Voith in Crailsheim Schnelle Instandsetzung von Retardern

Voith Retarder Foto: Mathias Heerwagen 14 Bilder

Bemängelt der Lkw-Fahrer unzureichende Bremsleistung des Retarders, ist möglicherweise eine Instandsetzung fällig. WERKSTATTaktuell war bei Voith in Crailsheim vor Ort und hat den Vorgang begleitet.

In schweren Lkw wird für bis zu 90 Prozent aller Bremsvorgänge der verschleißfreie Retarder verwendet, das Aggregat ist also ständig hohen Belastungen ausgesetzt. Im Laufe der Zeit kann die Bremsleistung jedoch nachlassen. Ein Problem kann die sogenannte Ölverschiebung sein: Dabei drückt das Retarderöl durch Undichtigkeiten in das Getriebe. Anzeichen dafür ist ein erhöhter Ölstand im Getriebe – daher immer laut Wartungsplan den Ölstand in beiden Aggregaten kontrollieren. "Das A und O ist außerdem das richtige Öl", sagt Werkstattleiter Frank Ziegler und erklärt: "Wird bei einer Wartung falsches Öl eingefüllt, kann es verbrennen, wird dickflüssig und verklebt Ventile und Wärmetauscher."

In diesem Fall müssen die Monteure bei der Instandsetzung weitere Teile komplett erneuern, etwa die Ventile oder den Wärmetauscher, in den das Öl mit bis zu 180 Grad Celsius einströmt. Monteur Markus Schneider rollt auf einem kleinen Wagen einen reichlich verdreckten Retarder an seinen Arbeitsplatz.

Schnelligkeit ist Voiths großer Vorteil

"Die Aggregate kommen direkt aus dem 'Feld', sind meist nicht einmal gereinigt", berichtet Schneider. Der Retarder vor ihm stammt aus einem Mercedes Actros. Angeliefert werden die Retarder sowohl einzeln als auch in Losgrößen, nachdem sie beim Kunden zwischengelagert wurden. Die Monteure zerlegen die Retarder dann je nach Baureihe serienweise, jeder Mitarbeiter erledigt wie am Fließband einige Arbeitsschritte – dadurch geht die Instandsetzung recht schnell. Schnelligkeit ist auch der große Vorteil von Voith in Crailsheim, erklärt Frank Ziegler: "Wird etwa ein Bus zum OEM geschickt, dauert es rund drei Tage, bis er zurück ist. Bei uns kann der Fahrer den Bus morgens abstellen, tagsüber in die nahe gelegene Saunalandschaft gehen und das Fahrzeug am Nachmittag wieder mitnehmen."

Markus Schneider schraubt mit einem Druckluftschrauber das 2/2-Wege-Ventil ab, ebenso den Temperatursensor und den Wärmetauscher sowie das Läuferpaket. Schon jetzt ist zu sehen, warum der Retarder vermutlich eingeliefert wurde – aus genau dem Grund, den Werkstattleiter Ziegler vorhin nannte: Das Ventil ist völlig mit dickflüssigem, verbranntem Öl verklebt. Es wird nicht mehr instand gesetzt, sondern wandert gleich in den Schrottcontainer, zusammen mit dem Wärmetauscher, der ebenfalls mit verbranntem Öl durchsetzt ist und nicht mehr gereinigt werden kann. Der Monteur zerlegt nun das sogenannte Läuferpaket, über das der Antrieb vom Getriebe erfolgt, anschließend nimmt er das Gehäusepaket auseinander.

Erst waschen, dann zusammenbauen

Mithilfe eines Abziehers entfernt er den Zwischenring, der die beiden etwa tellergroßen Membranen fixiert.Nach kurzer Zeit liegen die Einzelteile auf dem Wagen. Mit einem Schwingschleifer wird zunächst die Verschmutzung an den Dichtflächen entfernt und dann wandern sämtliche Teile für rund 25 Minuten in die Industriewaschmaschine. Nach dem anschließenden Sandstrahlen sehen die Teile beinahe aus wie neu. Das Retardergehäuse selbst wird wegen der feinen inneren Kanäle übrigens nicht gestrahlt. Die demontierten Ventilblöcke werden gereinigt, geprüft und wiederverwendet. Gleiches passiert mit den Temperatursensoren, Gehäuseschrauben und Gehäusehälften, die wiederverwendet werden, sofern sie innerhalb der Toleranzen sind.

Sind alle Einzelteile von Schmutz befreit, beginnt der Zusammenbau. Alle Einzelteile sind jetzt sauber, nun kann der Retarder mit den aufbereiteten Komponenten zusammengebaut werden. Meist erfolgt die Montage parallel an mehreren Stationen: Ein Kollege kümmert sich um das Gehäuse, ein anderer um das Läuferpaket, das spart Zeit. Heute erledigt Monteur Florian Blumenstock beides und fängt mit dem Gehäuse an. Er montiert innerhalb weniger Minuten den Ölabscheider, setzt einen neuen Zwischenring, Membranen und Dichtringe ein. Der Deckel für die Membran wird mit aufbereiteten Schrauben befestigt, es folgt noch der Wasserstutzen und schon macht sich Blumenstock an das Läuferpaket.

Instandsetzung von rund 1.800 Retardern pro Jahr

Das alte Rotorgehäuse ist entsorgt worden, da die Passung der Lagerschale außerhalb der Toleranz lag. In ein gebrauchtes, den Toleranzen entsprechendes Rotorgehäuse presst er zwei neue Wellendichtringe und eine neue Lagerschale ein. Danach setzt er die Antriebswelle ein und zieht die Schraube mit dem vorgeschriebenen Drehmoment fest Die Lagerung des Läuferteilepakets geschieht über zwei Schrägrollenlager, deren Spiel mittels einer Ausgleichscheibe eingestellt werden muss. Für diese Einstellarbeiten spannt Florian Blumenstock das Läuferteilepaket auf eine Messvorrichtung und dreht die Retarderwelle einige Male, damit sich das Lager setzt. Anschließend ermittelt er das korrekte Maß für die Ausgleichscheibe und legt sie ein. Jetzt noch schnell die Lagerglocke aufschrauben – und fertig ist das Läuferpaket.

Auf einem schwenkbaren Montagebock werden nun Läufer- und Gehäusepakete zusammenmontiert, eine Sache von wenigen Minuten. Nach der Montage wird jeder Retarder mit einer Vorrichtung auf Dichtheit geprüft und das entsprechende Prüfprotokoll erfasst und zur Dokumentation abgelegt. Fertig montiert, fehlt bloß noch etwas Farbe. Auf dem Wagen schiebt Monteur Blumenstock das rund 65 Kilogramm schwere Aggregat an die kleine Lackierkabine. Mit einem Lack auf Wasserbasis wird der Retarder dick lackiert, muss sodann trocknen und ist anschließend sofort bereit für den Versand. Rund 1.800 Retarder setzen die 15 Mitarbeiter in der Werkstatt in Crailsheim pro Jahr instand und versenden sie weltweit.

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Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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