lion Truck Racing Team und Reinert Racing. Als Trucksport-Urgestein Gerd Körber 2018 beim Team Schwabentruck aufhörte, nahm Steffi Halm seinen Platz ein.

Zwischen Familie, Rennsport und Beruf

Und als das Team im schwierigen Corona-Jahr 2020 von Ulm nach Egenhausen wechselte, um gemeinsam mit Team Hahn Racing "Die Bullen von Iveco" zu bilden, wechselte Steffi mit. Der Weg in die Werkstatt wurde von ihrer Heimat Ammerbuch aus dadurch sogar kürzer. Das ist praktisch, denn hauptberuflicher Rennsport ist nur wenigen vergönnt, und so pendelt Steffi zwischen Familie, Rennzirkus und ihrem Beruf als Diplomverwaltungs- wirtin in der öffentlichen Verwaltung.

Da bleibt keine Zeit, sich wöchentlich um ihren Truck zu kümmern. Diese Aufgabe übernimmt Mario, der für ihren Truck zuständige Mechaniker. Er schraubt bereits seit dem Jahr 2002 an Race Trucks. "Ich kann mich zu 100 Prozent aufs Team verlassen", lobt Steffi. In der Winterpause werden die Trucks zerlegt, optimiert und neu aufgebaut. Steffi: "Alles wird gecheckt und zwar präventiv, man wartet nicht darauf, dass es einen Schlag tut." Trotzdem kann die Rennsaison mit einem Schlag gelaufen sein. Unheil droht nicht nur durch einen Crash, Motorbrand oder Ausflug ins Kiesbett.

Knapp eine Million Euro pro Jahr und Truck

Was Steffi aktuell die größten Sorgen bereitet, ist der Wegfall von zwei großen Sponsoren, darunter ein bekannter Sitzhersteller. Denn noch stärker als etwa eine Lkw-Zeitschrift hängt der Truck-Rennsport von zahlungskräftigen Werbepartnern ab. Die Halle, die Mechaniker, die Renntransporter, die Ersatz- und Verschleißteile, der in Fässern angelieferte Treibstoff HVO, Reisekosten – all das muss finanziert werden. "Mit knapp einer Million Euro pro Jahr und Truck kannst du rechnen", unterstreicht Jochen Hahn. Und es ist kein Formel-1-Tross, der da zu den europäischen Rennstrecken tourt, sondern es sind normale Leute, die am Montag wieder im Büro oder in der Werkstatt sein müssen.

Durch den Absprung der zwei Sponsoren – in Krisenzeiten kürzt die Industrie erfahrungsgemäß schnell beim Marketingbudget – wackelt nun die Finanzierung des ganzen Teams Schwabentruck. "Die Saison 2024 ziehen wir trotzdem gemeinsam durch, haben Jochen und Diana entschieden", zeigt sich Steffi dankbar. "2025 würde aber wirklich das Ende bedeuten!" Es sei denn, es finden sich neue Sponsoren für sie, für ihre Mannschaft und ihren Schwabentruck.

Bodenständigkeit und Herzblut

"Es muss nicht zwingend ein Rennsportfan oder jemand aus der Nutzfahrzeugbranche sein, sondern einfach jemand, der den Truck-Sport als Plattform entdeckt, Emotionen zu transportieren", erklärt Steffi. Das Ziel sei immer, dass beide Seiten einen Mehrwert davon hätten: ob an der Rennstrecke oder bei Firmen-Events. "Wir sind da sehr flexibel und bringen die Wünsche unserer Partner in Einklang mit dem Rennbetrieb." Engagement, Bodenständigkeit und Herzblut, all das, was den Truck-Rennsport so einzigartig und faszinierend macht, gibt’s inklusive.

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Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
FERNFAHRER 5 / 2024
4. April 2024
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