Trailer-Aerodynamik Diesel wird am Heck gespart

Betterflow Heckflügel Foto: Betterflow

Aerodynamik: Mit besonders windschlüpfrigen Aufliegern lässt sich der Kraftstoffverbrauch reduzieren. Vor allem eine Maßnahme bietet großes Einsparpotenzial.

Rückblende: Zur IAA 2012 stellte Mercedes-Benz den mit Schmitz Cargobull entwickelten "Aerodynamics Truck & Trailer" vor, einen durch verschiedene Maßnahmen aerodynamisch optimierten Sattelzug, der den Verbrauch um vier bis fünf Prozent reduzierte. Das Präsentationsdatum war passend, denn 2012 war das teuerste Tankjahr in der Geschichte; der Liter Diesel kostete im Messemonat September 1,52 Euro – nie war Diesel teurer. In den Folgejahren sanken die Kraftstoffpreise wieder, das Thema Sparen durch optimierte Aerodynamik geriet etwas aus dem Fokus.

Das ändert sich nun. Infolge der CO2- Abgabe wird Kraftstoff teurer, auch die Mautgebühren orientieren sich an der Effizienz des Lkw. "Eine Ersparnis von sechs bis sieben Prozent auf den Normverbrauch sind gut 1,8 Liter auf 100 Kilometer, das ist eine Klasse besser als der Durchschnitt und macht 2.000 Euro Mautgebühren aus. Hinzu kommt natürlich die Kraftstoffersparnis", erklärt Dirk Sieprath, Geschäftsführer von Betterflow, einem auf Trailer-Aerodynamik spezialisierten Zulieferer aus Aachen. Der Haken an der Sache: Die Maut wird nach wie vor nach der Schadstoffklasse der Zugmaschine berechnet. Der Schwarze Peter wird den Lkw-Herstellern zugeschoben, unabhängig davon, welchen möglicherweise verbrauchssteigernden oder -senkenden Trailer der Kunde aufsattelt. Solange es dahingehend keine Änderung an der Mautberechnung gibt, profitiert der Kunde "nur" vom geringeren Verbrauch. Immerhin: Ab 2023 soll die neue Eurovignetten-Richtlinie gelten; die Mautklasse soll sich dann am CO2-Ausstoß orientieren, also auch am Verbrauch. Es ist wahrscheinlich, dass in die Berechnung auch der Trailer einbezogen wird – eine gute Aerodynamik würde sich dann auch bei der Maut rechnen.

Heckflügelsystem bringt 150 Kilo auf die Waage

Dr. Rainer Buffo ist ebenfalls Geschäftsführer bei Betterflow, als Ingenieur ist er direkt an der Entwicklung beteiligt. "Einzelmaßnahmen sind zwar auch sinnvoll, aber nur die Summe aller möglichen Maßnahmen schöpft das volle Potenzial aus", sagt Buffo. Denn verschiedene Änderungen beeinflussen sich gegenseitig: Strömt die Luft durch eine Optimierung an der Front besser, kann sich dadurch die Strömung am Heck verändern. Daher hält sich Betterflow mit Zahlen zu Einzelmaßnahmen bedeckt.

EcoGeneration Sattelauflieger Curtainsider Aerodynamik Trailer, Windräder, Umwelt, CO2, grüne Logistik, EcoFlex Foto: Schmitz Cargobull
Der Eco-Generation-Trailer von Schmitz Cargobull soll mit abgesenktem Heck zwischen fünf und zehn Prozent Kraftstoff sparen.

