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Hochschule Heilbronn mit neuem Angebot Logistik studieren, Karriere machen

Foto: Hochschule Heilbronn/Matthias Stark

Die Hochschule Heilbronn kombiniert das Logistik-Studium mit noch mehr Praxis. Welches ihre Pläne für ein neues Studienmodell sind, erläutern Prof. Dr. Dirk Lohre, Studentin Anna Glaser und LGI Logistics-Chef Bernd Schwenger im Gespräch mit der Fachzeitschrift trans aktuell.

trans aktuell, Frau Glaser, meine Herren: Eine Studentin, ein Absolvent und ein Professor – die ideale Konstellation, um aus unterschiedlichen Blickwinkeln über die Möglichkeiten und Perspektiven eines Studiums an der Hochschule Heilbronn sowie über die Pläne für ein neues kooperatives Studienmodell zu sprechen. Frau Glaser, Sie haben bereits eine Ausbildung zur Speditionskauffrau absolviert. Warum haben Sie sich dafür entschieden, noch ein Studium drauf zu satteln?

Glaser: Ich wollte nach meiner Ausbildung zur Speditionskauffrau bei Rhenus Freight Logistics in Düsseldorf nicht sofort in den Arbeitsalltag einsteigen, sondern mich noch weiterbilden. Da habe ich mich umgeschaut, welche Studiengänge sich anbieten und wo ein solches Studium möglich ist.

Da kommen generell ja einige Hochschulen infrage.

Glaser: Ja, aber mein erster Wunsch war eine Fachhochschule, weil das Studium praxisbezogener ist als an der Uni.

Foto: Glaser
Anna Glaser studiert im dritten Semester Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn. An der Hochschule ist sie Sprecherin der Hochschulgruppe Transport-ökonomie (HGT), dem studentischen Verein zum Studiengang.

Der Plan war es, im Sommersemester anzufangen, und dann standen gar nicht mehr so viele, sondern nur noch drei oder vier, Einrichtungen für mich zur Auswahl. Die Hochschule Heilbronn hat mich am meisten angesprochen. Die Möglichkeiten sind vielseitig, die Verbindung aus zwei Studienrichtungen im Grundstudium – Logistik und Mobilität – hat mir zugesagt, ebenso, dass Praxissemester vorgesehen sind. Das hat mich dazu bewogen, weiter von zu Hause wegzugehen. Ursprünglich komme ich aus dem Bonner Raum.

Herr Schwenger, bei Ihnen ist es etwas länger her. Doch es gibt Parallelen. Auch Sie hatten eine Ausbildung abgeschlossen und wollten sich weiterqualifizieren.

Schwenger: Mir ging es darum, etwas zu finden, das auf meine Ausbildung aufbaut, mich aber nicht zu sehr einschränkt, sondern mir die Freiheit eines Studiums gibt. Ich wollte dazu lernen, aber kein Bulimie-Lernen, wo man in Kürze alles in seinen Kopf reinpresst und hinterher wieder vergisst. Und ich war auch nicht so scharf auf einen anonymen Hörsaal mit 500 Mitstudierenden. Da fiel die Wahl auf Heilbronn. Ich komme aus dem Stuttgarter Raum, da war die Hochschule sehr bekannt. Für mich war es die richtige Wahl: Alles ist gegenüber einer Uni viel überschaubarer, die Professoren greifbar und ansprechbar. Ich war von zu Hause weg und konnte mir prima ein Netzwerk aufbauen.

Der ehemalige Student ist heute der CEO eines großen Logistikdienstleisters. Hat die Hochschule Heilbronn daran einen großen Anteil? Sprich: Ist sie ein gutes Sprungbrett?

