Lidar Sensoren Laserstrahlen sind sicherer als Radar

Velodyne Lidar Lkw Foto: Velodyne 3 Bilder

Für automatisiertes oder gar autonomes Fahren braucht es viele Sensoren. Seit einigen Jahren hat sich das Lidar-System etabliert. Wie unterscheidet es sich von Radar und Kameras?

Der Fahrer lehnt sich entspannt zurück, während der Lkw sich selbstständig auf die Autobahn einfädelt, an ein Platoon anhängt und die nächsten Stunden ohne Eingriff des Fahrers von alleine fährt. Zugegeben, das ist noch Zukunftsmusik, aber es wird eines Tages möglich sein. Damit das funktioniert, braucht es Sensoren, die die Umgebung erkennen. "Da sich unterschiedliche Sensoren für unterschiedliche Einsatzzwecke eignen, braucht es mindestens drei verschiedene Sensorsysteme, die sich gegenseitig ergänzen", erklärt Guillaume Devauchelle, Vice President Innovation & Scientific Development beim französischen Automobilzulieferer Valeo.

Lidar-Sensoren liefern auch bei absoluter Dunkelheit exakte Daten

Ein Sensorset für automatisierte Fahrfunktionen wird aus bis zu einem Dutzend Sensoren bestehen: Eine Frontkamera wird ergänzt durch vier Surround-View-Kameras an den Ecken (etwa in den Scheinwerfern und Rückleuchten), dazu wird es vier Radare sowie vier Lidarsensoren an Bord geben – auch wegen der Redundanz: Fällt ein Sensor aus, übernimmt ein anderer dessen Funktion. "In Robotaxis werden wir noch viel mehr Sensoren haben", ist sich Devauchelle sicher. Ultraschallsensoren sind seit Jahren in so gut wie allen Fahrzeugen verbaut, etwa für die Einparkhilfe. Sie eignen sich vor allem für kurze Distanzen von wenigen Metern, sie sind klein und kostengünstig. Mit Kameras wiederum können Objekte gut klassifiziert werden: Was ist ein Mensch, eine Ampel oder ein Fahrrad? Nachteil der Kamera ist die Quasi- Blindheit bei widrigen Witterungsverhältnissen oder Dunkelheit. Auch Radarsysteme haben längst Einzug in den Lkw gehalten. Vor allem für Abstandstempomaten und Notbremsassistenten werden sie eingesetzt. Ein Radar arbeitet mit Funkwellen, die von Objekten reflektiert werden. Aus der Laufzeit des zurückgeworfenen Radarechos errechnet das Steuergerät Entfernung und Geschwindigkeit des Vorausfahrers. "Vor allem bei der Geschwindigkeit liefert ein Radar sehr exakte Daten", sagt Guillaume Devauchelle. Lidar steht für Light Detection and Ranging und basiert auf einem ähnlichen Prinzip wie Radar. Während jedoch beim Radar Funkwellen ausgestrahlt und zurückgeworfen werden, sind es beim Lidar Laserstrahlen – es handelt sich um ein optisches System. Lidar-Sensoren liefern dank der Laserstrahlen auch bei absoluter Dunkelheit exakte Daten zu Entfernung, Geschwindigkeit und Größe von Objekten in der Umgebung.

Lidar-Sensoren lassen sich in zwei Bauarten aufteilen. Bei Sensoren mit beweglichen Teilen trifft ein Laserstrahl auf einen rotierenden Spiegel und scannt die Umgebung im Umkreis von 360 Grad; manche Systeme arbeiten mit 64 oder gar 128 Lasern, die innerhalb des Gehäuses rotieren. Je höher die Anzahl der Laser, desto höher die Auflösung. Vorteil: Es genügt theoretisch ein einziges 360-Grad-Lidar mittig auf dem Dach, um die gesamte Umgebung zu scannen. Bei der zweiten Bauart handelt es sich um sogenannte Solid-State-Lidar-Sensoren, die erst seit Kurzem auf dem Markt sind. Sie kommen ohne bewegliche Teile aus und basieren auf Halbleitertechnik. Je nach Modell sind sie nur noch so groß wie eine Zigarettenschachtel, zudem deutlich günstiger als mechanische Systeme. Nachteil der Solid-State-Technik ist der eingeschränkte Blickwinkel, der horizontal je nach Modell rund 120 Grad beträgt. Man bräuchte also mehrere Sensoren, um 360 Grad abzudecken.

Der Sensor-Hersteller Velodyne stellte vor Kurzem ein neues Modell eines rotierenden Lasers vor, das eine Reichweite von 300 Metern bietet. Je größer die Reichweite, desto mehr Zeit haben die Systeme, eventuelle Hindernisse oder Unfälle zu erkennen. Bei der Reichweite gilt allerdings nicht "höher, schneller, weiter": "Ein Radar oder Lidar, das 500 Meter vorausschaut, ist nicht sinnvoll. Denken Sie an Kurven, Abzweigungen oder Hügel", erklärt Guillaume Devauchelle von Valeo. Eine Reichweite von 200 bis 300 Metern sei ausreichend. Wichtiger sei hingegen, die Auflösung zu verbessern. "So können auch auf weite Entfernungen Fußgänger eindeutig identifiziert und mithilfe künstlicher Intelligenz sogar ihre möglichen Bewegungsrichtungen vorhergesagt werden", erklärt der Experte. Ein Dutzend Sensoren am Fahrzeug generieren riesige Datenmengen, die quasi in Echtzeit verarbeitet werden müssen. Dazu sind leistungsstarke Computer nötig. Der Zulieferer ZF hat Anfang 2019 einen Zentralrechner vorgestellt, der 150 Billionen Rechenschritte pro Sekunde (Terahertz, THz) bietet. Zum Vergleich: Ein guter Büro-PC schafft nur etwa 3 Milliarden Rechenoperationen (Gigahertz, GHz) pro Sekunde. Noch sind sowohl Sensoren als auch Rechentechnik teuer. Während die Sensoren künftig in großen Stückzahlen verbaut werden und sich Skaleneffekte positiv auf die Kosten auswirken, wird der Zentralrechner den größten Teil der Kosten ausmachen. Bei vollständig autonomen Systemen fallen sie dagegen kaum ins Gewicht, da allein der Fahrer rund 30 Prozent der TCO verursacht – und nicht mehr gebraucht würde; die Investition würde sich rasch bezahlt machen. In einigen Jahren, ist sich Devauchelle sicher, werden Lidar- Systeme auch in Kleinwagen erhältlich sein. Schließlich gab es mit Systemen wie dem ABS eine ähnliche Entwicklung: Heute sind sie nicht mehr wegzudenken und sogar gesetzlich vorgeschrieben.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
lao 10 2019 Titel
lastauto omnibus 10 / 2019
14. September 2019
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