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Weg vom Diesel Jeder zweite Lkw elektrisch

Foto: Hermes Germany

Das Ländle geht mit gutem Beispiel voran. Namhafte Flottenbetreiber und Verbände wollen bis 2030 mindestens die Hälfte ihrer leichten und mittleren Lkw auf CO2-freien Betrieb umstellen.

Baden-Württembergs Flottenbetreiber stellen um: 15 Unternehmen und Organisationen gehen mit gutem Beispiel voran und erklären sich bereit, bis 2030 jedes zweite leichte und mittelschwere Nutzfahrzeug CO2-neutral zu betreiben. Sie haben sich zum Bündnis Flottenumstellung von Nutzfahrzeugen zusammengeschlossen und ihre Pläne und Ziele am Mittwoch im Beisein von Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) gegenüber der Presse vorgestellt. Das Bündnis entstand auf Initiative seines Hauses bei der Erarbeitung des Landeskonzepts Mobilität und Klima.

Verkehrsminister Hermann: Politik kann es nicht alleine schaffen

Hermann sprach von einem Pionierbündnis. Er bezeichnete die beteiligten Organisationen als verantwortungsvolle Unternehmen, die ihren Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten möchten. Das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg will die CO2-Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 senken und strebt bis 2040 die Klimaneutralität an. „Das kann die Politik nicht alleine schaffen“, erklärte Hermann. „Wir können die Klimaziele nur erreichen, wenn Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeiten.“ Ein Drittel der CO2-Emissionen im Land resultiert laut Hermann aus dem Straßenverkehr, davon wiederum 35 bis 40 Prozent aus dem Güterverkehr.

Für Hermann hat das Bündnis auch Pilotcharakter, das auch auf andere Regionen abstrahlen könne. „Wir bauen darauf, dass man es auch in anderen Bundesländern sieht“, sagte er. Der Minister erklärte, er halte das freiwillige Bündnis für den richtigen Weg. „Man kann nicht alles über Verbote machen.“ Sein Haus erklärt sich dazu bereit, entsprechende Fördermittel zur Beschaffung leichter und mittlerer Lkw sowie zum Erwerb der dazu erforderlichen Tank- und Ladeinfrastruktur bereitzustellen. Außerdem will sich sein Ministerium dafür einsetzen, dass Antragsstellung und Entscheidungsprozesse verschlankt und beschleunigt werden. Zweimal im Jahr wollen sich die Bündnismitglieder treffen, um Erfahrungen auszutauschen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Und natürlich, um weitere Interessierte ins Bündnis aufzunehmen.

Foto: Verkehrsministerium Baden-Württemberg/Lukas Breusch
Bündnis Flottenumstellung von Nutzfahrzeugen: Das sind die Mitglieder der ersten Stunde, zusammen mit Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne).

Logistikunternehmer Dr. Micha Lege, Präsident des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL), machte deutlich, dass es zur Umstellung vor allem auch das notwendige Fahrzeugangebot braucht. „Wir brauchen einen viel höheren Anteil an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben“, erklärte er. Noch seien die Hersteller hier „in homöopathischen Dosen“ unterwegs. Eine weitere Herausforderung bei der Antriebswende sei die noch unzureichende Ladeinfrastruktur und Netzleistung. „Wir haben eine Herkulesaufgabe zu bewältigen“, sagte Lege, der im Hauptamt die Geschicke der Spedition Wiedmann & Winz lenkt. Für Unternehmen wie seines gehe es um nicht weniger, als darum, den größten Umbruch in der Firmengeschichte zu gestalten.

Wo VSL-Präsident Dr. Lege Handlungsbedarf sieht

Lege zeigte sich dankbar darüber, dass die im VSL organisierten Unternehmen bei der Politik Gehör finden. Er will im Rahmen des neuen Bündnisses auch deutlich machen, wo es noch Handlungsbedarf gibt – neben dem Fahrzeugangebot und der Tank- und Ladeinfrastruktur auch bei der Förderkulisse. Der Verbandspräsident kritisierte eine Intransparenz und fehlende Planungssicherheit beim KsNI-Förderprogramm. „Ich erfahre sechs Monate nach Antrag, ob ich eine Zusage erhalte und muss dann weitere sechs Monate warten, ehe das Fahrzeug auf dem Hof steht.“ Hier brauche es mehr Tempo.

