Unterwegs im neuen MAN Entspannt durch den Stau

Testfahrt im neuen MAN TGX Foto: Jan Bergrath 10 Bilder
Meinung

Im FERNFAHRER 12/2020, der am 7. November erscheint, berichte ich über die Spedition HVL Hoppenstock aus Pattensen. Sie gehört zu den ersten Betreibern des neuen MAN TGX. So hatte ich die Möglichkeit, auf den staugefährdeten Autobahnen A1 und A2 vor allem die neuen Assistenzsysteme kennenzulernen. Die sind löwenstark.

Wann immer ich dazu die Möglichkeit habe, versuche ich, bei einer Reportage einen Lkw selber zu fahren. So auch Anfang Oktober. Ich hatte mir die Spedition Hoppenstock aus Pattensen bei Hannover für unser Portrait im FERNFAHRER 12/2020 ausgesucht. Denn deren Geschäftsführer Daniel Hoppenstock hatte im Juli aus einem Pool von Tausend Zugmaschinen seine ersten sieben neuen MAN gekauft. Auf einen Streich und mit satten 580 PS. Mittlerweile laufen beim langjährigen Fan der Münchner Löwen bereits zehn Zugmaschinen mit einem ebenfalls erneuten Logo.

Auf Linientour nach Langenhagen

So bot es sich natürlich an, dass ich Sascha Schulz, der an diesem Freitag von Köln aus mit Papierprodukten eines bundesweit vertretenen Großhandels im Rahmen seiner Linientour nach Langenhagen fahren sollte, auf der Fahrt über die A57, die A46, die A1 und die A2 ablösen konnte. Als ich gegen 12 Uhr im Industriegebiet von Köln-Niehl eintraf, standen die drei blauen Löwen bereits an ihren festen Toren an der Rampe. Doch, ja, eine beeindruckende Optik. Sascha war der erste, der kurz nach 13 Uhr beladen war. Peter Schwarznau und Martin Schäfer mussten noch etwas bis zu ihrer planmäßigen Abfahrt warten. Alle drei beantworteten meine Frage nach den ersten Fahreindrücken in den zurückliegenden vier Monaten absolut positiv, insbesondere die neuen Assistenzsysteme treffen auf eine große Akzeptanz.

Sascha nutzt konsequent die MAN Drivers App

Der Vorteil im Linienverkehr: Sascha ist jeden zweiten Tag in Köln und hatte direkt an der Rampe seine tägliche Ruhezeit gemacht. Der Vorteil des Linienverkehrs ist auch beim sehr entspannten Umgang mit dem Verladepersonal zu spüren. So konnte er nun direkt nach der Beladung der bereitstehenden Paletten vor Fahrtantritt zuerst seine Abfahrtkontrolle direkt über die MAN Drivers App machen. „Ich bin ein absoluter Fan der App“, hat er mir verraten. Das besondere an der neuen Abfahrtskontrolle-App ist zunächst die geführte Checkliste, die den Fahrer durch alle zu überprüfenden Elemente am Fahrzeug und in der Kabine leitet. Hier hat MAN eng mit Kunden, MAN ProfiDrive und der BG Verkehr, zusammengearbeitet, um alle Inhalte in idealer Weise und vorschriftsmäßig abzudecken.

MAN selbst verspricht: Um alle Funktionen wie die Weiterleitung an den Fuhrparkmanager und digitale Fahrzeugübergabe innerhalb des Unternehmens realisieren zu können, werden eine RIO Box, die seit August 2017 zur Serienausstattung in den MAN-Lkw gehört, sowie ein RIO Login benötigt. „Als ich mich an das neue Auto gewöhnen musste, war die App schon sehr hilfreich“, so Sascha. „Für ausgewählte Schalter und Kontrollleuchten hält die App sogar Funktionserklärungen und Handlungsempfehlungen bereit. Meine Lenk- und Ruhezeiten kann ich ebenso darüber abrufen, wie meine Fahrweise und natürlich den Dieselverbrauch.“

