Nikola Tre auf Iveco-Basis Elektro-Lkw kommt 2021

Nikola Tre auf Basis Iveco S-Way Foto: Nikola 28 Bilder

Nur drei Monate nach der Bekanntgabe der Kooperation zwischen Nikola und den CNH-Marken Iveco und FPT präsentierten die Partner in Turin ihre weitere Planung – und den Nikola Tre auf Basis des Iveco S-Way.

Mit 250 Millionen Dollar ist die Iveco-Mutter CNH Industrial erst im Herbst dieses Jahres bei Nikola eingestiegen – und schon jetzt steht der Prototyp des ersten schweren Lkw des Joint Venture. Mit einem theatralischen Soundtrack und einer perfekt inszenierten Lichtshow stellten FPT Industrial, die Antriebssparte des CNH-Konzerns, die Nikola Motor Company und Iveco die schwere Sattelzugmaschine im historischen Industriekomplex Officine Grandi Riparazioni in Turin ins Rampenlicht.

400 bis 800 Kilometer Reichweite

Der Nikola Tre, dessen erster Entwurf im Zuge der Nikola World im April in den USA vorgestellt wurde, basiert auf dem Rahmen des Iveco S-Way – und teilt sich mit diesem ganz augenscheinlich auch einige Karosserie- und Anbauteile. Der zunächst rein batterieelektrische Antriebsstrang, die Steuerung und das Infotainment aber sollen eigenständig in die Produktion gehen. Nikola spricht beim in Turin präsentierten Tre mit 4x2-Achsformel über einen Lkw für regionale Einsätze. Die Sattelzugmaschine ist mit einem modularen Batteriesystem mit bis zu neun Paketen und einer maximalen Kapazität von 720 kWh ausgestattet. Je nach Kundenwunsch soll die Reichweite damit bei bis zu 400 Kilometern liegen, ehe an einer 350 kW-Ladesäule zwei Stunden vergehen, bis die Energiespeicher wieder voll sind.

Auf einen doppelt so großen Aktionsradius kommt dann die mit einer Brennstoffzelle ausgerüstete Variante, die bis 2023 folgen soll. Sie wird laut Nikola über Tanks verfügen, die unter einem Druck von 700 bar je nach Kundenwunsch 40 bis 80 Kilo Wasserstoff fassen. Nach nur 15 Minuten an einer entsprechenden Zapfsäule soll die Reise nach den ersten 800 Kilometern fortgesetzt werden können.

In Bewegungsenergie umgesetzt wird der Strom so oder so mittels einer Elektro-Achse, die zwei Motoren in sich vereint und mit Diesel-Lkw zumindest gleichwertige Fahrleistungen ermöglichen soll. Insgesamt 480 kW und ein maximales Drehmoment von 1.800 Nm werden über ein klassisches Differenzial an die Räder abgegeben. Mittelfristig will Dane Davis, CTO von Nikola, dazu an einer Achse arbeiten, deren Elektromotoren unabhängig voneinander jeweils ein Rad antreiben und damit über sogenanntes Torque Vectoring verfügen, also eine aktive Verteilung des Drehmoments an die einzelnen Räder. Auch ohne dieses Feature wird der Nikola Tre mit rein batterieelektrischem Antrieb aber nicht nur als schwere Sattelzugmaschine, sondern auch als Motorwagen mit zwei und drei Achsen (4x2 und 6x2) und einem zulässigen Gesamtgewicht von 18 und 26 Tonnen zu haben sein.

Großer Touchscreen innen, Mirror-Cam außen

Auch was die Elektronik an Bord angeht, will der Tre seine Mitbewerber in den Schatten stellen. Der Armaturenträger ist mit volldigitalen Instrumenten und einem riesigen Multimedia-Touchscreen ausgestattet. Per Fingertipp sollen alle Funktionen rund um das Infotainment und das Fahrzeug an sich aufgerufen werden können. Die Navigation kalkuliert mit Live-Traffic-Updates und integriert die aufgrund des tatsächlichen Gewichts und der äußeren Faktoren nötigen Lade- oder Tankstopps in die Routenberechnung. Über eine Smartphone-App will Nikola dem Fahrer Zugang zum Fahrzeug verschaffen und ihn die Klimatisierung auch von außen steuern lassen. Statt analoger Außenspiegel vertraut der Tre zudem auf ein Mirror-Cam-System, wie es bereits aus dem neuen Mercedes Actros bekannt ist.

