Der Elektroantrieb ist bei den leichten Nutzfahrzeugen angekommen. Davon zeugen die vielen Premieren von serienreifen Elektro-Transportern. Wir haben in unserer Marktübersicht 16 E-Transporter mit allen wichtigen Daten und Fakten zusammengestellt. Die Tabelle finden Sie am Ende des Artikels.
Der Elektroantrieb ist schon lange kein Thema für irgendwelche Nischenanbieter mehr. Doch erst jetzt hat das Popcorn auf der elektrischen Herdplatte so richtig seinen Siedepunkt erreicht und poppt mit immer neuen Modellen der großen Hersteller auf. Renault Master Z.E., VW e-Crafter, Mercedes-Benz eSprinter: Sie alle beschreiten nun den Weg, den Iveco mit seinem elektrischen Daily schon vor einiger Zeit vorgezeichnet hat, und stellen einen großen Transporter der 3,5-Tonnen-Klasse mit batterieelektrischem Antrieb auf die Räder.
Branche ist den Lkw-Kollegen einen Schritt voraus
Damit ist die Branche ihren schweren Lkw-Kollegen einen großen Schritt voraus. Kunststück, denn schließlich bietet sich gerade die letzte Meile als Paradedisziplin für den batterieelektrischen Antriebsstrang an. Denn einer der Nachteile, die geringe Reichweite bei langer Ladedauer, spielt bei kurzen Tagesrouten nur eine geringe Rolle. Entsprechend müssen die Betreiber auch keine übermäßigen Nutzlasteinbußen wegen schwerer Batterien hinnehmen. 200 Kilometer reichen – das haben zahlreiche Studien erwiesen – für die letzte Meile locker aus. Mit Zuladungen von einer Tonne und mehr braucht sich kein Stromer hinter den Dieselbrüdern zu verstecken.
Wer also seinen urbanen Fuhrpark jetzt und heute auf elektrisch angetriebene Transporter umstellen möchte, wird in allen Klassen fündig. Noch verhalten sich die meisten Hersteller jedoch relativ selektiv, was die Modellauswahl betrifft. PSA konzentriert sich auf die kompakten Lieferwagen Berlingo und Partner, während Saic und Iveco transporterseitig eh nur die große Klasse bedienen. Bis vor Kurzem galt diese Maxime auch für VW. Abhilfe schafft die Partnerschaft mit Abt, die auch Caddy und T6 elektrifiziert. Die Varianten bleiben aber dennoch recht eingeschränkt mit einem Radstand pro Baureihe. Renault bricht mit diesem Vorgehen zumindest beim Master Z.E. und bietet ihn als Kastenwagen und Fahrgestell mit drei Radständen an. Auswahl bei der Motorleistung bietet indes keiner.
Streetscooter glänzt mit Modellvielfalt
Besonders vielseitig tritt Streetscooter auf. Das ehemalige Start-up hat einerseits schon ein paar Jahre Vorsprung auf die etablierten Hersteller – der VW e-Crafter startet dieses Jahr, der Mercedes-Benz eSprinter kommt im nächsten Sommer –, andererseits mit zunächst Deutscher Post DHL und nun mit Ford potente Partner an der Hand. Speziell die Post hat den Grundstein gelegt als erster Kunde. Mit Ford als Fahrgestelllieferant hat sich der gern als „Werkzeug“ bezeichnete, etwas rustikale Streetscooter Work deutlich weiterentwickelt und ist als Work XL durchaus mit VW & Co. auf einer Linie. Hinzu kommt bei den Baureihen Work und Work L die große Modellvielfalt: Kasten, Pritsche, Fahrgestell und verschiedene Branchenlösungen wie der nagelneue Kühlaufbau, ganz ohne Dieselaggregat.
Ein bestimmendes Argument gegen Stromer ist der höhere Preis. Wie Daimler aber vorrechnet, schlägt sich der bei den Gesamtbetriebskosten kaum nieder, sodass es nicht so abwegig ist, Diesel und Stromer TCO-neutral zu betreiben. Gerade auf der letzten Meile sind nämlich Personal- und Schadenskosten wesentlich bestimmendere Faktoren. Daimler räumt auch mit Vorurteilen bezüglich der Langlebigkeit der Elektrotechnik auf. Man sei selbst überrascht, wie lange und gut die Vito E-Cell der ersten Generation auch nach bald zehn Jahren Betrieb noch durchhalten. Die Technik an sich ist wesentlich einfacher als der Dieselmotor mit viel weniger beweglichen Teilen und wurde sogar schon sechs Jahrzehnte früher erfunden – Zeit also für einen Umbruch in den Städten.