Schwenger: Absolut. Vor allem einen Umstand möchte ich hervorheben, der eine spätere Karriere begünstigt: Die Hochschule Heilbronn hat frühzeitig erkannt, dass es einen Mix aus Abstellern und Feststellern braucht. Leider haben wir zu viele Feststeller. Sie stellen Dinge schlau fest und haben immer viele Gründe, Dinge nicht zu machen. In der Logistikbranche und in den Supply Chains muss man aber Dinge abstellen und lösen. Und diese Fähigkeit ist Teil der DNA eines Studiums an der Hochschule Heilbronn.

Foto: LGI/Marcus Vetter
Bernd Schwenger ist seit Juli 2018 Vorsitzender der Geschäftsführung bei der LGI Logistics Group International in Herrenberg. Der Vollblut-Logistiker studierte Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn.
Können Sie dafür ein Beispiel geben?

Schwenger: Ich erinnere mich an ein scheinbar unlösbares Küchentutorium: Man hat nur eine eingeschränkte Anzahl an Zutaten, um das Restaurant zu managen und um die Gäste zu bewirten. Wir stellten schnell fest: Hier helfen keine mathematischen Formeln, es braucht Entscheidungen. Ich kann die Leute ja nicht hungrig am Tisch warten lassen.

Herr Prof. Lohre: So, wie Frau Glaser und Herr Schwenger die Dinge beschreiben, scheint das Studium in Heilbronn ja fast ein Selbstläufer zu sein. Doch ganz so einfach ist es nicht. Wo liegen die Herausforderungen?

Lohre: Wenn wir nur Studierende wie Frau Glaser und Herrn Schwenger hätten, wäre in der Tat alles bestens – erst recht, wenn wir noch die entsprechende Anzahl an Studierenden hätten. Genau darin liegt die Herausforderung: Die Zahl der Studierenden in der Logistik geht insgesamt zurück, was nur zum Teil an der demographischen Entwicklung liegt. Daher ist es unser Bestreben, das Studium noch attraktiver zu machen, um junge Leute anzusprechen.

Was würden Sie als Besonderheit von Heilbronn bezeichnen?

Lohre: Wir versuchen, das Beste aus zwei Welten zu kombinieren – bei uns sitzt niemand von morgens bis abends im Klassenraum und bekommt Aufgaben zugewiesen. Bei uns geht es aber auch nicht zu wissenschaftlich zu, dass man sich alles selbst erschließen muss. Manchmal muss man – genau wie im Arbeitsalltag – auch mal die Fünfe gerade sein lassen und zu einer Entscheidung kommen. Bei und sind junge Menschen, die bereits eine Ausbildung im Speditions- und Logistikbereich mitbringen, unsere Hauptzielgruppe.

Hier setzt auch ihr neues kooperatives Studienmodell an. Was hat es damit auf sich?

Lohre: Das kooperative Studienmodell kombiniert die kaufmännische Ausbildung mit dem Bachelor-Abschluss in BWL an der Hochschule Heilbronn. In der zunächst geplanten Stufe eins unseres Modells bringen die Bewerber schon eine abgeschlossene Speditionsausbildung mit.

Foto: Hochschule Heilbronn/Matthias Stark
Dirk Lohre ist Professor für logistische Dienstleistungen an der Hochschule Heilbronn. Er ist zugleich Direktor des Instituts für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik (INVL) und leitet die Logistikberatung Forlogic.

Während des Studiums bleiben sie bei einem Arbeitgeber angestellt, sind dort auch in den Semesterferien tätig, können dort zum Beispiel ihre Projekt- und Seminararbeiten schreiben. Studierende haben die Freiräume eines Studiums, müssen sich selbst organisieren – nur, dass sie eben einen Arbeitgeber haben und eine monatliche Vergütung erhalten.

Wäre das ein bislang einzigartiges Angebot in Deutschland?

Lohre: Im Bereich Logistikdienstleistungen unserer Kenntnis nach schon. Ein Alleinstellungsmerkmal hätten wir in jedem Fall: Gemeinsam mit unseren Praktikern aus unserem Fachbeirat haben wir überlegt, dass wir bestimmte Themen vertiefen und dafür Diplomas vergeben können. Zunächst haben wir an die Megathemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung gedacht und als drittes, da die Branche mittelständisch geprägt ist, an das Thema Leadership und KMU-Management.

