Autonom im Terminal unterwegs Abschluss des Projekts ANITA am Duss-Terminal

Autonomer MAN TGX unterwegs im DUSS-Terminal in Ulm-Dornstadt Foto: MAN Truck & Bus 9 Bilder

Abschluss des Projekts ANITA zum autonomen Fahren im Duss-Terminal in Ulm – oder die „Versöhnung von Schiene und Straße“ beim Umschlag im Kombinierten Verkehr.

Wie erfolgreich kann ein selbstfahrender Lkw mit der passenden Einbindung in die Infrastruktur den Kombinierten Verkehr (KV) Straße–Schiene voranbringen? Nach einem halben Jahr Praxis war es an der Zeit, Bilanz zu ziehen. Die Partner des Forschungsprojekts „Autonome Innovation im Terminal Ablauf“ (ANITA) hatten dazu ins Duss-Terminal in Ulm geladen.

40 Prozent mehr Effizienz im Terminal

Für MAN Truck & Bus, Deutsche Bahn, Hochschule Fresenius und Götting ist der Praxistest des autonomen Prototyps auf TGX-Basis eine echte Erfolgsgeschichte: Von bis zu 40 Prozent Effizienzgewinn und einer erhöhten Prozessstabilität ist dabei die Rede. Dr. Martina Niemann, Vorständin der DB Cargo für Finanzen, Controlling und Angebotsmanagement, geht sogar noch einen Schritt weiter. Sie sprach von einer „Versöhnung von Straße und Schiene“. Denn im Angesicht der zu bewältigenden Gütermengen und des Fachkräftemangels sei es vonnöten, den Hauptlauf auf die Schiene zu verlagern.

„Das gelingt nur, wenn wir Logistikprozesse weiter automatisieren und digitalisieren. Wie die Zukunft in den Terminals aussehen kann, hat der Projektabschluss von ANITA eindrucksvoll gezeigt. Der autonome Lkw funktioniert im realen Terminalbetrieb und kann so einen entscheidenden Beitrag zur Zukunftsfähigkeit des Kombinierten Verkehrs leisten“, erklärte Niemann. Die DB-Cargo-Vorständin räumte dabei ein, dass die Bahn hier auch noch ihre Hausaufgaben machen muss. Ein Projekt zu einem autonom fahrenden Zug sei etwa in den Niederlanden am Laufen. Aber auch in Sachen digitale Erkennung der Wagenreihung und der Zuglänge gebe es noch Nachholbedarf, „zumindest, wenn wir nicht auf Infrastruktur von außen angewiesen sein wollen“.

Zusätzliche Hürden durch Corona und Ukraine-Krieg

Im DB Intermodal Services (IS) Container-Depot und im Duss Container-Terminal lief jedenfalls alles mehr oder minder nach Plan. Auch wenn die Corona-Krise und der Ukraine-Krieg für so manche zusätzliche Hürde gesorgt hatten. „Bei der Entwicklung autonomer Fahrsysteme standen konkrete Logistikanwendungen und der Kundennutzen für uns von Anfang an im Fokus“, sagte Dr. Frederik Zohm, Vorstand für Forschung & Entwicklung bei MAN Truck & Bus. Beim Entwickeln des Prototyps sei es daher auch nicht nur ums autonome Fahren im Container-Terminal gegangen. Zugleich habe man gemeinsam mit den Partnern das Ziel verfolgt, die Technologie in den Logistikprozess einzubinden.

„Nur so können wir künftig die Vorteile autonomer Lkw sinnvoll nutzen“, erklärte Zohm: den Sicherheitsgewinn, die höhere Flexibilität – gerade auch mit Blick auf den zunehmenden Fahrermangel –, die gute Kombinierbarkeit mit anderen Verkehrsträgern und die optimale Energieeffizienz im Einsatz, was besonders in Verbindung mit der Elektromobilität wichtig werde. „ANITA ist für MAN eine wichtige Grundlage, um autonome Lkw ab 2030 in den Verkehren zwischen Logistik-Hubs wie Ulm als Serienlösungen auf die Straße zu bringen“, erklärte Zohm.

Verhaltensweisen der Akteure analysieren

Damit der Lkw seine Transportaufgabe im Containerumschlag erfüllen kann, muss er mit der Infrastruktur von DB-IS-Depot und Duss-Terminal kommunizieren können. Dafür haben die Wissenschaftler der Hochschule Fresenius in der ersten Projektphase die bestehenden Prozesse, Abläufe und Verhaltensweisen von Menschen und Maschinen vor Ort analysiert und in ein digitales Regelwerk übertragen. Entstanden ist so eine komplette Missionsplanung, die sowohl das Fahrzeug als auch die anderen IT-Systeme miteinander verbindet. Zudem mussten aber auch diverse Handlungen aus der Praxis angepasst werden. „Ein Lkw versteht nun mal kein Herwinken eines Terminal-Mitarbeiters“, berichtete Prof. Dr. Christian Haas, Direktor des Instituts für komplexe Systemforschung an der Hochschule Fresenius.

Herausgekommen ist ein sogenanntes Multi-Agenten-System, in dem die Infos verschiedener Akteure wie Lkw-Fahrer, Kran-Führer, Stapler-Fahrer und unterschiedliche Kommunikationsformen wie Sprache oder Gesten übertragen werden. „Da sich bei autonomen Umfuhren nicht der Fahrer mit dem Disponenten, sondern der Lkw mit Datenbanken beziehungsweise anderen Maschinen unterhält, musste ein digitales – also für Maschinen verständliches – Kommunikationssystem entwickelt werden, damit die Mission funktioniert. Dies war ein hoher Entwicklungsaufwand, der jetzt allerdings auch zum Erfolg und den entsprechenden Produktivitätsgewinnen geführt hat“, berichtete Haas. Der Umstand, dass alles im laufenden Betrieb angepasst werden musste, also ohne die nachfolgenden Container-Umschläge zu beeinflussen, sei eine zusätzliche Herausforderung gewesen.

Hindernisse fehlerfrei erkennen

Für die Objektortung und Umgebungserfassung zeichnete das Unternehmen Götting aus Lehrte verantwortlich. „Damit fahrerlose Fahrzeuge noch attraktiver werden, arbeiten wir weiter an sicherer Hinderniserkennung für größere Reichweiten und Geschwindigkeiten“, sagte Hans-Heinrich Götting, Geschäftsführer des Sensor- und Automatisierungs-Spezialisten Götting.

Damit hat das Projekt ANITA zwar sein offizielles Ende erreicht – bei MAN soll es aber dennoch weitergehen. So wird der TGX-Prototyp nicht einfach eingemottet. „Wir wollen die verbaute IT so verkleinern, dass sie in einen herkömmlichen Lkw verbaut werden kann“, sagte Zohm gegenüber trans aktuell. Auch mit Blick auf die seitlich am Fahrzeug angebrachten Sensoren sieht er weiteren Entwicklungsbedarf: „Die müssen kleiner und ins Fahrzeug integriert werden, damit man nirgends hängenbleibt“, erklärte der MAN-Entwicklungs-Vorstand. Die Zeichen stehen damit gut, dass MAN auch künftig autonome Lkw im KV-Terminal auf Tour schickt – wenn auch vorerst noch weiterhin mit Fahrer an Bord, der bei Bedarf eingreifen kann.

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