Scania R560 V8 eMzwo Drei in Einem

Durch eine Plattform, entstanden aus einer ausrangierten Wechsel-brücke, wird die Sattelzugmaschine zum eigens aufgebauten Camper ... Foto: Bettina Pfeffer 14 Bilder

Mit einem gebrauchten Scania R560 V8 hat sich der österreichische Bauingenieur Manuel Scheidbach den Traum vom selbstfahrenden Unternehmer erfüllt.

Manuel Scheidbach gehört zu den Menschen, die unheilbar mit dem Lkw-Virus infiziert sind. Auslöser war wohl sein Vater, ein Fernfahrer, der ihn als Zweijährigen schon mit auf Tour nach England nahm. Kaum volljährig geworden, machte Manuel natürlich sofort den Lkw-Führerschein. „Nach meiner Matura und einem Jahr Bundesheer fand ich gleich einen Job in Vorarlberg als Fernfahrer auf einem Planensattelzug, hauptsächlich im Deutschland- und Frankreichverkehr, ab und zu auch mit dem Kühler nach Spanien“, erzählt er.

Etwa ein Jahr später wechselte er zu einem Familienbetrieb in Vorarlberg und fuhr mit einem Lebensmittel-Tankwagen im europäischen Fernverkehr: mit Milch von Österreich nach Italien, danach mit Saft nach Spanien und von dort mit Wein nach Schweden. Anschließend wieder mit Sahne Richtung Süden. Ab und an ging es auch in den Osten, meistens in der Beerensaison. Manuel schwärmt: „Zwei Wochen auf Achse und selten zweimal dieselbe Autobahn genutzt – es war eine tolle Zeit, auch weil die Chefin am Samstag für die ganze Truppe gekocht hat!“

Lkw-Führerschein finanziert Studium

Doch nach einigen Jahren auf Achse tauschte er das Lenkrad gegen einen Bleistift und studierte in Wien Bauingenieurwesen. „Die großen Brücken auf den Autobahnen hatten mich immer fasziniert. Nur leider wurde nichts aus diesem Studiengang, so ging ich in den Hochbau“, erinnert er sich. Vor der studentischen Armut bewahrte ihn – natürlich – der Lkw-Führerschein. Als Aushilfe ging es in den Semesterferien immer zu einem der beiden vertrauten Vorarlberger Transportunternehmen.

Nach dem Abschluss zog Manuel zurück ins „Ländle“ (womit hier Vorarlberg und nicht Baden-Württemberg gemeint ist) und heuerte als Bauleiter bei einem Bregenzer Bauunternehmen an. „Meine Freundin und jetzige Frau als auch mein damaliger Chef waren nicht sehr begeistert, dass ich im Sommer- und Winterurlaub wieder mit dem Lebensmitteltank unterwegs war und so den gesamten Jahresurlaub konsumierte“, erinnert er sich. „Aber sie gewöhnten sich nach und nach daran.“

Schritt in die Selbstständigkeit

Nach zehn Jahren Bauleitung und „Urlaub auf dem Bock“ wagte Manuel mit seinem jetzigen Geschäftspartner den Schritt in die Selbstständigkeit. Unter dem Label „eMzwo – Plan. Bau. Leben.“ planen und realisieren sie Einfamilienhäuser sowie kleinere Wohnanlagen.

Doch etwas fehlte noch zum Glück – ein eigener Lkw. So erwarb Manuel den gebrauchten Scania R560 eines selbstfahrenden Unternehmers. „Ziemlich gut in Schuss, vollluftgefedert, handgeschaltet, mit V8-Motor und erst 680.000 Kilometern auf der Uhr. Ein schönes Auto!“ Nach erfolgreich abgelegter Frächterprüfung war die Konzession auch unter Dach und Fach. Nun konnte er, sofern es der Büroalltag zuließ, offiziell Frachtaufräge annehmen. „Am liebsten über das Wochenende nach Skandinavien, ein Wochenendfahrverbot gibt es dort ja bekanntlich nicht, und spätestens Mittwochfrüh wieder im Büro. Ab und an mit dem Kühler in die Steiermark – das macht Spaß!“

Ab und zu sendet ihm der Chef eines großen Logistikers aus Bludesch auch per Whatsapp skandinavische Länderflaggen zu: das Signal für eine Tour gen Norden. „Dann ist es für mich Pflicht, sämtliche Termine auf der Baustelle zu verschieben und die Tour nach Norden anzugehen“, sagt Manuel mit einem Augenzwinkern.

Aber ließe sich der Lkw auch sinnvoll für den Hausbau einsetzen? Aus dieser Frage resultierte ein Konzept, welches aus der Sattelzugmaschine einen Pritschen-Lkw mit kurzer Ladefläche für die eMzwo-Baustellen macht. „Wir kauften eine gebrauchte Wechselbrücke von Gebrüder Weiss und kürzten sie entsprechend ein, bauten Verriegelungen auf die Zugmaschine und typisierten das Ganze“, führt Manuel aus. Doch damit nicht genug: Dem pfiffigen Bauingenieur kam auch noch die Idee, die Pritsche als Plattform für einen Wohncontainer zu nutzen, der sich sowohl als mobiles Büro als auch für den Camping-Urlaub eignet.

Ein Wohncontainer für die Sattelzugmaschine

Mit Hilfe zweier Freunde – der eine Fahrzeugbauer, der andere Schlosser – baute er sich diesen mit einem Grundgerüst aus Stahlprofilen auf. Er erhielt ein wohnliches Interieur und eine rot glänzende Außenhaut, die ebenso wie die rote Heckverlängerung perfekt zum R 560 passt. „So können wir nun innerhalb von rund 20 Minuten von Sattelzugmaschine zu Ladefläche oder Wohnmobil wechseln. Alles sehr einfach durch das vollluftgefederte Auto möglich“, erklärt Manuel. Eine schwarze Lkw-Plane, die im Fahrzustand alle vier Seiten des Containers bedeckt, fungiert außerdem als riesiges Vorzelt. Der Aufstieg erfolgt über eine ausziehbare Leiter auf der rechten Seite. Rechts am Heck lässt sich ein Gasgrill ausfahren. Und unter dem breiten Heckfenster zeugt V8-Symbolik aus Södertälje von der Markenvorliebe des Besitzers.

Der Innenraum ist lichtdurchflutet, mit Holz- und Grautönen, mit einer großen, gemütlichen Couch, Flachbildfernseher, Nasszelle, Küchenzeile, Tisch und zwei Schlafplätzen. Unter dem heckseitigen Bett befindet sich ein großer, von außen zugänglicher Stauraum. Die Kabine des guten alten R560 wartet mit schwarzen Ledersitzen, einem cremeweißen Armaturenbrett und schwarz bezogenen Oberflächen, einer schwarzen Schrankwand überm Bett und einem LED-besetzen Himmel auf. Ein weiteres Bett befindet sich – klassisch Scania – über der Frontscheibe.

Auch außen gesellt sich Schwarz zu Rot, in Form eines Bullfängers, Dachbügels und vierer Fanfaren. Über der Frontscheibe und einer lampenbesetzten Sonnenblende prangt das eMzwo-Motto „Plan. Bau. Leben.“. Spätestens durch diesen ebenso schicken wie multifunktionalen Scania sind auch Manuels Familie und sein Geschäftspartner vollends mit dem Lkw-Fieber infiziert.

Dieser Artikel stammt aus diesem Heft
ETM
FERNFAHRER 2-3 / 2024
1. Februar 2024
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