Wann möchten Sie mit dem neuen Angebot starten und wie sind Ihre Erwartungen?

Lohre: Wir gehen davon aus, dass wir die ersten Studierenden zum Wintersemester Ende September begrüßen können und das Angebot dann sukzessive weiter ausrollen. Frau Glaser ist neben ihrer Rolle im HGT-Vorstand auch Leiterin unseres Messeteams, und so möchten wir auch die Transport Logistic nutzen, um adäquat auf unser Modell hinzuweisen. Parallel stehen Besuche bei Berufsschulen und Gymnasien auf dem Programm. Aber unser Bildungssystem ist zum Glück immer durchlässiger geworden. Wenn also jemand will und für die Logistik brennt, sehen wir keinen Hinderungsgrund darin, dass er nur einen Real- oder Hauptschulabschluss hat. Entscheidend ist der Wille. Die Hochschulzugangsberechtigung kann man dann auch nachträglich erlangen.

Wie viele junge Menschen möchten Sie mit Ihrem neuen Angebot ansprechen?

Lohre: Die Zielgruppe ist Deutschland-weit nicht so groß. Betrachten wir das Jahr 2021, reden wir über etwa 14.000 Speditions- und Kep-Kaufleute sowie Fachkräfte zur Lagerlogistik, die ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben und eine Hochschulzugangsberechtigung mitbringen. Darunter sehen wir ein Potenzial von etwa 4.000 bis 5.000 jungen Leuten. Davon wiederum streben wir ein Prozent pro Semester an. Eben klein aber fein!

Sie selbst haben wie Frau Glaser und Herr Schwenger vor dem Studium ebenfalls eine Ausbildung absolviert. Was ist der Vorteil?

Lohre: Die Ausbildung hat auch bei mir die Begeisterung für die Logistikbranche geweckt, die mich bis heute nicht losgelassen hat. Es ist bemerkenswert, wie geräuschlos die Logistiksysteme ablaufen, wenn man sich vor Augen hält, welche Komplexität dahinter steht. In der Ausbildung habe ich auch das Lernen erst richtig gelernt – unbestritten ja eine gute Voraussetzung fürs Studium.

Frau Glaser, wäre das neue Studienmodell etwas für Sie gewesen, wenn Sie schon die Wahl gehabt hätten?

Glaser: Ich halte das Modell für attraktiv und kann mir gut vorstellen, dass es junge Leute nach ihrer Ausbildung anspricht. Das Studium ist verkürzt, mit vielen Praxisanteilen verbunden und gleichzeitig gibt es noch eine monatliche Vergütung, das sind doch gute Argumente. Ich bin aber mit meiner Wahl nicht unglücklich, genieße mein Studium und freue mich auf mein Praxissemester.

Herr Schwenger, Sie sind Absolvent der Hochschule und im Fachbeirat. Werben Sie bei Ihren Azubis bei LGI Logistics schon fleißig für das neue Angebot in Heilbronn?

Schwenger: Logisch! Die LGI Logistics Group International hat rund 130 Auszubildende, von denen 30 Studierende sind. Wir haben sie schon auf das Studienmodell hingewiesen. Wir unterhalten eine Niederlassung in Heilbronn, sie hätte das Studienangebot direkt vor der Haustür. Es braucht trotzdem noch eine gute Portion Überzeugungskraft, um unseren Nachwuchs für diese Angebote zu erwärmen.

Inwiefern?

Schwenger: Der Kampf um die Talente ist in vollem Gange: Logistikunternehmen zahlen ihren Mitarbeitern nach der Ausbildung schon unfassbare Einstiegsgehälter, damit sie bleiben und nicht weiterziehen. Oder man schickt sie in ein duales Studium, um sie zu binden. Daher gefällt mir das kooperative Modell gut, weil man die Talente an sich bindet als Logistikdienstleister, wenn man das Ganze unterstützt, und auch Einfluss auf die Lehrinhalte nehmen kann.