Was DPD Deutschland in Sachen Klimaschutz macht

Die Bündnispartner DPD und Hermes sind schon länger mit alternativ angetriebenen Fahrzeugkonzepten unterwegs. „Wir sehen es als unsere Pflicht, den CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren, um unseren Planeten zu schützen“, erklärte Jan Kerkhoff, Senior Group Manager für den Bereich Corporate Delivery bei DPD Deutschland. Die Nahverkehrsflotte werde Schritt für Schritt auf Fahrzeuge mit alternativen Antrieben umgestellt, erläuterte er. Bis 2025 sei eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 30 Prozent und bis 2030 gar um 100 Prozent angestrebt. Mitarbeiter und Kunden würden zum Mitmachen animiert, sagte er. Ein Beispiel dafür ist der im April vorigen Jahres eröffnete DPD Store in Berlin, in dem Kundinnen und Kunden ihre bestellte Kleidung in Umkleidekabinen anprobieren und bei Bedarf gleich zurückschicken können. „Dadurch können wir die Strecken zur Haustür ein Stück weit reduzieren.“

Was Hermes Deutschland fürs Klima unternimmt

Auch Hermes Deutschland rückt den CO2-Emissionen zu Leibe. „Wir sind schrittweise dabei, alle Kerninnenstadtbereiche der 80 größten Städte Deutschlands auf elektrische und CO2-freie Zustellkonzepte umzustellen“, kündigte Jürgen Seidel an, General Manager der Region Süd bei Hermes Deutschland. In Baden-Württemberg werde zum Beispiel schon in Heilbronn, Ludwigsburg, Reutlingen und Stuttgart mit alternativ angetriebenen Fahrzeugen zugestellt. „Freiburg, Mannheim und Karlsruhe sind in Planung.“ Aktuell stelle Hermes jährlich 2,3 Millionen Sendungen mit E-Transportern und Lastenrädern zu, was den CO2-Fußabdruck um 600 Tonnen reduziere.

Und wie schaffen es die kleineren Unternehmen, die nicht die Finanzkraft der großen haben, die Antriebswende zu bewältigen? Andreas Schumann, Vorsitzender des Bundesverbands der Kurier-Express-Postdienste (BdKEP), räumte ein, dass dies ein schwieriges Unterfangen sei. Auch innerhalb seines Verbands, der für 5.000 Mitgliedsunternehmen spricht, gebe es Befürworter und Gegner des Verbrennerausstiegs, wie er die Antriebswende nennt. Und es gebe die Gruppe der Unentschlossenen.

BdKEP-Chef Schumann: Branche hat Diesel im Blut

Schumann zeigt sich aber zuversichtlich, dass der Verband die Aufgabe meistern wird, ohne dass er gespalten wird. Eines der Unternehmen aus seinem Verband, das definitiv auf der Seite der Befürworter steht, ist die SV Gruppe aus Ravensburg, die die Logistik für die Schwäbische Zeitung und den Nordkurier organsiert. Wie VSL-Präsident Lege sieht auch Schumann zurzeit noch erhebliche Engpässe bei der Fahrzeugverfügbarkeit. „Die Produktion ist bis ins nächste Jahr ausgebucht, weil die Konzerne alles aufkaufen“, sagte er. Und natürlich sei die Transformation auch eine emotionale Sache. „Die Branche hat Diesel im Blut. Ist wird eine riesige Herausforderung, sie mit Strom zu infizieren.“

Dass die kleinen Unternehmen möglicherweise zu kurz kommen, sieht Verkehrsminister Hermann eher als Anfangsproblem an. Die Verfügbarkeit der Fahrzeuge werde sich deutlich erhöhen. „Alle Hersteller haben sich auf den Weg gemacht.“ Und auch dieses Thema könne man im Rahmen der weiteren Bündnistreffen zur Sprache bringen und Lösungen entwickeln. „Denn wenn sich die Kleinen zusammenschließen, haben sie die gleiche Macht wie ein Großer.“

Die Partner des Bündnisses Flottenumstellung

  • Mit von der Partie sind neben dem baden-württembergischen Verkehrsministerium Einzelunternehmen wie Amazon, die Kep-Dienstleister DPD und Hermes, der Truck-Vermieter Sixt oder die SV Gruppe, die für die Zeitungshäuser Schwäbische Zeitung und Nordkurier die Logistik erbringt.
  • Angeschlossen haben sich zudem Verbände und Organisationen wie der BdKEP, der BIEK, der Unternehmerverband UBW, der baden-württembergische Handwerkstag Handwerk BW, der Verband kommunaler Unternehmen und der Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL).
  • Ebenfalls beteiligt sind e-mobil, die Landesagentur für neue Mobilitätslösungen, der baden-württembergische Industrie- und Handelskammertag und das Beratungsunternehmen KEP Wirtschaftsdienst.
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