Daimler nicht: Beim erwähnten Aerodynamics Truck & Trailer sprachen die Stuttgarter seinerzeit von einer Verbesserung des Luftwiderstands von einem Prozent durch den Anströmkörper an der Stirnwand des Trailers, sieben Prozent brachte der Heckeinzug, acht Prozent die Seitenverkleidungen, zwei Prozent eine Unterbodenverkleidung samt Heckdiffusor. In der Summe konnte der Luftwiderstand des Zuges um 18 Prozent gesenkt werden – was in der Realität zwischen vier und fünf Prozent Kraftstoffersparnis brachte. Hier zeigt sich, dass vor allem im Heckflügel großes Potenzial steckt. "Das Heck ist strategisch sehr wichtig, das Einsparpotenzial ist hier größer als an der Front. Durch längere Flügel sind sogar noch größere Einsparungen möglich", erklärt Buffo. Derzeit beträgt die Flügellänge bei Betterflow 50 Zentimeter. 60 oder gar 70 Zentimeter seien möglich, jedoch müssen dann Gewicht und Kosten abgewogen werden. Rund 150 Kilogramm bringt das komplette Heckflügelsystem auf die Waage. Was nach viel klingt, relativiert sich schnell, denn dieses Gewicht erhöht den Verbrauch um nur 0,07 Liter pro 100 Kilometer und ist bereits in die von Betterflow veröffentlichten Werte einbilanziert.

Bislang kommt dieses Heckflügelsystem nur bei Kühlkoffern zum Einsatz. "Wir arbeiten aber am System für Trockenkoffer und Curtainsider", berichtet Rainer Buffo. Die Adaption erfordere aufgrund anderer Maße, Scharniere und der nötigen Stabilität einen größeren Entwicklungsaufwand. Die Seitenverkleidungen am Trailer sorgen noch für Skepsis beim Kunden: Anfahrschäden durch Gabelstapler beim Beladen oder Beschädigungen durch Reifenplatzer können dafür sorgen, dass die Einspar-Kalkulation nicht mehr aufgeht. Denn mit bis zu 6.000 Euro sind die großen Verkleidungen kein Schnäppchen.

In Sachen Unterboden sieht Betterflow heute sogar größeres Potenzial als Daimler vor zehn Jahren: "Der Unterboden ist sehr zerklüftet, das sorgt für eine ungünstige Luftströmung. Mit einer Verkleidung lassen sich 0,8 Liter auf 100 Kilometer einsparen, das entspricht etwa zwei bis drei Prozent", erklärt Buffo. Wichtig sei zudem, künftig auch den Boden der Zugmaschine mit einzubinden; Betterflow strebt daher Kooperationen mit großen Lkw-Herstellern an. Im Gesamtverbund von Zugmaschine und Auflieger sei noch viel zu holen, heißt es aus Aachen. So bietet auch der Raum zwischen dem Lkw und seinem Anhänger noch Optimierungspotenzial.

Im Realbetrieb bis zu zehn Prozent Kraftstoff sparen

Natürlich beeinflusst auch die Form des Trailers selbst die Aerodynamik. Erst vor wenigen Wochen sorgte Schmitz Cargobull mit den Fahrzeugen der Eco-Generation für Aufsehen. Das heruntergezogene Heck senkt den Luftwiderstand und soll Kraftstoffeinsparungen von bis zu fünf Prozent ermöglichen. "Je nach Einsatzprofil erreichen Kunden sogar noch größere Einsparungen, aber wir wollen mit diesen Werbeversprechen vorsichtig sein", sagt Matthias Muffert, Leiter Produktmanagement Curtainsider bei Schmitz Cargobull. Tatsächlich würden Kunden im Realbetrieb sogar bis zu zehn Prozent Kraftstoff sparen. Vorteil des Eco-Trailers: Kunden können flache, schwere Ladungen transportieren und bei abgesenktem Heck vom niedrigeren Luftwiderstand profitieren. Bei Bedarf lässt sich das Heck des Sattelcurtainsiders jedoch anheben, und es stehen wieder die vollen vier Meter Ladehöhe zur Verfügung. "Damit das volle Potenzial des aerodynamischen Trailers genutzt werden kann, gibt es den Kundenwunsch, die Heckstellung per Trailer-Telematik zu überwachen", berichtet Muffert.

Das Konzept des schräg nach hinten abfallenden Hecks ist nicht neu, die Form gibt es seit Jahren, vor allem in England sind die Teardrop-Auflieger populär. Auch, weil Lkw in England auf Autobahnen höhere Geschwindigkeiten fahren dürfen – und der Luftwiderstand ohnehin erst ab 60 km/h den Rollwiderstand übersteigt.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
lao Titel 05 2021
lastauto omnibus 05 / 2021
15. Mai 2021
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