Einsatz ab Wuppertal

Sascha fährt das erste Stück. Die Sperrung der Leverkusener Brücke erfordert den Umweg über die A57 und die A46. „Jetzt am Freitag verliere ich eine gute Dreiviertelstunde Zeit durch die vielen Staus, sonst schaffe ich die Strecke bis Langenhangen in vier Stunde und zehn Minuten. Also muss ich irgendwo eine Pause machen.“ Schnell stellt sich heraus, dass Sascha unterwegs bereits die ersten drei Folgen des Podcast „Truck Talk“ mit Götz Bopp und mir gehört hat. Und gleich wissen will, ob er, sollte er durch die Staus am Ende der Woche gar nicht mehr auf den Betriebshof kommen, um dort eine der beiden wöchentlichen Ruhezeiten zu beginnen, die Lenkzeit überschreiten darf, wie es ja seit dem 20. August im Rahmen des neuen Mobilitätspaketes bei „außergewöhnlichen Ereignissen“ möglich ist. Leider nein. Denn diese Staus sind in der Regel schon lange bekannt, insbesondere vor Baustellen. Die natürlich im Navi auch jederzeit abzurufen sind. Aber im anschließenden Dialog entsteht so die Idee, dass wir dieses Thema den Fahrern nahe bringen müssen – und das Foto für die Folge 4. Dann übernehme ich auf einem Parkplatz bei Wuppertal das Steuer.

Bessere Gesamtsicht

Das erste, was mir auffällt, als ich den Sitz auf meine Körpergröße eingestellt habe und Sascha seinen Kaffee auf dem kleinen Tisch auf der Beifahrerseite abstellt, ist die viel bessere Gesamtsicht nach draußen. Was einerseits an den gegenüber dem Vorgängermodell deutlich von den A-Säulen weg und zum Fahrer hin versetzten Spiegeln liegt, die, zusammen mit der leicht nach vorne geneigten Ablagefläche über dem Armaturenbord den „toten Winkel“ aus dem Lkw heraus noch kleiner macht. „In der ersten Serie der Tausend ausgelieferten neuen MAN gab es den drehbaren Beifahrersitz noch nicht", erklärt Sascha. „Mir reicht der kleine praktische Tisch." Andere Kollegen wollen sich dort wohl eine eigene Ablage hinstellen. Speziell für die Schräge entwickelt. Was natürlich in Sachen Sicherheit irgendwie wieder kontraproduktiv ist. Ansonsten lobt Sascha, und damit liegt er im Trend der MAN-Fahrerbefragungen in der Entwicklungsphase, die Matratze und den Kühlschrank. „Auch die nun integrierte Standklimaanlage hält im Sommer deutlich länger als die in meinem vorherigen MAN.“

Sicherheit nach rechts und links

Schon wenige Kilometer nach der Auffahrt auf die A46, weil die 580 PS in der Steigung beim ersten langsamem Lkw einen schnellen Überholvorgang ermöglichen, macht sich in der linken A-Säule die Spurwechselhilfe (Lane Change Support), die Sascha als „Spurwechsel-Assistent“ beschreibt, bemerkbar. Ein dreiteiliges LED-Band in der A-Säule warnt den Fahrer in kritischen Situationen stufenweise im Bereich ab 50 km/h, wenn sich ein Fahrzeug von hinten nähert. Es erspart den automatischen Sicherheitsblick, den ich mir in den Jahren auch im Pkw antrainiert habe und trägt damit gerade im dichten Verkehr erheblich zur Sicherheit bei. Auf der Beifahrerseite funktioniert es als Abbiegehilfe, für Sascha als „Tote-Winkel“-Assistent. Die Warnstufe hängt hier bei bis zu 30 Kilometer davon ab, wie weit der erkannte andere Verkehrsteilnehmer noch vom Fahrzeug entfernt ist und ob bei Vorausberechnung der Bewegungspfade eine Unfallsituation droht. Erkennt das System eine kritische Situation, blinken alle drei LED-Module und es ertönt zusätzlich ein Signalton. Im Stadtverkehr habe ich diesen Assistenten nicht selber probieren können, eben nur auf der Autobahn, laut Sascha ist er in der Tat auch im Stadtverkehr eine deutliche Unterstützung.

