Alkoholisierte Lkw-Fahrer Das Maß ist voll

Polizeikontrolle Lkw Foto: privat
Meinung

Seit Sonntagabend ermittelt die Kriminalpolizei Rosenheim auf dem Autohof Raubling an der Inntalautobahn. Mutmaßlich im Suff sind erneut zwei Lkw-Fahrer aus Osteuropa in Streit geraten, einer liegt nun schwer verletzt im Krankenhaus. Es wird Zeit, dass die Kontrollbehörden durchgreifen.

Als freier Fachjournalist aus der Transportbranche bin ich ständig mit Lkw-Fahrern in Kontakt. So erreichte mich heute früh die Bildnachricht eines Lkw-Fahrers, den ich hier auf seine Bitte hin nicht nenne, dass die Kriminalpolizei auf dem Autohof Raubling an der A93 in einem versuchten Tötungsdelikt ermittelt. Ein anschließender Anruf bei der zuständigen Pressestelle in Rosenheim hat es bestätigt: Am Sonntagabend, gegen 20.30 Uhr, sollen ein Fahrer aus Polen und einer aus der Ukraine sehr wahrscheinlich unter Alkoholeinfluss in Streit geraten sein. Der Fahrer aus der Ukraine liegt jetzt schwer verletzt im Krankenhaus. Der Täter konnte schnell ermittelt werden, weil er aufgrund des Sonntagsfahrverbotes für Lkw bis 22.00 Uhr nicht mit dem Lkw flüchten konnte.

Einmal mehr: Kontrollversagen

Es ist damit in diesem Jahr bereits der dritte Fall eines versuchten Tötungsdeliktes unter betrunkenen Lkw-Fahrern aus Osteuropa. Wie ich zu Beginn dieses Jahres in meinem Blog „Kontrollversagen“ beklagt habe, sind mittlerweile schon zwei Fahrer aus der Ukraine bei derartigen Auseinandersetzungen zu Tode gekommen. Ebenfalls am Wochenende. Auch im Streit, im Suff. Dazu kommen die mittlerweile extrem besorgniserregenden Meldungen der Autobahnpolizei, wie die vom selben Wochenende aus Hof, als die Polizei einen Fahrer mit 3,4 Promille am Weiterfahren 3,4 Promille am Weiterfahren hinderte.

Die Autobahnpolizei muss es ausbaden

Immer öfter greift die Autobahnpolizei nun notgedrungen zu präventiven Maßnahmen, um am Ende eines langen Wochenendes zu verhindern, dass es immerhin keine weiteren schlimmen Unfälle gibt. Nachdem ein stark betrunkener Fahrer aus Polen Anfang November auf der A67 zum Geisterfahrer wurde, kontrolliert auch dort die Autobahnpolizei verschärft. Vergangene Nacht hat die Verkehrspolizei in Walldorf ebenfalls wieder kontrolliert. Das Ergebnis: Jeder zwölfte Fahrer aus Osteuropa war alkoholisiert, auf einigen Ladeflächen lagen die leeren Flaschen, die Polizei sprach zum Teil von vorangegangenen Saufgelagen. Zum ersten Mal waren auch fünf Fahrer mit deutscher Staatsangehörigkeit mit erhöhten Alkoholwerten angetroffen worden, die dort bereits zum Beginn des Sonntagsfahrverbotes gestanden haben. Die anderen 31 Fahrer kamen aus verschieden Ländern Osteuropas.

Das Transitland Deutschland hat ein Problem

Ich bin in letzter Zeit beruflich wieder oft am Sonntag auf den Autobahnen unterwegs, und ich muss feststellen, dass auf den wichtigsten Transitrouten am Wochenende nahezu alle Parkplätze mit Lkw aus Osteuropa belegt sind. Vereinzelt dazwischen auch Lkw mit deutschen Kennzeichen. Niemand kann mir – wie es das Bundesamt für Güterverkehr leider gerne versucht – verkaufen, dass alle diese Fahrer nur ihre reduzierte wöchentliche Ruhezeit im Lkw verbringen.

Der krasse Fall der philippinischen Fahrer der dänischen Firma Kurt Beier belegt erschreckenderweise, dass Fahrer in Deutschland auch 18 Monate am Stück im Lkw unterwegs sein können, wenn sie sich nur vor den Kontrollen des BAG auf Firmengelände oder in die Terminals des Kombinierten Verkehrs zurückziehen. Denn dort ist das BAG noch seltener bei Kontrollen anzutreffen als auf den Autobahnraststätten.

Ein Vergleich: Während in den Niederlanden seit Februar diesen Jahres 724 Fahrer kontrolliert und 165 Bußgelder verhängt hat, ist die Quote des BAG eher traurig: Das Bundesamt hatte (Stand 31.07.2018) an 30 Sonntagen Kontrollen durchgeführt. Dabei wurden sonntags 4254 Fahrzeuge überprüft. Es kam zu 23 Beanstandungen. Montags wurden 15.234 Fahrzeuge kontrolliert. Hier gab es 133 Beanstandungen.

Zum Vorfall auf der A93 und zur Kontrolltaktik hat mir das BAG dankenswerterweise heute sehr schnell geantwortet: „Das Bundesamt für Güterverkehr hält im Zusammenhang mit Kontrollen der Vorschriften bezüglich der regelmäßigen Wochenruhezeit getroffene Feststellungen nach und bewertet diese fortwährend. Derzeit wird geprüft, inwieweit die von Ihnen angesprochenen Fälle in geeigneter Weise im Kontrollkonzept aufgegriffen werden können.“

Bis zum nächsten Mord und Totschlag

Auch der Pressesprecher der Polizei Rosenheim sagte mir, dass die Rastplätze an der A93 und besonders der Autohof Raubling am Wochenende regelmäßig mit osteuropäischen Lkw überfüllt sind. Konsequenz: keine. Ich kann das nach diesem erneuten Vorfall nicht länger akzeptieren. Deutschland muss hier als Staat mit allen seinen Kontrollkapazitäten endlich konsequent durchgreifen. Bevor es den nächsten Totschlag gibt. Nur leiden die zuständigen Polizeidienststellen leider schon heute an einem dramatischen Personalmangel, der – wie ich aus internen Gesprächen weiß – nicht besser wird, denn in naher Zukunft gehen eben, ähnlich wie bei den Fahrern, deutliche mehr erfahrene Polizisten in Rente als jemals junge Leute ausgebildet werden.

Kontrollorgane endlich stärken

Und beim BAG wäre es schon einmal von großem Vorteil, wenn endlich die schon lange von der Politik zugesagten rund 70 weiteren Straßenkontrolleure gefunden und ausgebildet werden könnten, damit man endlich auch am Wochenende auf den Autobahnen mehr Präsenz zeigen kann. Es hilft vielleicht nicht dagegen, dass Fahrer in ihrer Freizeit Alkohol trinken, was im Übrigen sicherlich auch Einheimische machen. Aber es sorgt vielleicht dafür, dass weniger osteuropäische Fahrer ein ganzes Wochenende lang auf einem öden Rastplatz feststecken und ihren Frust im Suff ertränken.

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