Herr Lohre, wie viele Unternehmen wären denn bereit, wie LGI Logistics das neue Studienmodell zu unterstützen und ihren ehemaligen Azubis hierzu einen Vertrag inklusive einer monatlichen Vergütung anzubieten?

Lohre: Das Interesse ist grundsätzlich gut, aber es bedarf einer gewissen Anlaufzeit. Die Zahl der Befürworter wächst. Wir unterschreiben in diesen Tagen Kooperationsvereinbarung mit einigen Logistikdienstleistern, darunter auch ein Global Player. Aber natürlich können wir nicht erwarten, dass wir gleich überrannt werden. Solche Entscheidungen brechen Logistikdienstleister nicht übers Knie. Die Zielgröße für das kooperative Modell, das ja parallel zum klassischen Studium läuft, liegt bei etwa 40 Studierenden. Dem wollen wir uns sukzessive von Semester zu Semester nähern.

Das kooperative Modell

Das kooperative Studienmodell startet im Wintersemester. Die Studierenden besuchen alle Lehrveranstaltungen und Seminare, organisieren sich ihr Studium selbst, sind aber bei einem Unternehmen angestellt, bei dem sie zum Beispiel als Werkstudent oder in den Semesterferien arbeiten können. Sie profitieren auch von einer monatlichen Vergütung. Das Studium ist um ein bis zwei Semester verkürzt, da Lehrinhalte aus der Ausbildung anerkannt werden und das Praktikum verteilt über das Studium stattfindet.

Auf der Transport Logistic

Die Hochschule Heilbronn präsentiert sich von 9. bis 12. Mai erneut auf der Messe Transport Logistic in München.
In Halle B5, Stand 221/322 hat die Hochschule einen 240 Quadratmeter großen Stand – der größte einer Hochschule. Rund zehn Partner unterstützen sie bei ihrem Auftritt, der größte ist – gemessen an der Standfläche – die Stückgutkooperation VTL. VTL-Geschäftsführerin Johanna Broese ist eine ehemalige Absolventin der Hochschule und war schon in ihrer Zeit an der Hochschule im Orga-Team für den Messeauftritt mitverantwortlich.

Infos zum Studienangebot

Hochschule Heilbronn
Logistik- und Mobilitätsmanagement (LM) (B.Sc.)
www.hs-heilbronn.de/lm
Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik (VB) (B.Sc.)
www.hs-heilbronn.de/vb

Zu den Personen

  • Anna Glaser studiert im dritten Semester Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn. An der Hochschule ist sie Sprecherin der Hochschulgruppe Transport-ökonomie (HGT), dem studentischen Verein zum Studiengang. Zuvor schloss sie eine 2,5-jährige Ausbildung bei Rhenus Freight Logistics in Düsseldorf ab. Glaser ist 22 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Bonn.
  • Dirk Lohre (54) ist Professor für logistische Dienstleistungen an der Hochschule Heilbronn. Er ist zugleich Direktor des Instituts für Nachhaltigkeit in Verkehr und Logistik (INVL) und leitet die Logistikberatung Forlogic. Seine Speditionsausbildung absolvierte der gebürtige Duisburger Ende der 1980er in Düsseldorf bei VTA, heute DSV.
  • Bernd Schwenger ist seit Juli 2018 Vorsitzender der Geschäftsführung bei der LGI Logistics Group International in Herrenberg. Zuvor führte er die Geschäfte von Amazon Logistics Germany (2011 bis 2018) und war Logistikmanager von Hewlett Packard (2000 bis 2011). Der Vollblut-Logistiker studierte Verkehrsbetriebswirtschaft und Logistik an der Hochschule Heilbronn.
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