Doch damit nicht genug: Auch Over-The-Air-Updates soll der Tre empfangen und mittels zahlloser Sensoren im Voraus erahnen können, wann welches Teil einen Service benötigt oder komplett ersetzt werden muss. Seine Architektur soll es außerdem schon vom Start weg ermöglichen, moderne Fahrerassistenten zu integrieren und schon heute Systeme zu implementieren, mit denen teil- und vollautonomes Fahren möglich ist.

Batterieelektrisch ab 2021, mit Brennstoffzelle ab 2023

Nach ersten Tests ab Mitte 2020 und der Vorstellung des batterieelektrischen Serienfahrzeugs auf der IAA Nutzfahrzeuge im September nächsten Jahres sind die ersten Auslieferungen an Kunden für 2021 geplant. Der Vertrieb und der Service werden über das europäische Iveco-Händlernetz laufen. Bis 2023 steht dann der Tre mit Brennstoffzellen-Technologie an. In den USA wiederum sollen die ebenfalls wahlweise rein batterieelektrisch oder mit Brennstoffzelle lieferbaren Modelle One (mit Sleeper) und Two (mit Day-Cab) für den Durchbruch sorgen.

Während Iveco und FPT Industrial all diesen lokal emissionsfreien Trucks im Engineering und auf der Seite der Fertigung den letzten Schliff verpassen und damit eine Industrialisierung im großen Stil ermöglichen sollen, bringt Nikola das Know-how in Bezug auf die Brennstoffzelle und weitere fortschrittliche Technologien in die Kooperation mit ein. Das Start-up steht für Iveco außerdem für den Einstieg in Nordamerika und für ein disruptives Geschäftsmodell, das zumindest in den USA eine kilometerbasierte Leasingrate inklusive der Kraftstoffkosten vorsieht, deren Einführung in Europa noch nicht beschlossen ist. Die in Europa unter der Nikola-Marke verkauften Tre werden außerdem in den Flottenverbrauch von Iveco einberechnet und könnten so drastische Strafzahlungen abwenden, die bei der Überschreitung der europäischen CO2-Grenzwerte ab 2025 und 2030 fällig würden.

70 Wasserstofftankstellen im Plan

Damit Nikola den Tre aber tatsächlich erfolgreich verkaufen kann, braucht es eine passende Lade- und Wasserstofftankstellen-Infrastruktur. In Europa sind für eine Abdeckung der Märkte zwar wohl „nur" 70 H2-Stationen nötig, einfach aber dürfte das Unterfangen auch so kaum werden. Immerhin 75.000 Liter Wasser und knapp 18 Megawatt an Energie würde eine derartige Anlage pro Tag verschlingen. Dazu müsste eine Fläche von rund vier Hektar zur Verfügung stehen. Laut der Pläne von Nikola werden die Stationen ihren Kraftstoff unter dem Einsatz erneuerbarer Energien – konkret: Solaranlagen und Windräder – nämlich zum größten Teil in Eigenregie produzieren. So will sich das Start-up den teuren Transport von Wasserstoff sparen, den Aufwand minimieren und damit die Preise drücken.

Schaut man auf den seit Jahren nur schleppend vorankommenden Ausbau der LNG-Infrastruktur, klingen diese Ideen geradezu phantastisch. Doch wäre es nicht der erste Coup, den der charismatische Nikola-CEO Trevor Milton landen kann. Nicht nur, dass er CNH Industrial für seine Vision des Lkw der Zukunft gewinnen konnte – auch von anderen etablierten Branchengrößen hat er bis dato über drei Milliarden Euro überwiesen bekommen. Vielleicht ist am Ende also doch etwas dran an dem Satz, den Milton seinen Gästen in Turin zum Abgang von der Bühne mitgibt: "Ein Kindheitstraum kann die ganze Welt verändern."

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