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Die Zukunft der Briefdienste Das Beste aus zwei Welten

Foto: Otto

Die Postunternehmen entwickeln sich zunehmend zu Dienstleistern physischer und elektronischer Schreiben.

Die Digitalisierung hat für die Paketbranche vor allem eine ganz entscheidende praktische Konsequenz: Sie sorgt über den Boom beim E-Commerce für kontinuierlich hohe Wachstumsraten. „Und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich das Paketwachstum verlangsamen wird“, sagte Dr. Achim Dünnwald, CEO DHL Parcel, beim Zukunftsdialog 2018 des Bundesverbands deutscher Postdienstleister in Bonn. Das Gegenteil sei der Fall: „Der Online­handel wird sich verdoppeln.“ Eine ganz andere Konsequenz ergibt sich aus der Digitalisierung für Dr. Ole Nordhoff. Der CEO für den Briefbereich der Deutschen Post DHL in Deutschland schilderte auf derselben Veranstaltung einen Trend zu hybriden Logistikdienstleistungen. Doch zunächst zu den Paketen.

Paketmarkt wächst weiter

Dünnwald erwartet aufgrund des ungebrochenen Trends hin zu immer mehr E-Commerce, dass der B2C-Paketmarkt in Deutschland auf absehbare Zeit weiter ähnlich stark wachsen wird wie in den vergangenen Jahren: im hohen einstelligen oder sogar leicht zweistelligen Prozentbereich. In anderen europäischen Ländern wie Polen oder Spanien geht der Manager, der für das gesamte Paketgeschäft von DHL in Europa verantwortlich ist, sogar von steigenden und noch stärkeren Wachstumsraten aus. Hintergrund seiner Einschätzung: „Bei den führenden E-Commerce-Ländern in Europa liegt der Anteil des Onlinehandels am Gesamthandel heute schon zwischen 10 und 15 Prozent.“ So betrage er in Deutschland etwa 10 und in Großbritannien etwa 15 Prozent. „In Polen oder Spanien hingegen liegt dieser Wert erst zwischen zwei und drei Prozent.“ In Deutschland erwartet Dünnwald, dass 2025 jeder Einwohner im Durchschnitt 30 Pakete erhält. 2012 waren das erst 12, in diesem Jahr sollen es bereits 24 sein.

„Wir werden angesichts dieses Booms, aber auch angesichts des Arbeitskräftemangels, der langfristig sein wird, nicht so weitermachen können wie bisher.“ Das gelte auch angesichts von weiteren Engpassfaktoren wie dem Mangel an geeigneten Logistikgrundstücken, angesichts von Verkehrsproblemen und Lieferbeschränkungen in Ballungszentren. Trotzdem steht Dünnwald einer umfassenden Kooperation der verschiedenen Paketdienste mit gemeinsamer Zustellung auf der letzten Meile skeptisch gegenüber. Im Hinblick auf ein Kooperationsprojekt in Berlin, bei dem mehrere Paketdienste auf einem Areal getrennte Zustelldepots betreiben, ließ er durchblicken, dass er sich von einer gemeinsamen Zustellung keine Effizienzsteigerung verspricht. Die sieht er vielmehr in weiteren Skaleneffekten durch neue große Sortierzentren, durch eine dynamische Tourenoptimierung, durch eine Erhöhung des Anteils der Zustellungen in Packstationen oder durch weitere IT-Verbesserungen.

Physische Schreiben als Ausnahme

Die Digitalisierung zählt Dr. Ole Nordhoff neben der Globalisierung, der Bevölkerungsentwicklung und der Nachhaltigkeit zu den vier wichtigsten gesellschaftlichen Trends, die sich auf die Postmärkte auswirken. Trotzdem sagte der CEO Post Deutschland der Deutschen Post DHL beim Zukunftsdialog des Bundesverbands deutscher Postdienstleister: „Auch 2025 werden Menschen in Deutschland noch lange nicht vollständig digital leben.“ Daraus zieht er die Konsequenz: „Postunternehmen müssen sich zu einem hybriden Dienstleister entwickeln.“

Als Beleg diente dem promovierten Betriebswirt, der nach einer Zeit als Berater für McKinsey seit 2012 für die Deutsche Post arbeitet, ein Blick auf die Bevölkerungsentwicklung. So wird es laut Nordhoff in Deutschland auch in sieben Jahren erst 30 Prozent „Digital Natives“ geben. Diese mit dem Smartphone groß gewordene Generation empfindet digitale Kommunikation als Standard und möchte nur in Ausnahmefällen noch physische Schreiben erhalten oder schicken.

Demgegenüber wird es laut Nordhoff auch 2025 noch rund zehn Prozent „digitale Skeptiker“ geben, die physische Schreiben bevorzugen und digitale Medien nur zwangsweise nutzen. Und die Mehrzahl der Menschen (und Kunden), nämlich 60 Prozent, seien dann „Digital Immigrants“. Sie „möchten das Beste aus zwei Welten und nutzen klassische wie auch digitale Kommunikations­kanäle“. Die logistische Konsequenz daraus: Um die verschiedenen Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen, reiche es nicht, nur digitale oder nur physische Angebote zu machen. Vielmehr müssten Postgesellschaften beides tun. Dadurch würde zwar die Komplexität des Portfolios steigen, aber die damit verbundenen Risiken wie höherer Aufwand bei Entwicklung und Mitarbeiterschulung oder die geringeren Umsätze pro Produkt müsse man eingehen.

Klassische Briefe bekommen digitalen Zwilling

Warum, das machte Nordhoff am Beispiel des Ident-Service der Deutschen Post deutlich: Für die sichere Identifizierung neuer Kunden, etwa bei Direktbanken, bietet die Post sowohl ein digitales als auch ein physisches Verfahren an. Doch obwohl der digitale Service (Video Ident) ausgereift und einfach durchzuführen sei, gingen immer noch mehr als die Hälfte der Kunden zur Identifizierung in eine Postfiliale. „Und das selbst mitten in einem Online-Bestellprozess, den sie dafür unterbrechen müssen.“ Für Nordhoff geht es daher für eine Post auf absehbare Zeit nicht darum, physische Dienste durch digitale vollständig zu ersetzen, sondern physische und digitale Welt miteinander zu verbinden. Beispielsweise kann er sich vorstellen, dass Postdienstleister von klassischen Briefen künftig einen „digitalen Zwilling“ erstellen und diesen „im persönlichen E-Postfach des Kunden ablegen“.

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