Dauerhafte Staus

In der Tat: Die Tour am Freitagnachmittag wird über die gesamte Strecke bis Lauenau, wo mich Geschäftsführer Daniel Hoppenstock schließlich abholt und ich den neuen MAN TGX 18.580, intern TG3 genannt, schweren Herzens seinem Fahrer wieder überlasse, zu einer Geduldsprobe. Daran wird sich auch in der nahen Zukunft nichts ändern. Die beiden seitlichen Assistenten sind dabei eine wirkliche Hilfe, den Blick ständig nach vorne zu richten und, insbesondere an Ausfahrten und Einfahrten die möglichen Aktionen der anderen Verkehrsteilnehmer aus der Höhe immer zu antizipieren. Wenn man nicht abgelenkt ist. Wenn es dann wieder an einem Stauende zu einem schweren Unfall gekommen ist, bei dem, Stand 5. November, in diesem Jahr bereits 43 Lkw-Fahrer verstorben sind, höre ich in den sozialen Medien immer wieder von Pkw, die vor einer Einfahrt den Lkw ausbremsen und zum Bremsen zwingen. Das kann ich so nicht wirklich bestätigen. Man kann sich als Fahrer darauf einstellen. Was ich allerdings bestätigen kann: auch ich wurde im Überholverbot auf den A 2, brav im Stau stehend, immer wieder von anderen Sattelzügen aus Osteuropa aber auch aus Deutschland überholt. Weit und breit war keine Polizei zu sehen.

Nach vorne abgesichert

Wer meine Beiträge regelmäßig liest, der weiß, dass ich ein erklärter Fan des EBA2, des Notbremsassistenten im MAN, bin und diesen bereits 2018 auf dem Dekra Testgelände mit acht Fahrern ausprobieren konnte, was wir in einem Film festgehalten haben. Ich gehe davon aus, dass er im neuen MAN in der allerletzten Notsituation ebenfalls eingreift, wenn ein Lkw mit hoher Geschwindigkeit auf einen bereits stehenden Stau zufährt. Dafür ist er im Prinzip entwickelt. Er funktioniert, wie wir bereits in der Sendung 24 von FERNFAHRER live mit Dr. Erwin Petersen im Detail besprochen haben, nicht unbedingt im Kolonnenverehr. Denn er leitet erst nach der bis heute gesetzlich vorgeschriebenen Warnphase von mindestens 1,4 Sekunden und wenn der Fahrer nicht mehr eingreift, die Vollbremsung ein.

Dazwischen, so habe ich es jedenfalls auf dieser Tour im Freitagnachmittagsverkehr auf zwei ziemlich ausgelasteten Autobahnen mit viel stockendem bis zähfließenden Verkehr erlebt, hat auch MAN nun den „Stauassistenten“ in die Assistenzsysteme intergiert, eine Erweiterung des ACC Stop&Go zur Erhöhung des Fahrerkomforts, der im Geschwindigkeitsbereich bis 40 km/h aktiviert werden kann. Und der hat mich am Ende wirklich überzeugt.

In den entsprechenden Situationen auf der A1 und der A2, man kann hier teileweise schon von einer Dauerstausituation mit „Fahrtunterbrechungen“ reden, steuert er selbstständig Antriebsstrang, Bremse und Lenkung, er verzögert hinter einem anhaltenden Fahrzeug nötigenfalls bis zum Stillstand, was mir bisweilen von der Verzögerung fast wie der eingreifende EBA2 vorkam aber nicht war, und fährt von selbst wieder an. Stimmen auch noch die Arbeitsbedingungen so wie bei HVL Hoppenstock in Pattensen, dann fahren auch Sascha und seine Kollegen wirklich entspannt durch den Stau.

Unsere Experten
Harry Binhammer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Harry Binhammer Fachanwalt für Arbeitsrecht
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